Kosten für Ü3-Betreuung – war Lübecker Landtagsabgeordneter zu voreilig?

Von Schalies
Gerrit Koch, FDP-Landtagsabgeordneter aus Lübeck, hatte noch am  Donnerstag vergangener Woche im Landtag gegen  Forderungen des Schleswig-Holsteinischen Städtetages gewettert, das Land möge die bei den Kommunen entstehenden Zusatzkosten für die Ausweitung der Kinderbetreuung auf unter 3jährige übernehmen. Hintergrund ist eine entsprechende Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes in Nordrhein-Westfalen (vgl. Beitrag „Vielen Dank, Gerrit Koch, hier). Dabei hatte er auch in recht polemischer Weise Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe angegriffen, weil dieser es – in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Städtetages ! - gewagt hatte, besagte Forderung öffentlich zu erheben. So betitelte Koch den Lübecker Verwaltungschef als „Bürgermeister und Finanzsenator in Personalunion“ der „an der Spitze einer völlig gestrandeten Stadt steht“. Die süffisante Empfehlung Kochs an Bernd Saxe, sich „die Rechtslage genau anzuschauen oder sich von jemandem erklären zu lassen, der sich damit auskennt“, könnte dem Lübecker Landtagsabgeordneten noch leid tun. Jetzt haben nämlich auch die Juristen des Schleswig-Holsteinischen Städtetages zu den auf der Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes beruhenden Bewertungen der Landesregierung Stellung genommen, die sich Gerrit Koch bei seinen hämischen Ausführungen ungefiltert zu eigen gemacht hat. Zitat aus dem Schreiben des Städtetages an die Mitglieder vom 22. November 2010:
Auf das Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände an den Minister für Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein, Herrn Dr. Klug, mit dem wir um ein Gespräch hinsichtlich der Anerkennung des Urteils für Schleswig-Holstein durch die Landesregierung und die daraus folgende Finanzierungsumsetzung der Kinderbetreuung gebeten haben, erhielten wir am 17.11.2010 die beigefügte rechtliche Bewertung des Landes, die u.E. sehr dürftig ausfällt und der vielschichtigen rechtlich geforderten Betrachtung nicht ausreichend gerecht wird. …
Es folgen juristische Ausführungen zur Begründung, auf deren Wiedergabe ich verzichten möchte. Fest stehen dürfte nach alledem jedenfalls, dass sich der Lübecker Jurist Gerrit Koch sehr weit aus dem Fenster gelehnt hat, als er die Forderungen des kommunalen Landesverbandes im Landtag in Bausch und Bogen als „bar jeder fundierten juristischen Grundlage“ verwarf. Wer sich weit aus dem Fenster lehnt, kann bekanntlich auch schnell herausfallen – in diesem Fall aus dem Landtag. Die Lübeckerinnen und Lübecker werden jedenfalls kaum vergessen, dass sich der einzige Lübecker Abgeordnete in den Regierungsfraktionen derart polemisch gegen die berechtigten Interessen auch der Hansestadt gestellt hat, für gesetzlich übertragene zusätzliche Aufgaben auch die nötigen zusätzlichen Finanzmittel zu erhaltenen. Fast 10 Mio. Euro zusätzliche Kosten Jahr für Jahr sind schließlich kein Pappenstiel – gerade für eine Stadt wie Lübeck, die Koch öffentlich im Landtag als „finanziell völlig gestrandet“ bezeichnet hat!