ich hoffe, dass meine Worte Sie bei bester Gesundheit erreichen werden. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Syrien-Krise und dem Iran-Israel Konflikt habe ich zusammen mit zwei anderen Studenten aus Kiel über die letzten drei Monate einen Dokumentarfilm gedreht, der sich mit den genannten Konfliktherden beschäftigt. Ich denke, dass es wichtig ist, dass sich die deutsche Bevölkerung mit den Entwicklungen in der Konflikt-Region auseinandersetzt und sich an politischen Debatten im Land beteiligt. Ich denke, dass jeder einzelne wissen sollte, was eine Eskalation des Konflikts für das wirtschaftlich-geschwächte Europa, sowie unmittelbar für Deutschland bedeuten könnte. Dabei dürfen sie jedoch den Mut nicht verlieren und den Glauben entwickeln, dass Veränderungen nicht möglich sind und sie selbst im Land nicht mitbestimmen können.
Zwei Krisen in einer instabilen Region
Fragen zur militärischen Option gegen Iran und Syrien Sie betonen zwar immer, dass die diplomatische Option zu bevorzugen sei. Trotz dessen wächst der Druck in Politik und Medien mit der Ermahnung, dass sich das Zeitfenster der diplomatischen Lösung schließt. Bevor man diese Option erwägt, sollte man sich folgende Fragestellungen vor Augen halten: Zwar würde eine militärische Intervention im Falle Syriens zum Sturz des Assad-Regimes führen, aber wie werden die Nachbarstaaten darauf reagieren? Würde nicht noch mehr Blutvergießen in der Region eine Folge dieser Aktion sein? Wie würden Russland und China auf eine militärische Intervention reagieren, wo sie sich doch durch ihr Veto im UN-Sicherheitsrat gegen die Verurteilung der syrischen Regierung wenden? Gibt es eine Opposition in Syrien, die unabhängig von ausländischen Interessen einen Wiederaufbau einleiten kann? Wie würde sich eine militärische Intervention auf die Beziehung zu den Großmächten Russland und China auswirken? Und welche Folgen hätte es für auf die Atomverhandlungen und der generellen Beziehung mit dem Iran, wenn er den einzigen Verbündeten im Nahen Osten verlieren würde?Im Falle des Iran-Israel-Konflikts sollte trotz Ihres Leitspruchs, dass die Sicherheit Israels zur Staatsräson gehöre, Israel davor mahnen einen völkerrechtswidrigen Präventivschlag gegen den Iran zu planen.Auch hier muss man sich einige Fragen stellen: Bedeutet Kritik an der israelischen Politik gleichzeitig, dass man das Existenzrecht des Staates in Frage stellt? Ein Militärschlag Israels würde zwar das iranische Atomprogramm zurückwerfen, aber könnte man es gänzlich stoppen? Die komplette Region wäre destabilisiert und welche Konsequenzen hätte es für die Beziehung zu den Verbündeten Irans? Iran hat doch Öl- und Beistandsverträge mit Russland, Indien, Pakistan, Syrien, China usw. Herrscht nicht die Gefahr, dass diese in irgendeiner Weise eingreifen würden? Würde nicht die Radikalisierung in den Nachbarstaaten Israels zunehmen und diese zu Brutstätten des Terrorismus werden lassen? Dies wäre doch eine größere Gefahr für den Staat Israel, oder etwa nicht? Wie würde sich Deutschland im Kriegsfalle verhalten, der die Sicherheit Israels zur Staatsräson erklärt hat, auch wenn die Politik des Landes unvernünftig ist? Wären wir nicht durch Nutzung amerikanischer Luftwaffenbasen auf deutschem Boden automatisch völkerrechtlich Kriegsteilnehmer? Welche Folgen hätte eine militärische Aktion auf das ohnehin schon nachlassende Wachstum der Weltwirtschaft und dem Sanierungsprozess des Euro-Raums?
Die Risiken der Militärschläge würden in beiden Fällen den Nutzen also deutlich übersteigen, sodass eine solche unbedingt vermieden werden sollte. Dies ist auch die Meinung vieler Experten.
Wirtschaftliche Folgen eines Militärschlages
Geht es um eine mögliche Eskalation in diesem Konflikt, wird auch immer wieder auf die Möglichkeit einer Sperrung der Straße von Hormus durch die iranische Marine hingewiesen. (http://t.co/sHtQNZIP) Bisher gestattete der Iran gemäß der UNO-Konvention jedem durch die Straße von Hormus fahrendem Schiff die Passage. Bei kriegerischen Ereignissen wäre der Iran nach international geltendem Seerecht nach wie vor befugt, seine in der Straße von Hormus liegenden Hoheitsgewässer für den internationalen Schiffsverkehr zu sperren, ohne dabei gegen auch nur irgendein internationales Abkommen zu verstoßen. Und mit einer Schließung würde Iran einen Großteil der Ölexporte von der arabischen Halbinsel in den Westen unterbinden.
Prof. Dr. Dennis Snower, der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel sagt:„Experten erwarten, dass Israel und die USA nur noch bis zum Jahresende die Möglichkeit haben, das iranische Atomprogramm zu stoppen. Ist diese Deadline korrekt, hat sie große Auswirkungen auf die Entwicklung der Weltwirtschaft. Dann steht die Welt vor dem größten Wandel seit dem Fall des Eisernen Vorhangs. […] In einer Zeit, wo sich in Europa mit Ausnahme Deutschlands eine Rezession breitmacht, die Euro-Krise andauert, die USA immer noch unter den Folgen der Finanzkrise ächzen und das Wachstum in den Schwellenländern abflaut, ist ein großer, negativer Schock das Letzte, was die Welt gebrauchen kann. Genau ein solcher Schock steht uns jedoch bevor - und er ist bisher in keiner Konjunkturprognose berücksichtigt.“ (http://t.co/2gwvRVtj)
Die unterschätzte nukleare Gefahr
Stimmen gegen den Krieg
Ich glaube, dass es in diesen Konflikten nicht darum geht Schuldzuweisungen auszusprechen und ich denke, dass auf beiden Seiten Ungerechtigkeiten und Doppelmoral ausgeübt werden. Die Lösung für die Konflikte kann nicht darin bestehen, dass man einem aufrichtigen Dialog und einer gerechten Diplomatie, verbale Provokation und militärischer Bedrohung vorzieht.
Es gibt auch viele israelische Stimmen, die sich gegen einen Militärschlag Israels wenden. Darunter auch Uri Avnery, ein israelischer Journalist, Schriftsteller und Friedensaktivist, der sich gegen das Bedienen von Vorurteilen wendet: „Der Iran ist auch kein antisemitischer Staat. Eine jüdische Gemeinde lebt dort, und ihre Mitglieder weigern sich zu emigrieren, da sie dort ein angenehmes Leben führen können. Sie erfreuen sich religiöser Freiheit und haben im Parlament einen Vertreter. […] Und, was am meisten zählt: der Iran ist kein aggressives Land. Es hat seine Nachbarn seit Jahrhunderten nicht angegriffen. […] Iran ist kein verrücktes Land […] Wenn die Palästinenser und die ganze arabische Welt mit Israel Frieden machen wird – dann wird der Iran nicht mehr in der Lage sein, den Konflikt weiter für seine Interessen instrumentalisieren zu können.“
Der israelische Historiker Yehuda Bauer warnt auch eindringlich vor einem militärischen Vorgehen Israels gegen den Iran indem er sagt: „Es würde im ganzen Mittleren Osten einen Krieg auslösen, die Hisbollah würde Zehntausende Raketen auf Israel regnen lassen.“ Es gibt in der iranischen Politik einen pragmatischen Teil und ein ideologischen Teil. Der pragmatische Teil verweist darauf, dass der Iran in Vergangenheit freundschaftliche Beziehungen gepflegt habe. Sie verurteilen zwar die Politik Israels, aber sind dagegen Israel militärisch zu bedrohen. Der ideologische Teil instrumentalisiert die Israel-Palästina Problematik und ruft zum Widerstand gegen die Ungerechtigkeiten. Zu dem letzteren Teil der iranischen Politik sagt Bauer: „Man kann mit militärischen Mitteln eine radikale Ideologie wie die iranische nicht vernichten, das geht nicht. […] Die iranische Gesellschaft ist zerspalten, ist zersplittert, ist unter ungeheuren internen Druck gestellt, und das muss man ausnutzen.“ Er warnt vor voreiligen Schlüssen und sagt: „Israel hat Angst. Angst ist immer ein sehr schlechter Beweggrund für Aktionen…“
Der ehemalige Mossad-Chef Meir Dagan sagt bezüglich des geplanten Militärschlages: „Ein solcher Schritt wäre kontraproduktiv. […] Ein Angriff wird nur eine Realität schaffen, in der alle Iraner hinter dem Regime stehen." Wenn über die „iranische Gefahr“ gesprochen wird, dann wird ihnen oft fehlende Rationalität vorgeworfen. Dagan entgegnet: „Die iranische Rationalität sei eine andere als die der westlichen Denkweise, aber „sie bedenken alle Folgen ihrer Handlungen... Sie würden teuer dafür zu bezahlen haben... und ich glaube, daß die Iraner zum jetzigen Zeitpunkt mit diesem Projekt [Kernwaffen] sehr vorsichtig sind. Sie treiben es nicht voran.“
Die Notwendigkeit von absouluter Gerechtigkeit
Ich hoffe, dass Sie mein Anliegen ernst nehmen werden und den Staatsoberhäuptern der Welt bewusst machen, dass deren aggressive Politik, die auf Ungerechtigkeit und Gewaltanwendung basiert kein Garant für Frieden und Sicherheit sein kann. Solange ein unfairer Lobbyismus herrscht, der auf Reichtum und Einfluss gründet, können sie alle ihre noblen Ziele nicht erreichen. Solange wir auf ein Wirtschaftswachstum setzen, das nicht das Gemeinwohl aller Parteien verfolgt, wird die Gewalt als zwanghafter Begleiter der Ausbeute weiter seine Opfer fordern. Und Gewalt und Unterdrückung stärken die radikalen Kräfte, die dann wiederum den Vorwand für noch mehr Gewalt und Kontrolle liefern können. Repräsentanten und Botschafter einer jeden Nation sollten Ehrlichkeit, Fairness und Gleichheit fördern und versuchen Befangenheit und Diskriminierung auszumerzen, um Frieden in der Welt etablieren zu können.
Bitte überlegen Sie sich bei jedem Schritt Ihrer Politik, wie künftige Generationen über ihre jetzigen Entscheidungen urteilen werden...
Vielen Dank & Alles Gute.
Mit freundlichen GrüßenTahir Chaudhry
P.S.:Auf folgendes möchte ich Sie zum Schluss noch hinweisen:- UN-Charta, Artikel 2 (www.un.org/depts/german/un_charta/charta.pdf)- Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 26 (http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_02.html)
Ein Ausschnitt aus meinem Dokumentarfilm "Die Kriegstrommel". Weitere Infos: www.facebook.com/STOPtheWarDrums
Schreibt auch ihr Frau Bundeskanzlerin Merkel, Herrn Bundespräsident Gauck, Herrn Außenminister GuidoWesterwelle und Herrn Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maiziere!