Krafttraining im Ausdauersport: Warum es essenziell ist

Von Berghasen

Wieso du schwere Gewichte schupfen solltest? Krafttraining steigert deine Leistung beim Ausdauersport und beugt Verletzungen vor!

Im Profi- und Leistungssport schon längst Standard, im Amateur- und Hobbysport gerne vernachlässigt. Hochintensives Krafttraining sollte ein essenzieller Bestandteil des Trainings im Ausdauersport sein.

Trotzdem trifft man Läufer, Trailrunner, Radfahrer, Bergsteiger oder Skitourengeherinnen selten bis gar nie in der Kraftkammer an. Und das, obwohl wir seit vielen Jahren von den positiven Effekten des Krafttrainings für Ausdauersportler und -sportlerinnen wissen.

Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Studien und der Arbeit mit Leistungssportlern sind offensichtlich noch nicht zu jedem Amateur- und Hobbysportler vorgedrungen. Oder werden hartnäckig ignoriert. Warum?

Krafttraining & Ausdauersport – Mythen über negative Effekte

Der größte Irrglaube ist, Krafttraining sei für Ausdauersportler schlicht unnötig, weil es keinen Einfluss auf die Ausdauerleistung hat. Aus vielen Studien wissen wir mittlerweile, dass Krafttraining die Leistung im Ausdauersport in unterschiedlicher Weise verbessern kann. Wie und was genau, sehen wir uns gleich konkret an.

Eine weit verbreitete Befürchtung ist es außerdem, dass Krafttraining zu einer starken Gewichtszunahme führt und sich negativ auf die Schnelligkeit auswirkt. Abgesehen davon, dass ein paar Kilogramm Muskelmasse mehr einigen Ausdauersportlern nicht schaden würden, ist zweiteres bereits ebenfalls widerlegt. Ebenso wenig wie ein Bodybuilder durch einen Grundlagenlauf pro Woche zum Ultrarunner wird, wird ein Ausdauersportler durch zwei Krafteinheiten pro Woche aussehen wie ein Bodybuilder.

Krafttraining macht dich nicht nur stärker, sondern auch schneller und weniger anfällig für Verletzungen und Überlastungen. Und es stellt sicher, dass du deinen Ausdauersport über Jahre auf hohem Niveau ausführen kannst.

Krafttraining ist auch im Ausdauersport unabdingbar. In diesem Beitrag zeigen wir, wie du als Ausdauersportler durch Krafttraining profitierst. ©Suunto | Philiipp Reiter, Location: sportssupport

Was wir unter hochintensivem Krafttraining verstehen

Hochintensives Krafttraining hat zum Ziel, die Maximal- und Explosivkraft zu erhöhen. Ziel ist es, ein optimales, für den jeweiligen Ausdauersport spezifisches Kraftniveau zu erreichen. Das geschieht entweder durch Hypertrophie der Muskulatur oder durch eine verbesserte neuromuskuläre Ansteuerung.

Beim Maximalkraft- und Explosivkrafttraining arbeiten wir mit hohen Lasten, die zu Beginn des Trainings auf das Ausgangsniveau des Athleten abgestimmt werden. Wir führen nur wenige Wiederholungen durch (< 12) und fokussieren uns bei der Ausführung auf eine saubere Technik und hohe Qualität der Bewegung.

Ziel ist es, durch die hohen Lasten die Muskulatur, aber auch Strukturen wie Sehnen, Bänder oder Knochen sowie das Nervensystem mit hochintensiven Reizen zu konfrontieren.


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Positive Effekte wissenschaftlich gesichert

In zahlreichen Studien sind mittlerweile die positiven Effekte von Krafttraining auf die Ausdauerleistung nachgewiesen worden. Speziell hervorgehoben sei eine Metaanalyse aus dem Jahr 2018, in der die Ergebnisse von 28 Studien berücksichtigt wurden. Sämtliche Studien haben die Effekte von Krafttraining auf mittellange bis lange Ausdauerleistungen untersucht.

Die Metaanalyse zeigt, dass Ausdauerathleten (Läufer, Radfahrer, Langläufer und Schwimmer) ihre Ausdauerleistungsfähigkeit durch Krafttraining verbessern können. Die Teilnehmer an der Studie steigerten nicht nur ihre Maximal- und Explosivkraft, sondern auch die Leistung an der anaeroben Schwelle, wobei Maximalkrafttraining die höchste Effizienz zeigt.

Auch weitere Parameter, die im Ausdauersport relevant sind, können durch Krafttraining beeinflusst werden, wie in diversen Reviews und Studien nachgewiesen wurde.

Krafttraining verbessert die Bewegungsökonomie

Krafttraining erhöht die maximale Kraftfähigkeit und verbessert die neuromuskuläre Ansteuerung. Im Ausdauersport führt Krafttraining zu einer Leistungssteigerung, weil über eine längere Zeit eine hohe Bewegungsqualität aufrecht erhalten werden kann. Die Lauf- oder Bewegungsökonomie wird in Studien mittels des Sauerstoffverbrauchs bei einer submaximalen Belastung festgemacht.

Wer über ein gutes Kraftniveau verfügt ermüdet außerdem weniger schnell und verbessert seine anaerobe Kapazität und die maximale Geschwindigkeit im jeweiligen Ausdauersport. Für einen Läufer würde das bedeuten: du kannst länger, besser und schneller laufen.

Bereits zwei hochintensive Krafteinheiten pro Woche über einen Zeitraum von 12 Wochen reichen aus, um die Laufökonomie signifikant zu verbessern. Ähnliche Effekte wurden bei Radfahrern gefunden.

Hochintensives, funktionelles Krafttraining verbessert nicht nur die Ausdauerleistung. Es hilft auch, Verletzungen und Überlastungen vorzubeugen.  ©Suunto | Philiipp Reiter, Location: sportssupport

Krafttraining verbessert die Leistung an der anaeroben Schwelle

Da Krafttraining die Bewegungsökonomie verbessert, liegt es nahe, dass auch die Leistung an der anaeroben Schwelle steigt. Eine höhere Geschwindigkeit an der anaeroben Schwelle bedeutet, dass der Athlet über die gesamte Dauer der Aktivität eine höhere mittlere Leistung realisieren kann.

Studien kommen hier zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während einige Arbeiten keine Verbesserung der Geschwindigkeit an der anaeroben Schwelle feststellen konnten, weisen andere auf signifikante Steigerungen hin.

Wichtig herauszustreichen ist, dass keine der von Rønnestad in seinem Review analysierten Studien zu einem negativen Effekt von Krafttraining auf die Schwellenleistung kam. Es kann also nur besser werden!

Krafttraining verbessert die Maximalleistung (Watt bei Radfahrern oder Laufgeschwindigkeit)

Die Maximalleistung ist eines der wichtigsten Kriterien, um die Leistungsfähigkeit von Ausdauersportlern zu vergleichen. Bei Läufern wird sie für gewöhnlich als maximale Laufgeschwindigkeit, bei Radfahrern als maximale Wattleistung bei Ausbelastungstests angegeben.

Sowohl die Maximalleistung in Watt als auch die maximale Laufgeschwindigkeit, können durch kombiniertes Kraft- und Ausdauertraining verbessert werden. Außerdem wird die Zeit bis zur vollständigen Ermüdung hinausgezögert. Diese positiven Effekte können aber nicht durch Explosivkraft- sondern nur durch klassisches Maximalkrafttraining verbessert werden. Es scheint auch, dass das dafür längere Trainingsperioden (>6 Wochen) nötig sind.

All diese Effekte führen dazu, dass die allgemeine Ausdauerleistung steigen wird. Mit Krafttraining die Ausdauer verbessert funktioniert also. Wer hätte das gedacht! Aber Krafttraining bringt nicht nur in Hinblick auf die Steigerung der Ausdauerleistung positive Effekte mit sich. Auch gesundheitlich wirst du von regelmäßigem Krafttraining profitieren!

Kniebeugen dürfen in keinem Trainingsprogramm fehlen. ©Suunto | Philiipp Reiter, Location: sportssupport

Krafttraining reduziert Verletzungen und Überlastungen durch Ausdauersport

Stark sein ist die eine Sache, langfristig gesund und frei von Verletzungen bleiben die andere. Krafttraining stärkt nicht nur deine Muskeln, es macht auch Sehnen und Bänder widerstandsfähiger. Diese bessere Widerstandsfähigkeit deiner Strukturen erlaubt es deinem Körper, höhere Trainingsumfänge und Belastungen zu tolerieren.

Deshalb sollte Krafttraining das Mittel erster Wahl sein, um klassische Überlastungsverletzungen zu vermeiden. Bei Läufern wären das zum Beispiel die Achillessehnentendinopathie, ITBS oder das Patellaspitzensyndrom.

Aber auch akuten Verletzungen wie Supinationstraumata oder Muskelzerrungen und -faserrisse kann mit Krafttraining vorgebeugt werden.

Krafttraining hält deine Gelenke gesund und erhöht die Knochendichte

Absolut sicher ist mittlerweile, dass man mit Krafttraining die Knochendichte erhöhen und so Osteoporose vorbeugen und sogar wieder reduzieren kann. Außerdem stützen starke Muskeln unsere Gelenke und schützen sie vor hohen internen Belastungen und äußeren Kräften, wie sie zum Beispiel beim Bergabgehen, beim Laufen oder bei Stürzen auftreten. Krafttraining ist deshalb eine geeignete Methode, um Bandverletzungen oder Arthrose vorzubeugen.

Leidest du bereits unter chronischen Gelenkbeschwerden, dann werden diese durch Krafttraining mit hoher Wahrscheinlichkeit eher besser als schlechter. Und solltest du bereits Bandverletzungen (egal in welchem Gelenk) erlitten haben, ist Krafttraining im Rehaprozess und lange darüber hinaus unabdingbar.

Krafttraining kann auch Spaß machen. Ehrlich. ©Suunto | Philiipp Reiter, Location: sportssupport

Bevor du startest

Ich verstehe, wenn du jetzt sofort mit dem Krafttraining loslegen willst. Bevor du jedoch mit hochintensivem Maximalkrafttraining startest, solltest du zunächst eine solide Basis schaffen. Stabiübungen stellen sicher, dass du die Positionen der Kraftübungen sauber halten kannst. Führe die Kraftübungen zunächst nur mit dem Körpergewicht aus, bevor du Gewicht auflegst und steigere die Intensität nur nach und nach.

Um Verletzungen beim Krafttraining zu vermeiden, achte auf eine saubere Technik und Bewegungsausführung (Trainer, Spiegel, Partner).


Bereit? Dann findest du hier die wichtigsten, funktionellen Übungen für dein Krafttraining!


Quellen

Ronnestad BR, Mujika I. Optimizing strength training for running and cycling endurance performance: a review. Scand J Med Sci Sports. 2014;24(4):603–612:

Berryman, N., Mujika, I., Arvisais, D., Roubeix, M., Binet, C., & Bosquet, L. (2018). Strength Training for Middle- and Long-Distance Performance: A Meta-Analysis, International Journal of Sports Physiology and Performance13(1), 57-64. Retrieved Mar 25, 2022, from https://journals.humankinetics.com/view/journals/ijspp/13/1/article-p57.xml