“Caribou?! das isch doch das Tier mit de Hörner”, riefen einige Leute über den Zaun, die gleich neben dem Komplex Klub (wo später Caribou spielte) ebenfalls an ein Konzert (der amerikanischen Band Skillet) gingen. Wir besuchten zwar keinen Zoo, die Darbietung hingegen war genauso kurzweilig: Der kanadische Electro-Musiker Dan Snaith (aka Caribou) und Jessy Lanza boten ein wundervolles Konzert.
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WIE WEISS GEKLEIDETE MÄNNER IN SOCKEN ROCKEN
Wenn Caribou tourt, tourt er immer mit einer Live-Band. Zu viert (Daniel Snaith, Ryan Smith, Brad Weber & John Schmersal) meisterten die Männer – in ärztliches Weiss gehüllt – feinste Taktabstimmungen. Schuhe waren überdies überflüssig; mit Socken waren die Füsse näher an den Pedalen (und so auch am Musikgefühl). Das Metrum verlor sich – durch die vermehrten Off-Beat-Effekte – des Öfteren in einem Wahrnehmungsnebel: Taktvoll eliminiert wurde die Wichtigkeit des ersten Schlages am Anfang eines jeden Taktes. Die aus Ontario, Kanada stammende Jessy Lanza begann als Vor-Act ihr halbstündiges Konzert: Auch sie macht reduzierte elektronische Musik mit einer feinen verzerrten Stimme. Bei gewissen Liedsequenzen bot sich die Frage an, ob dies nun Soundcheck sei oder das Lied selbst. Dies war jedoch bloss zu Beginn so. Jessy Lanza, die glänzte in einem Kirchenfenster-Print-Blouson, einem schwarzen Skater-Skirt und tiefschwarzen Chucks wärmte das Publikum mit ihrer Performance auf. Alle waren nun bereit für Caribou.
IT WAS GETTING HOT BUT WE LEFT ON ALL OUR CLOTHES Die grösste Anzahl der vorgetragenen Stücke stammten vom eben erschienenen Album „Our Love“. So startete das gesamte Konzert mit dem gleichnamigen Track „Our Love“. Ebenso wurden die Songs „Mars“, „Silver“, „Julia Brightly“, „Your Love Will Set You Free“, „Can´t Do Without You“ und „Second Chance“ zum Besten gegeben. „Second Chance“ bekam abermals Tour-Begleitung Jessy Lanza eine Stimme; sie lieferte die Vocals zu dem sublimen Track. Die allzeitigen Wunderstücke „Odessa“ und „Sun“ vom von den Kritikern meist gefeierten Album „Swim“ sparte sich Caribou bis zum schweisstreibenden Ende auf. „Sun“ erklang als zeitlich gedehnte Zugabe, wobei die Bandmitglieder jeweils bei der Überleitung zum „Refrain“ theatralisch die Hände hoben. Nicht nur die Tatsache war schweisstreibend, dass sie „Sun“ als letztes Stück spielten, nein. Im Komplex Klub war die Temperatur auf gefühltem Amazonasniveau. Zwei Arten von Perlen waren also anzutreffen: Die aus Schweiss und die aus Caribou. DIE SCHICHTMÄSSIGE ZERLEGUNG DES LEBENS Ein erwähnenswerter Effekt, der bisweilen noch selten so präsent gewesen war, ist der folgende: Caribou schafft es, einzelne Soundschichten wie Geschichten zu erzählen und sie im Zusammenklang einzeln hörbar zu belassen. Somit ist die Musik ein Ganzes, das aus Fragmenten besteht, denen sich der Zuhörer widmen kann. So lässt es sich von einer einzelnen Stimme (beispielsweise bei „Found Out“) auf die Drums oder auf den Bass switchen. Wenn man sich alle Schichten angehört hat, endet man in einer Gesamtheit aller Fraktionen. Daniel Snaith schreibt Musik, die konstruiert destruktiv wirkt. Der Doktor in Mathematik Dan Snaith spielt mit Alltagsthemen und nimmt sie auseinander. Das 5000-Ravensburger-Puzzle liegt zerstückelt auf dem Tisch. WIR SAGEN DANKE. THANK YOU. MERCI. LALIBELA.
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