Die britische Post-Punk-Band Shame beehrte am 11. Mai das Zürcher Werk 21. Und brachte mit einer geballten Ladung jugendlicher Energie den Saal zum Kochen.
Konzerte im Werk 21 sind mir ja grundsätzlich immer sympathisch. Und das nicht nur wegen der privilegierten Lage des Lokals, die zum vor- und nachkonzertlichen Verweilen an der Limmat einlädt. Im Raum, der nicht mehr als zweihundert Leute beherbergt, kommt auch immer eine äusserst familiäre Stimmung auf. So auch an diesem Abend: Das Bandshirt kaufe ich bei Shame-Schlagzeuger Charlie Forbes, der vor Konzertbeginn die Stellung am Merch-Stand hält.
Erst am 12. Januar 2018 brachten Shame ihr Debütalbum Songs of Praise heraus, das von der Musikpresse ordentlich gefeiert wurde. Umso grösser sind also die Erwartungen an den Auftritt im Dynamo.
Unterstützt werden Shame von der australischen Band RVG. Frontsängerin Romy Vager schafft es mit ihrer motivierten Bühnenpräsenz, ihren gekonnten Gitarrenkünsten und insbesondere ihrer gewaltigen Stimme das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Ein guter Start in den Konzertabend.
Wie eine Schülerband – einfach besser
Nach einer kurzen Pause betreten die fünf Jungs von Shame die Bühne. Auf den ersten Blick wirken sie wie eine Schülerband. Und das nicht nur, weil sie mit ihren 20 bis 21 Jahren noch sehr jung sind. Kleidung, Frisuren, Instrumente – alles wirkt ein bisschen improvisiert und willkürlich. Und genau damit gelingt es den Londoner an diesem Abend, das Publikum von sich zu überzeugen.
Denn der Anschein des Willkürlichen ist bei Shame keineswegs ein Zeichen von Unprofessionalität – ihre Songs bieten sie beinahe fehlerlos dar – sondern vielmehr Ausdruck einer Punk-Attitüde, die sich sympathisch unprätentiös durch den Abend zieht. Bereits nach wenigen Konzertminuten steht Sänger Charlie Steen oben ohne auf der Bühne – Iggy Pop wäre stolz auf ihn!
Punk’s not dead!
Auch der Rest der Band transportiert an diesem Abend eine wahnsinnige Energie. Hüpfen, Klettern, Headbangen, Crowdsurfen… Shame bedienen sich des gesamten Repertoires an punkigen Live-Performance-Elementen. Und das Publikum lässt sich davon anstecken: Etwa ein Viertel des Saals wird von einem Moshpit eingenommen, der nur durch gelegentliche Ansagen der Band unterbrochen wird. Nicht, dass ich es aus eigener Erfahrung beurteilen könnte, aber: Wahrscheinlich sorgten nicht einmal die Punk-Veteranen von The Exploited, die nicht einmal zwei Wochen zuvor im Dynamo spielten, für eine derart mitreissend dynamische Stimmung im Publikum.
Alles in allem sorgt der Auftritt von Shame für einen gelungenen und energiegeladenen Konzertabend. Ein grosser Teil des Publikums dürfte sich wohl auch künftig darüber freuen, mehr von der Londoner Band zu hören. In diesem Sinne: Punk’s not dead! Oder so.