Traumschiff oder Dreckschleuder – zur ersten Port Party in der Warnemünder Kreuzfahrtsaison 2012 kamen nicht nur Fans der großen Urlaubsschiffe. Vor der Kulisse der AIDAsol und der Emerald Princess, die gestern am Passagierkai lagen, machten Kritiker vom Naturschutzbund Deutschland (NABU), dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) und besorgte Anwohner auf die Luftverschmutzung der Schiffe aufmerksam.
„Wir sind nicht gegen Kreuzschifffahrten“, sagt NABU-Verkehrsexperte Daniel Rieger. „Wir treten primär dafür ein, dass Schweröl nicht mehr verwendet wird – bei Kreuzfahrtschiffen und grundsätzlich in der Schifffahrt. Außerdem fordern wir den Einbau von Abgastechnik. Bei Pkw sind Katalysatoren bereits Standard. Diese Schiffe haben jedoch keine Filter, dabei verwenden sie Treibstoff der 3500 Mal so viel Schwefel enthält und damit auch giftige Abgase produziert. Diese verteilen sich auf der ganzen Welt bis hoch in die Arktis. Aber auch hier vor Ort können sie zur Belastung werden.“
Bei den Hilfsmotoren, die laufen, wenn die Schiffe im Hafen sind, wird Marinediesel verwendet, dessen Schwefelgehalt geringer ist. Der Anteil sei jedoch noch 100 Mal so hoch wie der, der von Autos verbrannt wird, beruft sich Daniel Rieger auf Zahlen vom Kraftfahrtbundesamt.
Die luftverschmutzende Wirkung bestätigt die Warnemünderin Magdalene Flemming. „Ich wohne direkt gegenüber und da bekomme ich natürlich auch die schwarzen Wolken ab. Ganz schlimm ist auch der dicke schwarze Rauch beim Schlepperballett“, eine waghalsig, kunstvolle Fahrt zweier Schlepper, die Bestandteil des Unterhaltungsprogramms der Warnemünder Port Partys ist.
Die Grenzwerte werden für Schwefeldioxide, Stickoxide und Rußpartikel in Warnemünde jedoch nicht überschritten. Wohngebiete seien durch Emissionen nicht belastet, informiert Meinolf Drüeke vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie, auf Grundlage von Untersuchungen der Kontrollbehörde aus den Jahren 2008/ 2009. Damals legten 115 Kreuzfahrtschiffe in Warnemünde an. Seit letztem Jahr ist die Anzahl noch einmal deutlich gestiegen. Waren es 2011 noch 158 Kreuzfahrtschiffe, werden in diesem Jahr 180 Anläufe erwartet und das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft. Während der Saison können bis zu vier Urlaubsschiffe gleichzeitig am Passagierkai und im Überseehafen festmachen.
Eine ständige Messung der Schadstoffbelastung fordert daher Horst Döring vom Ortsbeirat Warnemünde. Er sagt: „Uns macht aus Sicht der Tourismusbranche die Umweltbelastung bei mehr als 160 Anläufen je Saison mit steigender Tendenz Sorge, wenn das Problem der Umweltbelastung nicht in den zulässigen Toleranzen kurzfristig gelöst werden kann.“ Als Lösung schlägt er die Einrichtung von Landanschlüssen vor. Während der Liegezeit sollen die Schiffe darüber mit Strom von Land versorgt und die Dieselmotoren ausgeschaltet werden. In Göteborg, Kiel, Rotterdam und anderen Städten gibt es bereits solche Einrichtungen.
Unterstützt wird er dabei von Jürgen Brandt vom VCD. „Meine Forderung wäre, dass die HERO und die Reedereien Anstrengungen unternehmen, dafür die Anlagen bereitzustellen. Das kostet viele Millionen Euro und es gibt noch technische Probleme. Aber die sind nicht unlösbar“, sagt der 65-Jährige, der seit drei Jahren in Warnemünde wohnt.
Doch Christian Hardt, Leiter der Kreuzschifffahrt bei der Hafenentwicklungsgesellschaft Rostock (HERO), weist die Zuständigkeit zurück: „Wenn eine Reederei die Landstromanschlüsse haben möchte, dann wird sich jemand finden, der die baut, aber nicht wir als Hafenbetreiber.“
Die in Rostock ansässige Kreuzschifffahrtsreederei AIDA Cruises, die im letzten Jahr vom NABU mit dem Anti-Umweltpreis „Dinosaurier des Jahres“ ausgezeichnet wurde, sagt über ihren Beitrag zum Klimaschutz: „Selbstverständlich setzen wir uns auch immer neue Ziele, wie die Mitentwicklung des Landstromkonzeptes, Dual-Fuel-Motoren oder Brennstoffzellen. Am Wochenende haben wir gerade mit AIDAmar eines der umweltfreundlichsten Schiffe in Dienst gestellt. Allein mit dem neuartigen Heat-Recovery-System sparen wir eine Tonne Treibstoff pro Tag.“
Neben der für die Reederei auch finanziell attraktiven Treibstoffersparnis und dem schrittweisen vollständigen Umstieg auf Dieselöl, bleibt AIDA für seine aktuelle Flotte aber Lösungen schuldig. Erst vor wenigen Wochen sprach sich Aida-Präsident Michael Thamm gegen Abgasreinigungsanlagen für den Einsatz von Schweröl aus.
Aber nicht nur Anwohner drückten auf der Protestaktion im Vorfeld der Port Party ihren Unmut über die Umweltverschmutzung durch Kreuzfahrtschiffe aus. „Es sind ja nicht nur die Abgase. Es wird ja sicherlich noch genug über Bord geworfen. Am Strand sieht man ja auch die Plastikabfälle liegen“, zeigen sich zwei Hotelgäste aus Potsdam besorgt.
Quelle: Rostock-Heute.de
"Uns stinkts!"-Kampagne des NABU gegen Luftverschmutzung durch Kreuzfahrtschiffe. Foto: Rostock-Heute.de