In unserer Reihe „Köpfe der Spielebranche" porträtieren wir regelmäßig wichtige Macher der Branche, um euch einen Eindruck von der Vielfalt des Metiers und Karriere-Perspektiven zu vermitteln. Jan Theysen, Creative Director und Gründer von KING Art Games in Bremen, entwickelt seit 17 Jahren Spiele, wobei der Fokus auf Adventures liegt. Er ist also ein „alter Hase" und steckt voller Talente - denn neben Gamedesign, Headwriting und Producing, macht er sich auch als YouTuber einen Namen. Doch obwohl so vielbeschäftigt, hat er sich für Games-Career.com außerordentlich viel Zeit genommen und erzählt uns von seinem aktuellen Vorhaben „Iron Harvest", seiner Vorstellung eines idealen Bewerbers und vielem mehr...
Games-Career.com: Im Dezember habt Ihr „The Dwarves", ein auf der Fantasyromanreihe des Autors Markus Heitz basierendes RPG veröffentlicht. Wie beurteilst Du den Erfolg des Spiels? Haben sich Eure Erwartungen erfüllt?Jan Theysen: Wir sind mit dem Erfolg zufrieden. Auf Business-Seite waren wir erstmalig im größeren Umfang an der Finanzierung eines unserer Projekte selber beteiligt und sind sehr erleichtert, dass das Spiel noch im ersten Monat „Break Even" erreicht hat.
In Sachen Spieler- und Presse-Feedback gehen die Meinungen weiter auseinander als wir das gewohnt sind. Das hat vermutlich vor allem damit zu tun, dass wir kein klassisches Genrespiel gemacht haben, sondern einen Mix verschiedener Genres. Einige nehmen das als erfrischende Abwechslung wahr, andere bekommen nicht das, was sie erwartet haben.
Unsere Kickstarter-Unterstützer sind zufrieden, also sind wir es auch. Zumindest soweit wir es sein können, immerhin sind wir als gute Entwickler nie zufrieden mit irgendwas und wollen es nächstes Mal noch besser machen 😉
Ich habe Jakubs Artworks zum ersten Mal vor einigen Jahren gesehen und habe seine Galerie sofort in meine Bookmarks gepackt. Games-Career.com: Du bist schon eine gefühlte Ewigkeit in der Games-Branche aktiv. Wie haben sich die Anforderungen an Eure Mitarbeiter in den letzten 17 Jahren verändert? wunderschönen Artworks für „Iron Harvest" erschaffen hat? Games-Career.com: Worauf legst du bei Bewerbungen besonderen Wert?
Games-Career.com: Zahlreiche Unis und Schulen bilden mittlerweile Game Artist aus. Bist du mit der Qualität der schulischen bzw. universitären Ausbildung für Artists in Deutschland zufrieden? Oder was könnte noch verbessert werden? können sich Eure Fans besonders freuen und was macht das Spiel einzigartig? Games-Career.com: Kaum vorstellbar, dass du nicht arbeitest. Aber wenn doch mal Freizeit ist - welche Spiele zockst du dann?
Das Spiel ist ein Realtime-Strategy-Game (RTS) in der Tradition von Company of Heroes. Für unseren Geschmack gab es in den letzten Jahren zu wenige RTS Games, die auf „alte Tugenden" wie eine umfangreiche Kampagne, taktische Tiefe und spielerbestimmtes Vorgehen gesetzt haben. Wir wollen uns mit Iron Havest von eher actiongetriebenen MOBAs absetzen und Planung und Taktik in den Vordergrund stellen. Außerdem wird das Spiel langsamer sein als viele andere RTS Games und keine 10 Clicks pro Sekunde erfordern. Wir sind nicht mehr die Jüngsten.
Jan Theysen: Die Idee hatten Jan Klose von Deck13 und Jan Wagner von Cliffhanger Productions. Bei einem Bier haben sie sich gefragt, warum Entwickler nicht mehr miteinander machen. Wir kennen uns größtenteils seit Jahren und mögen einander. Warum also nicht einmal jenseits von Preisverleihungen und Branchenpartys etwas auf die Beine stellen?
Mit DevPlay wollen wir interessierten Zuschauern einen ungewöhnlichen Blick auf die Branche bieten. Ein Blick hinter die Kulissen. Wir diskutieren mit wechselnder Besetzung über verschiedene Themen und nehmen kein Blatt vor den Mund. Wer also relativ ungefilterte Infos aus erster Hand bekommen will, wie es bei deutschen Entwicklern und in der Branche allgemein so zugeht, dem sei DevPlay sehr ans Herz gelegt: https://www.youtube.com/user/DevPlayDE
Jan Theysen: Wir arbeiten in der Regel an etwa drei Projekten gleichzeitig. Wenn ich, wie momentan, die Story für ein Projekt schreibe, bleibe ich mehrere Tage in der Woche vormittags zu Hause und arbeite dort in Ruhe. Ich komme dann gegen Mittag ins Büro, mache um auf dem Laufen zu sein bei den Daily Stand-Up Meetings der einzelnen Teams mit und beschäftige mich dann mit meinen täglichen Aufgaben. Das sind ein Haufen Mails, viele Meetings, einige Skype Calls und viele Gespräche. Ich sehe meinen Job vor allem darin, mögliche Probleme zu erkennen und aus dem Weg zu räumen, so dass die Teams effektiv arbeiten können. Dafür ist viel tägliche Kommunikation und natürlich viel Erfahrung nötig.
Abends und an den Wochenenden komme ich dann dazu, selber an den Projekten mitzuarbeiten und kümmere mich dann z.B. um Gamedesign Fragen oder beschäftige mich damit, wie wir unsere Spiele vermarkten könnten.
Und dann gibt es noch Montag. Montags sind Wochenmeetings. Ich will nicht darüber reden.
Jan Theysen: KING Art ist größer geworden. Damit geht einher, dass man mehr kommunizieren und planen muss. Wenn man mit einem kleinen Team von fünf Leuten ein Spiel macht, läuft alles auf Zuruf und jeder weiß immer alles. Das ist eine sehr effektive Art, Spiele zu machen. Aber natürlich kann man mit fünf Leuten nicht die Art von Spielen machen, die wir momentan entwickeln.
Ein KING Art Mitarbeiter von heute muss also nicht nur in seinem Aufgabenbereich fit sein, er muss auch über den Tellerrand schauen können. Er muss mitdenken können und sich trauen, Probleme anzusprechen.
Grundsätzlich geht die technologische Entwicklung so schnell voran, dass heute weniger relevant ist, welche Technologien oder Workflows ein Mitarbeiter gerade beherrscht. Viel wichtiger ist, dass er oder sie in der Lage ist, neue Workflows und Technologien zu lernen und daran auch Spaß hat. Neugier und der Wille sich ständig weiter zu entwickeln sind sehr wichtig.
Jan Theysen: „Was kannste" anstatt „was hasste". Wenn sich ein Grafiker bei uns bewirbt, schauen wir uns zunächst ausschließlich an, was er oder sie im Portfolio hat. Uns interessiert wenig, wie alt jemand ist, wo er herkommt oder ob und was er studiert hat. Uns interessiert erst einmal nur, ob jemand was drauf hat. Das ist immer eine Kombination aus der Qualität, Effektivität und Flexibilität. Nur Top-Qualität alleine reicht nicht. Unsere Mitarbeiter müssen auch effektiv arbeiten können.
Anschließend fragen wir uns, welches Potenzial wir bei einem Bewerber oder einer Bewerberin sehen und checken natürlich das Zwischenmenschliche bei einem Treffen ab.
Viele der Leute, die heute bei uns arbeiten, haben zu Studienzeiten ein Praktikum bei uns gemacht. Das ist für uns der optimale Weg, da man sich so über einen längeren Zeitraum kennenlernt und in der Regel gut abschätzen kann, ob jemand ins Team passt.
Jan Theysen: Ich denke, die Qualität ist sehr unterschiedlich. Es gibt einige Hochschulen mit strengen Aufnahmebedingungen, die häufig hervorragende Studenten haben. Bei der großen Masse der Schulen - egal ob staatlich oder privat - sind die Fähigkeiten der Absolventen aber extrem uneinheitlich.
Grundsätzlich gilt, dass man sich als Student selber mit „seinem" Thema beschäftigen muss. Egal, ob das Art, Programmierung oder Gamedesign ist. Wenn sich bei uns ein Gamedesigner oder Programmierer bewirbt, der nie etwas anderes gemacht hat als die Aufgaben abzuarbeiten die ihm in der Hochschule gegeben wurden, ist das für uns ein K.O. Kriterium. Wir wollen Leute, die unbedingt Spiele entwickeln wollen. Solche Leute starten größenwahnsinnige Projekte mit ein paar Kumpels. Sie machen die Nächte bei Game Jams durch. Sie haben einen Ordner voller Spielideen. Sie probieren jede Engine, jedes Tool und jeden Editor aus, den sie in die Finger kriegen können. Sie lesen Bücher, sie schauen Videos, sie sind online aktiv weil sie nicht genug Informationen über Spieleentwicklung aufsaugen können.
SOLCHE Leute können auch aus den schlechtesten Hochschulen kommen, sie werden trotzdem ihren Weg machen. Wir hatten sogar schon Schüler, die vor ihrem Studium ein Praktikum bei uns gemacht haben und wir hätten sie sofort eingestellt, weil sie so gut waren.
Insofern: Bessere Hochschulen... klar, warum nicht. Aber was wir so oder so brauchen sind junge Leute mit Hummeln im Hintern.
Jan Theysen: Ich zocke recht viele Spiele an. So die Top 15-20 Spiele pro Jahr, die man „gespielt haben muss", plus noch mal so viele aus Research-Gründen. Für Iron Harvest haben wir im Team bestimmt ein Dutzend RTS Klassiker gespielt.
Häufig spiele ich die Spiele aber nur für ein paar Stunden um eine Idee zu bekommen, was wie gemacht wurde. So 2, 3 Mal im Jahr gibt es dann aber ein Spiel, das ich rein aus persönlichem Interesse spiele und das mir so gut gefällt, dass ich es durchspiele. Ich habe über 100 Stunden in Zelda: Breath of the Wild gesteckt und davor z.B. Uncharted 4 sehr genossen.
Games-Career.com zollt Dir großen Dank, lieber Jan, möge „Iron Harvest" ein enormer Erfolg werden und Du trotz aller Arbeit stets genug Zeit für Deine Lieblingsspiele haben!
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About the author
Eine besessene Gamerin war Anietta zwar nie - doch die fesselnde Intensität von Videospielen kann sie dennoch nachvollziehen... Ihre Games-Erfahrungen beschränken sich in etwa auf folgende: Leidenschaftliches "Boulder Dash"- und "Oh Mummy"-Spielen auf dem Schneider Computer ihres kleinen Bruders in ihrer Kindheit, leidenschaftliches "Brickles"-Spielen auf einem eher frühen Modell des Apple Macintosh ihres Onkels, leidenschaftliches "Tetris-Spielen" auf dem Gameboy ihres kleinen Bruders, leidenschaftliches "Point and Click Adventure"-Spielen auf eigenem PC und leidenschaftliches Scrabblen, Quizduellieren und Flightcontrollen auf dem eigenen iPhone. In ihrem Privatleben geht es bei Anietta momentan leider eher darum die Spielbesessenheit ihrer drei Jungs Nick (11), Cosmo (5) und Oskar (12) zu begrenzen, denn zumindest die Großen scheinen schon fast in den Welten von "Minecraft", "Clash of Clans" und "Hearthstone" zu leben - wenn man nur von den Esstischgesprächen ausgeht. Alle drei liiiiiiiiieben Games und finden es extrem cool, dass Anietta neben ihrer Tätigkeit bei Games-Career.com schon seit einigen Jahren als Teamassistentin und gute Seele in der PR-Agentur für die Games-Branche - Quinke Networks fungiert und somit nah am Geschehen ist.