Konto gekündigt – weil der Sohn Kommunist ist

Wer sein Konto bei einer deutschen Privatbank behalten möchte, wollte sicherstellen, dass es in der Familie keine Kommunisten gibt. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, wurde einer 62-jähringen Münchnerin nach 45 Jahren unkomplizierter Kundenbeziehung ihr Konto bei der Commerzbank gekündigt, weil ihr Sohn Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) ist.

Man könnte meinen, dass nach den hässlichen Erfahrungen mit dem dritten Reich, das bekanntlich statt Tausend Jahren glücklicherweise nur gut ein Dutzend Jahre lang durchgehalten hat, die Sippenhaft aus der Mode gekommen sei. Doch weit gefehlt – die Commerzbank in München will von dieser Tradition nicht lassen.

Seltsam sei dieser Anruf gewesen, berichtet die Frau. Aber vielleicht war es ja auch nur ein blöder Scherz, habe sie sich gedacht, damals im Dezember. Eine Mitarbeiterin der Commerzbank habe sie aufgefordert, die Vollmacht für ihr Konto zu ändern. Der Bank lägen nämlich Erkenntnisse über den Bevollmächtigten vor, weshalb man diese Vollmacht nicht aufrechterhalten könne. Pikant daran ist, dass der Bevollmächtigte der Sohn der Commerzbank-Kundin ist: Kerem Schamberger, 27. Und der ist Kommunist, Sprecher der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) in München.

Als die Mutter per E-Mail Aufklärung über dieses eigenartige Ansinnen ihrer Bank verlangte, antwortete die Commerzbank sogar mit einem Brief. Darin kündigte sie nicht nur die Vollmacht, sondern gleich das ganze Konto der Mutter – “gemäß Nummer 19 Absatz 1 unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen”. Denn die Bank könne damit jederzeit eine Kontoverbindung aufheben. “Von diesem Recht machen wir hiermit Gebrauch.”

Was hat die Commerzbank nur plötzlich gegen ihre bis dato unbescholtene Kundin? Der Sohn Kerem Schamberger kann sich nur einen politischen Reim auf die Kündigung machen. Doch er betont: Vorbestraft sei er nicht, Schulden habe er keine, mit der Vollmacht nie Geld abgehoben. Aber Kommunist ist er. Und daraus macht er kein Geheimnis, das kann jeder nachlesen oder hören. Er räumt freimütig ein, dass er kein Freund der Banken in ihre jetzigen Form ist. Er fordert, die Banken zu vergesellschaften. Mit dieser Forderung steht er keineswegs allein.

Ich finde es total gut und sehr mutig von Kerem, dass er sich öffentlich dazu bekennt. Und ich schäme mich dafür, dass ich das nicht so offen tun kann. Aber gerade dieser Fall beweist ja wieder, dass man in dieser ach so offenen Gesellschaft wirklich Probleme bekommt, wenn man ernsthaft kritische Positionen vertritt. Ich werde auch immer wieder dafür kritisiert, dass ich nur mit einer Tarnidentität blogge – es gibt ernsthafte Bestrebungen, genau das zu verbieten – Menschen sollen nicht mehr anonym im Internet ihre Meinung vertreten dürfen. Aber genau das führt am Ende dazu, dass nur noch systemkonforme Meinungen geäußert werden. Wollt ihr nur noch Meinungen, die den Herrschenden nicht weh tun?! Wer abweichende Meinungen äußert, wird verfolgt. Wir wissen inzwischen doch alle, dass wir überwacht werden. Rund um die Uhr, immer. Und wer wissen will, wer ich bin, wird sicherlich kein Problem haben, das herauszufinden. Ich weiß, dass ich nicht sicher bin. Aber ich setze darauf, dass die Fassade des Rechtsstaats noch ein bisschen hält.

Ich muss mich und meine Kinder ernähren. Ich kann es mir nicht leisten, meinen Job und mein Bankkonto zu verlieren. Es ist leider so, dass Abweichler auch heutzutage unbarmherzig verfolgt werden – es gibt keine Meinungsfreiheit und keinen Pluralismus. Es gibt die Zustimmung zum Kapitalismus und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Und wer das infrage stellt, stellt seine bürgerliche Existenz infrage und ist damit erledigt. Das ist ein Fakt.

Der Verfassungsschutz jedenfalls begehrt, nicht Schuld daran zu sein, dass der Mutter des Kommunisten das Konto gekündigt wurde. Mag sein, der Verfassungsschutz hat sicherlich Besseres zu tun, als Eltern von mutmaßlichen Extremisten die Bankverbindungen zu kappen. Verbrechen von mutmaßlichen Extremisten aufzuklären beispielsweise, selbst wenn sie aus dem rechten Spektrum stammen.

Okay, das war jetzt ein geschmackloser Witz. Aber einer, auf den ich vor gar nicht so langer Zeit nie gekommen wäre.



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