Etwas mehr als eine Woche war vergangen und nach dem großartigen Gig von den Eels folgte gleich darauf ein ebenso geniales Konzert von Wilco. Derartige paradiesische Zustände ist man in Wien nicht gewohnt und man wünschte das ganze Jahr würde sich so gestalten, aber gut, auch wenn der Konzerthimmel für den Herbst bis dato düster ist, will ich mich bei der bisherigen Ausbeute gar nicht beschweren.
Auf jeden Fall habe ich mich am Donnerstagabend aufgemacht, um mit Wilco eine Truppe zu sehen, die bis dato noch nie in Wien war und die mich trotz anhaltender Abneigung gegen die Un-Location Gasometer dort hin gelockt hat. Die Akustik ist noch immer bescheiden und ich bin der Meinung, dass ich als totale fachtechnische Banausin, hätte man mir den Auftrag erteilt, ein ebenso „gutes“ klangliches Resultat erzielt hätte, wie die Leute, die für diesen Pfusch verantwortlich waren. Unter der, in umgekehrter Richtung laufenden Schallfortpflanzung – also nicht wie üblich von vorne nach hinten – leiden vor allem klangtechnisch leisere Bands wie vor etwa zwei Jahren Lambchop oder im aktuellen Fall die Vorgruppe Wilcos, bestehend aus einem gewissen John Grant.
Bei rockigeren Gruppen fällt das zum Glück nicht mehr ins Gewicht, besonders dann nicht, wenn man weiter vorne steht, was sich im Falle von Wilco dann auch bestätigte.
Pünktlich um 9 Uhr betrat die Truppe aus Chicago die Bühne und bewies, dass sich der wahre Wert einer Band erst bestätigt, wenn sie auch Live das hält, was sie auf ihren Alben verspricht. Wilco haben sich diesbezüglich selbst übertroffen, denn auch wenn ich gestehe, dass ich erst ab dem dritten Song so richtig begann, das Konzert zu genießen, so steigerten sie sich Lied um Lied so gewaltig, dass am Ende reine Glückseligkeit stand.
Bandleader Jeff Tweedy und seine Leute waren musiktechnisch großartig unterwegs und durchliefen verschiedenste Stile, vom countryesken bis zum 70ies Feeling mit pflichtgemäßem Hammond-Orgelklang, von ein wenig an Santana erinnernde Gitarrensoli bis zum Steel-Pedal-Sound, alles überstrahlt vom Frontman, der unfassbar gut bei Stimme war.
Das ganze Konzert mutierte schließlich irgendwann zu einer Art Gruppenglücksextase, die sich bis zum Schluss nicht nur durch geniale Songs, sondern auch durch die sympathische Art der Band aufschaukelte. Mitverantwortlich dafür war Jeff Tweedy, der, auch wenn man zu Beginn schon vermutet hatte, dass er nicht so der gesprächige Typ sei, sich nach einigen Lieder dem Publikum mehr als zuwandte und mit ihm bis zum Ende des Gigs in einen Dialog trat, der jedem Anwesenden das Gefühl geben musste, direkt angesprochen zu werden.
Wilco scheinen auch eine eingeschworene Fangemeinde zu haben, denn da wurde mitgeklatscht und wurden Songwünsche auf die Bühne gerufen, Höhepunkt war wohl ein zu einem dreiviertel ganz vom Publikum gesungener Songs, der die Beteiligten nicht nur als textsicher, sondern auch als ungemein harmonisch outete. Alle waren begeistert.
Nach drei Zugaben war das Vergnügen dann leider doch irgendwann vorbei, bleibt noch der Trost, dass man zumindest die Alben wieder öfter anhören kann, und die Hoffnung, Tweedy habe nicht zu sehr mit dem Publikum geflirtet, als er meinte, Wien wäre bis dato die „best crowd“ auf der Tour gewesen und gegen Ende hin schließlich gestand: we really like it here! Ja, wir mögen euch auch und hoffen, dass ihr uns bald wieder beehrt in Wien.
Susanne 25. September 2010