Endlich melden wir uns mit unserer Blog-Reihe „Köpfe der Spielebranche" zurück: Gesprächspartner heute ist Bernd Beyreuther, Head of Studio der SOFTGAMES - Mobile Entertainment Services GmbH in Berlin. Mit über 30 Berufsjahren ist Bernd ein echtes Urgestein der Games-Branche. Bereits als Jugendlicher begann der 48-Jährige Spiele zu entwickeln - in seinem Studio Radon Labs und später bei Bigpoint konzentrierte er sich hierbei auf Rollenspiele und verbuchte große Erfolge mit der Drakensang-Reihe. Heutzutage produziert er Messenger Games, die es dem User ermöglichen einfach draufloszuspielen und völlig neue Formen der Spielerinteraktion bieten. Im Interview verrät er, wie es ihn in die Branche verschlug, was zu seinen täglichen Aufgaben zählt, welches Potenzial in Messenger Games liegt und welche Talente bei SOFTGAMES derzeit gesucht werden.
Games-Career: Seit August dieses Jahres bist Du Head of Studio bei SOFTGAMES. Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Dich aus?
Bernd Beyreuther: Aktuell ist mein Tagesablauf vornehmlich von zwei Aspekten geprägt: LiveOps und Studioaufbau. Das Erste am Morgen ist der Blick in die Zahlen. Wie war die Performance unserer wichtigsten Titel gestern? Gab es irgendwelche Probleme, die sofortige Maßnahmen erfordern? Entwickelt sich alles wie erwartet oder müssen Gegenmaßnahmen eingeleitet werden? Danach folgt das Daily Standup in der QA, dort wird der Stand der nächsten Releases besprochen. Jeder Titel veröffentlicht pro Woche ein-, manchmal zwei Updates. Diese Updates müssen sauber getestet, veröffentlicht und kommuniziert werden. Über den Tag verteilt muss Zeit sein, kontinuierlich alle Planungen meiner Producer zu prüfen, zu diskutieren und zu besprechen: Roadmap-Planungen, Forecasts, Concepts für neue Spiele oder Features.
Studio-Planung und Recruitment nehmen ebenfalls viele Stunden des Tages in Anspruch. Das Studio ist neu und Standards und Prozesse müssen definiert und etabliert werden, das fängt beim simplen Kalender an. Interviews, Bewerbungen lesen, Tests reviewen füllt dann den Rest meiner Zeit.
Games-Career: Du bist im Erzgebirge aufgewachsen und hast dort bereits als Jugendlicher an Computern Marke Eigenbau Spiele entwickelt. Wie kam es dazu? Woher rührt Deine Leidenschaft für Games?
Bernd Beyreuther: Als Sechsjähriger stand ich in Ungarn in den 70ern mit offenem Mund vor einem Spielautomaten: "Night Driver". In der DDR gab es damals so etwas nicht, in Ungarn, der "fröhlichsten Baracke des Ostblocks", schon. Ich sammelte leere Flaschen, um an diesen Automaten spielen zu können, denn die Forint-Budgets der Ostdeutschen waren beschränkt. Dabei reichte ich kaum an das Lenkrad hoch. Die Faszination für Computerspiele ließ mich seitdem nicht los. Es ist diese Verzahnung von Technik und Kunst - Programmierung, Grafik, Sound und Gamedesign - die mich heute immer noch so begeistert wie damals als kleinen Jungen. Bernd Beyreuther: Es gibt natürlich auch eine Kehrseite. Vor 20 Jahren gab es noch Spielemagazine! Das Schmökern in ASM, Gamestar oder (Obacht!) PC XTREME war schon gemütlich kuschelig schön und die Redakteure waren Stars. Es gibt noch Spielezeitungen, aber ihre Bedeutung haben sie im Vergleich zu damals verloren. Eigentlich schade. Vor 20 Jahren hat auch die Spielebranche selbst noch Stars hervorgebracht. Die modernen durchoptimierten Spielefabriken sind dazu kaum noch in der Lage. Leute wie Peter Molyneux, Richard Garriott, David Perry oder Sid Meier haben grandiose Geschichte(n) geschrieben und den Spielen ein freundliches Gesicht gegeben.Ab kommendem Jahr gibt es die 50 Mio. Gamesförderung des Bundes, über die sich grad alle freuen. Als wir 2004 den GAME gründeten, war Förderung das wahrscheinlich wichtigste Ziel, denn damals gab es keinerlei Förderung für Games. Das ist eine eindeutige Verbesserung.
Was mir noch so einfällt: Es gibt heute allein in Berlin mehr Spielefirmen als vor 20 Jahren in ganz Deutschland. Diese Entwicklung - besonders in den letzten 5 Jahren - ist einfach großartig. Und anders als vor 20 Jahren, als alle Entwickler den großen Publisherbudgets oder anderen Finanzierungsquellen für ihre Projekte nachgerannt sind und nie wirklich an den Spielen verdient haben, verdienen heute die meisten Firmen ihr Geld direkt beim Kunden - das ist grandios! Es wird besser verdient und die Jobs sind sicherer. Es gibt heute außerdem Smartphones, mobiles Internet, preiswerte Entwicklertools - jedermann kann im Prinzip Spiele entwickeln und selbst vertreiben, mit Ausrüstung im Wert von wenigen hundert Euro. Europa ist heute außerdem viel stärker vernetzt, die Entwickler wechseln zwischen Firmen in Barcelona, London, Stockholm, Berlin und Helsinki und treffen dabei überall auf Bekannte und tauschen sich aus. Das ist klasse! Bernd Beyreuther: Über hundert? Das wusste ich nicht. 🙂 Ganz allgemein kann man sagen, dass sich die handwerkliche Ausbildung über alle Schulen hinweg enorm verbessert hat, wobei es natürlich große Unterschiede gibt. Was sich aber ebenfalls geändert hat ist - und das ist klasse - dass heute viel mehr junge Menschen Spiele entwickeln wollen. Damit hat sich das Angebot an sehr guten Bewerbern ebenfalls vergrößert. Denn dort, wo Schulen aus 500 Bewerbern pro Jahr die besten 20 auswählen, steigt ganz naturgemäß die Qualität, weil nur die Talentiertesten diese Auswahlprozesse bestehen.
Games-Career: Von Radon Labs bis SOFTGAMES, Du bist ein echtes „Urgestein" der Games-Branche und hast über 30 Jahre Erfahrung. Wie hat sich die Branche im Laufe der Zeit verändert? Was war früher besser, was ist heute besser?
Games-Career: Zu Beginn Deiner Karriere gab es in Deutschland noch keine Hochschulen, die im Bereich Games ausgebildet haben - heute sind es über hundert. Wie hat sich die Qualität der Berufseinsteiger entwickelt?
Games-Career: Worauf legst du bei Bewerbungen besonderen Wert?
Bernd Beyreuther: Was ich eigentlich immer versuche zu finden ist "Passion". Dabei ist dieses "Passion for Games" in der Branche eine recht abgegriffene Formel. Und trotzdem sooo wichtig: es ist diese innere kreative Energie - eine Kraft, ein Leuchten - die Begeisterung, auf die ich Wert lege, egal, ob es sich um einen Artist oder Programmierer, Gamedesigner oder Game Analysten handelt.
Und ganz pragmatisch: natürlich suchen wir Leute, die Mobile und Casual Games lieben.
Es passiert selten, dass man so früh auf einer ganz neuen Plattform arbeiten kann, wo noch alles in Bewegung ist und man mit jedem Update richtig, richtig viel mitgestalten und weltweit an der Spitze mitspielen kann. Und vieles kann man schlicht und ergreifend nicht lernen - sondern muss es rausfinden.
Zudem macht es natürlich Spaß, mit einem starken internationalen Team aus der ganzen Welt - Brasilien, Japan, ganz Europa, den USA - zusammenzuarbeiten und dabei den Rundblick auf ganz Berlin-Mitte zu haben.
Da unsere Spiele kleiner und leichter und schneller produziert sind als AAA Produktionen, kann man sich nicht nur schnell einen schönen Trackrecord aufbauen, die technischen Herausforderungen sind gleichzeitig auch nicht trivial. Die technische Optimierung unserer Spiele braucht echte Cracks - weniger als 10MB muss so ein Messenger Game haben, von dem jeder Spieler aber trotzdem die Qualität eines 10mal so großen Mobile-Game erwartet. Also Platz für echte Technik-Experten. Und je einfacher die Spiele, desto klarer und präziser müssen die Gamedesigns sein. Jede Menge großartiger Herausforderungen.
Wir bauen gerade ein komplettes Inhouse Studio auf und suchen zahlreiche Talente aus allen Bereichen. Wir haben vor allem Senior-Rollen ausgeschrieben, denn gerade für ein neues Studio ist es wichtig, Kompetenz aufzubauen, aber alle Junior-Bewerbungen sind ebenfalls sehr gern gesehen.
Die üblichen Perks finden sich natürlich auch auf unserer Website, und sie stimmen sogar: flache Hierarchien, eine vernünftige Work-Life-Balance, Teamevents, frisches Obst, Getränke - etc. pp.
Games-Career: Was macht Messenger Games so attraktiv und warum haben sie ein so enormes Wachstumspotential?
Bernd Beyreuther: Die nativen Mobile Stores haben in den letzten Jahren mit immer heftigerem Wettbewerb, steigenden CPIs und der Tatsache zu kämpfen, dass 50% aller Mobile User niemals ein Spiel installieren. Entwickler suchen seit Jahren nach einem Weg, an den AppStores vorbeizukommen und sichtbarer zu werden. Messenger Games dagegen müssen gar nicht installiert werden! Messenger Games sind eine ganz junge Plattform - eine Klondike-Situation - "bleeding edge". Die Plattform Facebook Instant Messenger ist für uns derzeit die größte und wichtigste. Durch das Format HTML5 und die winzigen Clients öffnen sich gerade unzählige andere mögliche Vertriebskanäle abseits der betonierten Mobile Stores. Dadurch findet Wachstum in einem Umfang statt, wie es auf etablierten Plattformen nur schwer zu erzielen ist. Ganz zu schweigen von den neuen Möglichkeiten der Spielerinteraktion, die es noch zu erkunden und zu entdecken gilt.
Games-Career: SOFTGAMES plant sein Team bis Ende des Jahres zu verdoppeln. Warum sollte man sich bei euch bewerben?
Games-Career: Sind Spiele auch ein privates Hobby von Dir? Und wenn ja, welche Spiele anderer Anbieter sind Deine liebsten?
Bernd Beyreuther: Meine größte Leidenschaft ist nicht das Spielen - sondern das Entwickeln von Spielen. Das heißt auch in meiner Freizeit bastele ich meist lieber an kleinen Projekten als selbst zu spielen. Falls aber wirklich Zeit zum Spielen bleibt, ist das für mich seit vielen Jahren "Puzzle & Dragons" oder mit meinen Kindern "Tekken" oder ein Strategie- oder Rollenspielklassiker - gern auch 20 Jahre alt.
Games-Career: Es ist toll: Aus jedem Deiner Sätze hört man Deine Leidenschaft für Spieleenwicklung heraus! Wir wünschen Dir, dass sie Dir nie verloren geht! Außerdem natürlich viel Erfolg beim Aufbau des Studios, beim Entwickeln, aber auch mal beim Spielen selbst. Vielen Dank, Bernd, für das ausführliche Gespräch!