Fakten:Kong: Skull IslandUSA. 2017. Regie: Jordan Vogt-Roberts. Buch: John Gatins, Dan Gilroy, Max Borenstein, Derek Connolly. Mit: Tom Hiddleston, Samuel L. Jackson, Brie Larson, John C. Reilly, John Goodman, Corey Hawkins, John Ortiz, Tian Jing, Toby Kebbell, Jason Mitchell, Shea Whigham, Thomas Mann, Eugene Cordero, Marc Evan Jackson, Will Brittain, Takamasa Ishihara u.a. Länge: 118 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 9. März 2017 im Kino.
Story:12°S 78°E - Hinter diesen ominösen Koordinaten und vor der Küste Sumatras verbirgt sich eine ständig im Nebel befindliche Insel mit dem treffenden Namen Skull Island, wirkt doch die Topographie auf den Betrachter wie ein gewaltiger petrifizierter Monsterschädel. Doch viele Zeugen dieses Spektakels gibt es nicht, die davon Kunde geben könnten, was die Insel sprichwörtlich gefangen hält. Umso größer ist also der Reiz, der von den wenigen kryptischen Informationen über diesen Hort des Schrecklichen befeuert wird: Skull Island – eine Insel, die außerhalb der Zeit zu liegen scheint, bewohnt von überdimensionalen Kreaturen, die jeder Beschreibung spotten. Eine Expedition (angeführt von Tom Hiddleston und mit Brie Larson im Schlepptau) findet auf obskuren Wegen endlich wieder einmal zu Skull Island. Doch was sie dort vorfindet, ist jenseits allem Vorgestellten…
Kritik:Träumt ihr in der Erwartung großangelegter Hollywood-Spektakel nicht auch öfters davon, dass sich alles genauso abspielt, wie ihr es euch vorstellt? Dream bigger kann ich da nur sagen, denn das einzige, was Produktionsfirma Legendary Pictures mit „Kong: Skull Island“ (erneut) gelungen unter Beweis stellt, ist der zurzeit unbedingte Zwang zur Erfüllung jener Erwartungen, bei der sich das Herzstück des Filmemachens aus im Vornherein abgesegneten Storyboards und Crossovers herausbildet. Das ist natürlich kein neuer Kritikpunkt in deren Werk Fanboy-konformer Genreware, doch in glücklicheren Fällen hat die Stimme des Regisseurs immer noch genügend Input, um die Vorgaben vom Schema M wie Monstergulasch mit distinktiver Sensibilität und Schlagkraft zu balancieren – siehe „Pacific Rim“, „Krampus“, selbst Gareth Edwards' „Godzilla“. Bei Jordan Vogt-Roberts hat man sich jedoch anscheinend einen äußert gefügigen Ja-Sager als Regisseur angeleiert, wenn man denn davon ausgehen möchte, dass der Newcomer mit seinen „Kings of Summer“ als einzige vorherige Spielfilmreferenz nicht sowieso schon eine Austauschbarkeit sondergleichen vermittelt hatte. So jedenfalls weiß er nur bedingt neues Blut in die Kinolegende King Kongs zu injizieren, wenn das Abenteuer unter Giganten lediglich auf seine Topoi zurückgeschraubt, mit dem gewohnten Blockbuster-Wachs geglättet und auf besagte Skull Island binnen des Vietnam-Krieges versetzt wird, um eine Armada an Terrorviechern oben drauf übers Bongophon herbeirufen zu lassen. Das sieht im Endeffekt dann so aus, als hätte David Ayer beim Kong-Kintopp von Tohoangeheuert, aber wie muss man diesen Vergleich verstehen?
Nun, die japanischen Abenteuer mit der Lizenz zur Affigkeit hatten ja wie ihre US-Vorgänger/Nachfolger durchaus simplistische Menschen-Charaktere inmitten des Trubels zugegen, gleichsam einen Überschwang zum Effektspektakel bar jeder dramaturgischen Substanz, welche innerhalb der amerikanischen Verfilmungen von 1933-2005 ja noch insofern an Empathie verstärkt war, dass der große Affe eben u.a. von seiner Heimat entwurzelt für die Liebe zur weißen Frauauf die Barrikaden ging. Was bei Tohoin der Hinsicht nach hinten rückte, wurde durch den Charme tricktechnischer Urigkeit wieder wettgemacht - ein bisschen zwischen diesen Ansätzen pendelt Skull Island sodann auch hin und her, wobei er allerdings die erzählerische Kompetenzder „Suicide Squad“ anleiert, um sich zu alledem noch größer darzustellen, als es ihm seine unentschlossenen Impulse zur Konvention hin erlauben. Da gibt es erneut den ungelenken Etablierungssprint eines Figurenensembles, welches hauptsächlich Funktion und Wortwitzbereitstellt; dazu eine Erfassung handlungsspezifischer Umstände in willkürlichen Schauplatzwechseln und Soundtrackfetzen (Black Sabbath und CCRsind erneut dabei), welche im Eiltempo kanonische wie emotionale Oberflächlichkeiten ihrer Ära, rudimentär das Prinzip einer Szene bedienen. Mal abgesehen von der ergänzend blassen Musik Henry Jackmans sowie der Routine-Arbeit von Zack Snyders Stamm-Kinematograph Larry Fong (der dem hiesigen Vogt-Roberts reichlich visuelles Flair für lau unterjubelt) mangelt es dem Film eben auch an Stringenz, seine Themen Mensch gegen Krieg, Mensch gegen Monster, Monster gegen Monster, ebenso die vage Heimats- und Familiensehnsucht (bekannt aus „Jurassic World“) zur Involvierung des Zuschauers anzuwenden.
Bitte nicht falsch verstehen: Sie ist als Kurzweil vorhanden und im Schatten der Kong-Filmographie berechtigterweise auf geradlinige Unterhaltung eingestellt, doch weshalb muss der Film darin trotzdem den Pathos zu seinem Überangebot an Entbehrlichen anstrengen, wenn er deren Ressourcen genauso gut in ein zentralisierteres Narrativ münden könnte? Stattdessen greift man im Zuge aufgedunsener Aufregung wieder ins Franchise-Worldbuilding sowie in zig unausgegorene Einzelschicksale, die nur bedingt mit der Gewalt des Digitalen um sich herum mithalten können. Ein Gareth Edwards z.B. wusste ähnlich triviale Verhältnisse für eine Sinnlichkeit der Größenordnungen, Machtlosigkeit und Penetration per Subversion im Kleinen zu nutzen. Sobald jedoch Vogt-Roberts jene Prozesse manifestierter Urangst darstellen soll, scheitert er bereits ab der ersten Szene an halbgar montierten Stimmungen, die ihr Gefühl zum Gewicht an der Renderfarm abgespeckt haben oder das altbekannte Duell an Augenpartien mit dementsprechenden Mordsakkorden unterlegen. Trotzdem glaubt der Film an seine Vernetzung von Soldaten, Wissenschaftlern, einem Fährtenleser, einer Fotografin sowie einer Handvoll Zugaben für den asiatischen Filmmarkt (Tian Jing), welche er zudem durch echte Locations gen Hawaii und Vietnam schleust, im Zweifelsfall aber von der Immersion abkoppelt, wenn er sie von Unmengen vorhersehbarer Klischees abhängig macht. Weil man diese aber auch noch so schnell wie möglich einlöst, streift man als Zuschauer umso mehr an der Belanglosigkeit aller austauschbaren Mythologien ab - u.a. solche vom geheimen Inselvolk, von Urzeitviechern vergangener Jahrtausende aus dem Untergrund sowie der törichten Einmischung des Menschen in die Natur, was als Parabel so platt ausformuliert wird, wie sich der zwischenmenschliche Umgang auch ausschließlich aus Exposition und eingeworfenen Gags der Marke Marvel zusammensetzt.
Legendaryweiß aber ebenso, dass die Prämisse daran funktioniert und so lässt man sich eben mehr oder weniger vom Strom an Action, Angriff und affenstarker Begegnung fremder Welten mitziehen, doch wer in jener Fantasie nach Momenten wahrer Lebendigkeit Ausschau hält, zieht deutlich den Kürzeren. Wie süß das doch eigentlich nach „Nordsee ist Mordsee“ riechen müsste, wenn man den Bootsbau (und soviel mehr) der unverhofften Freundschaft zwischen dem abgestürzten Army-Piloten Hank Marlow (John C. Reilly) und Kamikaze-Flieger Gunpei Ikari (Miyavi) nachfühlen könnte, nicht wahr? Dann würde sich der Film auch bestimmt mal die Zeit gönnen, mehr Szenen wie jene ausspielen zu lassen, in denen King Kong seine Wunden abtastet und daraufhin eine Krake verspeist – mächtig drollig! Stattdessen kriegt man Variationen von „Oh man, ich kann's kaum erwarten, nach Hause zu kommen!“, „Time to say goodbye“, „Habt ihr das auch gehört?“ und „Geht ohne mich weiter!“ um die Ohren gehauen, welche weder als ernsthaftes Sentiment noch als unbefangener Eskapismus ankommen. Na gut, der Hinweis zum Elternersatzfür Kong ist immerhin ziemlich witzig, im Kontext allerdings so magisch wie direkt aus dem „BFG“ gemeint. Vielleicht soll man sich auch eher anhand der stilistischen Pseudo-Referenzen zu „Apocalypse Now“ unterhalten fühlen, wenn sich Oberbefehlshaber Preston Packard (Jackson) aus Rache für ein Bündel Dog Tags (= visuelles Erzählen ohne Feeling) den Geruch von Napalm am Abend wünscht. Oder man identifiziert sich mit dem gewissenhaften Heldentum des Gefreiten Slivko (Thomas Mann), na? Eher mit der Selbstbewährung des Forschungsassistenten Houston Brooks (Corey Hawkins)?
Vielleicht bringt's die Connection mit den Protagonisten, eben Mason Weavers (Brie Larson) Jagd nach dem Pulitzer-Preis oder dem „Wir müssen dann und dort ankommen“ von James Conrad (Tom Hiddleston)? Die traurige Wahrheit ist leider, dass nichts davon wirklich bockt. Egal wie viele Pfade sich öffnen: Alle bleiben im Konsens gefangen, dass es geradezu erstaunlich ist, wie erheblich sich der Film darin verkalkuliert, Leitmotive oder charakterliche Entwicklungen zum Mitfühlen errichten zu können, ansonsten zielgenau in die Schauwerte des Fan-Service überinszeniert. Man kann's auch beim Namen nennen und „Skull Island“ ein Konzept der Überkompensation attestieren. Das zeigt sich nicht nur an der aufgestockten Menge an stetig hässlicheren Biestern, sondern schon an der bloßen Feststellung der Inselgeographie anhand seismischer Druckwellen (= Explosionen!), an Kamerafahrten vom Format einer Disneyland-Attraktion, an der Vertonung derer sowie brutaler Monster-Matches per Voiceover, an der Ballung des Ensembles mit Star-Visagen und markanten Charakterdarstellern bis zum Abwinken, am redundanten Ausprobieren von Jumpscare-Taktiken, am Lager offensichtlicher Twists, und und und. In der Menge ist einem das beinahe schon sympathisch, gleiches lässt sich über den nicht gerade unblutigen Bodycount sagen, welcher zerflossene Schädel auskotzt und jeden zweiten Menschen vom Boden weg auffrisst bzw. platt stampft, im dritten Akt sowieso den faustdicken Showdown auspackt. Auf die Show hat der Film auch hingearbeitet, aber sie stellt weder im Rahmen des heutigen Kinos noch im Ehrenkreis aller vorherigen Kong-Sagen ein Novum dar. Was bleibt dann noch übrig, außer eine Reihe melodramatischer (bedingt cooler) Einsilber? Noch mehr Monsterkloppe für die Kids im Publikum! Muss man ja auch nicht unbedingt schlecht finden – ginge aber auch mit Herz und Seele.
4,5von 10 nicht gezeigten Riesenameisen
vom Witte