«König Otto» schwänzt Herthas Krisensitzung

Otto Rehhagel war nicht dabei. Als sich die Mannschaft von Hertha BSC gemeinsam mit den Co-Trainern und Manager Michael Preetz zur längsten Krisensitzung der Saison in Klausur begab, fehlte der Cheftrainer. Rehhagel war ab 10 Uhr mit der Wahl des neuen Bundespräsidenten beschäftigt: ökumenischer Gottesdienst, Versammlung der Fraktionen und schließlich die Wahl selbst. Während sich Spieler und Trainer die Köpfe heiß redeten, schüttelte Rehhagel Hände, unterhielt sich mit seinem Wahlmann-Kollegen Frank Elstner, umarmte Jan-Josef Liefers und gratulierte dem neuen Bundespräsidenten Joachim Gauck.

Bei der Fraktionsversammlung der CDU trat der Hertha-Coach sogar kurz ans Mikrofon und gab eines seiner gefürchteten Bonmots zum besten: «Denk’ ich an Bayern in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.» Heines Nachtgedanken – im Dichten war Rehhagel schon immer ganz stark. «Also trotz der Bayern, ich schlafe immer gut», antwortete Kanzlerin Angela Merkel. Otto auf Du und Du mit den Großen aus Politik und Showbiz. Die Macht in seinem Verein droht ihm derweil wieder zu entgleiten, noch bevor er sie richtig innehatte.

Lell übt Generalkritik – und muss sie später zurückziehen

Bei seiner Inthronisierung vor genau einem Monat hatte «König Otto» noch im besten absolutistischen Sinne gesagt: «Ab Montag bin ich das Gesetz.» Vier Wochen, einen Sieg und drei Niederlagen später scheint es, als habe sich der Mythos Rehhagel wieder verflüchtigt. Die erhoffte Trendwende hat Rehhagel nicht herbeiführen können. Im Gegenteil: Hertha BSC steckt nach dem 0:6 gegen den FC Bayern München, der höchsten Saisonniederlage, noch tiefer im Schlamassel (alle Spiele, alle Tore, alle Statistiken und die Tabelle zum Nachlesen im news.de-Liveticker).

«Es gelingt zurzeit nicht, uns richtig einzustellen», hatte Christian Lell nach dem Spiel gesagt. «Die Mannschaft muss immer alles ausbaden – so ist das nun mal, weil wir auf dem Platz stehen. Aber es müssen sich einige Sachen ändern, es fehlt an allen Ecken und Enden.» Man darf das als Generalkritik an Trainerteam und Klubführung verstehen.

«Mein Plan war richtig, meine Pläne sind immer richtig»

Am Sonntagmittag – wohl als Ergebnis der 90-minütigen Krisensitzung – revidierte Lell seine Vorwürfe per Pressemitteilung. «Nach einer Niederlage wie gegen die Bayern ist man voller Enttäuschung und Emotion», heißt es da. «Ich werde zu meinen Äußerungen nach der Begegnung nichts mehr erklären. Nur noch eines: Ich hätte sie intern äußern müssen, ich wollte nichts und niemanden kritisieren.» Ah ja.

Rehhagel selbst, dessen konfuse Umstellungen die Klatsche gegen Bayern noch befördert hatten, beschwor zunächst demütig die Konzentration auf das nächste Spiel. «So bitter das ist, dass wir heute so hoch verloren haben, aber wir müssen das abhaken. Den Abstiegskampf, in dem wir uns jetzt befinden, müssen wir zu 100 Prozent annehmen.» Im Aktuellen Sportstudio verteidigte er seine Pläne dann wieder gewohnt selbstherrlich und eitel. Auf die Frage, ob seine Strategie falsch war, oder die Spieler sie falsch umgesetzt haben, sagte der 73-Jährige: «Mein Plan war richtig, meine Pläne sind immer richtig.» Angesichts der wirkungslosen beziehungsweise konfusen Umstellungen eine mehr als vermessene Aussage aus einem vergangenen Fußballzeitalter. Man darf gespannt sein, ob Ottos Sprüche und Verse im Abstiegskampf ebenso gut ankommen wie auf politischem Parkett.

Quelle:
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Sport Nachrichten -
0:6-Debakel – «König Otto» schwänzt Herthas Krisensitzung


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