Kevin Carson ist ein zeitgenössischer, genossenschaftlich orientierter Autor, aber auch ein individualistischer Anarchist, zu dessen Schriften „Studies in Mutualist Political Economy“, „Organization Theory: A Libertarian Perspective„ und „The Homebrew Industrial Revolution: A Low-Overhead Manifesto“ gehören. Für c4ss.org - schrieb er folgenden Artikel der von luftpost-kl.de übersetzt wurde.
Das US-Verteidigungsministerium hat kürzlich unter dem Titel „U.S. Global Leadership: Priorities for 21st Century Defense„ (Erhaltung der globalen Führungsrolle der USA: Prioritäten der Verteidigung im 21. Jahrhundert ) seine neue „Verteidigungsstrategie“ veröffentlicht.
Ich habe Verteidigungsstrategie in Anführungszeichen gesetzt, weil Verteidigung wohl nicht das richtige Wort für die Beschreibung eines Vorhabens ist, das an die Vergangenheit erinnert und wohl der Errichtung eines Tausendjährigen US-Reiches dienen soll.
Die wichtigste strategische Neuorientierung wird in dem Abschnitt “Project power despite Anti-Access/Area Denial Challenges” (Machtausübung auch in Gebieten, zu denen uns der Zugang verwehrt werden soll) beschrieben. Die „Bedrohung“, der begegnet werden soll, besteht darin, dass China und der Iran wohl versuchen würden, „unsere Fähigkeiten zur Machtausübung in bestimmten Gebieten mit asymmetrischen Mitteln zu behindern“.
Damit wird auf ein seit Langem bestehendes Problem Bezug genommen, das von Pentagon-Analysten als „Assassin’s Mace„ (Mörderkeule) bezeichnet wird; sie verstehen darunter preiswerte, leicht zu handhabende Waffen, mit denen die viel aufwendiger und viel teurer produzierten Hightech-Waffensysteme – diese vergoldeten Scheißwaffen des Pentagons – ausgeschaltet werden können. Zu diesen einfachen „Zugangsverweigerungswaffen“ gehören billige Anti-Schiffsminen, preiswerte Luftabwehrraketen und Anti-Schiffsraketen vom Typ Sunburn, die nach Meinung einiger Experten auch Flugzeugträger ausschalten können.
Was soll man dazu sagen – wenn man bedenkt, dass der Militärhaushalt der USA allein so groß ist, wie die Militärhaushalte der übrigen Industriestaaten zusammengenommen, dass die USA Militärbasen in der Hälfte aller Länder der Erde unterhalten, dass die USA regelmäßig andere Länder überfallen, um deren Regierungen auszutauschen, dass die USA China mit Militärstützpunkten umzingeln und dann behaupten, die Streitkräfte Chinas seien “viel zu groß für legitime Verteidigungsbedürfnisse“?
Wenn man bedenkt, dass die USA ihr eigenes Verteidigungsbedürfnis für „legitim“ halten, obwohl sie mehr für ihre „Verteidigung“ ausgeben, als die zehn nächstgrößeren Militärmächte zusammen und sich damit brüsten, jeden anderen Staat der Welt mit einem Präventivkrieg überziehen zu können, sind die Kriterien nicht nachvollziehbar, nach denen das Pentagon das legitime Verteidigungsbedürfnis Chinas beurteilt. Chinas Streitkräfte werden offensichtlich schon dann nicht mehr für legitim gehalten, wenn sie in der Lage wären, das Land gegen die aktuell größte Bedrohung zu verteidigen: gegen die globale Supermacht (USA), die gerade dabei ist, Chinas Nachbarschaft in ein Schlachtfeld zu verwandeln.
Für Washington ist nach dieser Definition jedes Land schon dann eine Bedrohung, wenn es sich den USA widersetzen oder einen – mit oder ohne ein als Feigenblatt dienendes UN-Sicherheitsratsmandat durchgeführten – US-Überfall aufhalten könnte. Und jedes Land, das den angreifenden US-Truppen Verluste zufügt, macht sich der Aggression schuldig, wenn es sich gegen unsere Bemühungen, „unsere Freiheit“ (zum Beispiel am Hindukusch) zu verteidigen, zur Wehr setzt.
Die von den USA vertretene Auffassung von „Selbstverteidigung“ und „Aggression“ ist bizarr. Wenn die USA zur „Selbstverteidigung“ gegen die angebliche Bedrohung durch ein anderes Land ihre Truppen auf die andere Seite des Globus schicken müssen, weil das betreffende Land mit seinen Truppen keinesfalls die USA angreifen könnte, und wenn die angebliche „Bedrohung“ nur darin besteht, dass sich das angegriffene Land verteidigen würde, dann haben die USA bei ihrer Bedrohungsanalyse wohl einiges verwechselt.
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Die einzige Weltmacht – so lautet der Titel eines Buchs, das der ehemalige Sicherheitsberater Präsident Carters, Zbygniew Brzezinski, Ende 1997 schrieb. Er vergleicht darin die globale Vorherrschaft der Amerikaner mit den Weltreichen der Römer und des britischen Empire. Dabei bezieht er sich ausdrücklich auf Gedankengänge, die unter dem Begriff „Geopolitik“ in die Geschichte eingegangen sind. Harold Mackinder zu Beginn des Jahrhunderts und Albrecht Haushofer in den zwanziger Jahren entwickelten die Theorie, dass die Herrschaft über größere Gebiete immer mit der Macht über bestimmte „Kernländer“ zusammenhänge.