Soeben ist im Alibri-Verlag ein vom IBKA-Sprecher Rainer Ponitka herausgegebener Ratgeber erschienen, der sich laut Vorwort des Herausgebers mit dem “Spannungsfeld zwischen dem Anliegen der Religionsgemeinschaften – allen voran die christlichen Großkirchen und inzwischen auch die islamischen Verbände – und der zur weltanschaulichen Neutralität verpflichteten staatlichen Behörde, der Schule” befasst.Mit diesem Ratgeber sollen Schüler und Schülerinnen, aber auch die Lehrerschaft und die Eltern angesprochen werden. Bezweckt ist eine Aufklärung über die Möglichkeiten, “sich gegen religiös motivierte Diskriminierungen in der Schule zu wehren.” Erhofft wird, dass Schüler und Lehrer selbstbewusster gegen “unrechtmäßige Behandlung oder gar Repressalien aufgrund ihrer Glaubensferne” vorgehen und dass Schulleitungen zum „Konfliktfeld Religion in der Schule“ sensibilisiert werden.“Rechtliches ABC”Dr. Gerhard Czermak, Verwaltungsrichter i.R., hat ein im ersten Kapitel befindliches “Rechtliches ABC: Was ich als Konfessionsloser in der Schule wissen sollte” verfasst, in dem die für dieses Thema maßgeblichen Rechtsnormen (auf Verfassungs- und Gesetzesebene) erläutert, ihr teilweise nach Bundesländern unterschiedlicher Regelungsgehalt dargestellt und auch eine juristische Vorgehensweise in Konfliktfällen skizziert werden. Czermak weist darauf hin, dass das Grundgesetz sehr freiheitlich“ hinsichtlich des Individualgrundrechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit und “sehr aufgeschlossen” gegenüber religiösen und weltanschaulichen Vereinigungen sei, macht aber deutlich: “Es enthält jedoch in seinem ganzen einschlägigen Textbestand keinerlei Ansatzpunkt für eine rechtliche Bevorzugung des Christentums in irgendeiner Hinsicht.”Religions- und Ethikunterricht: Ab- und AnmeldemöglichkeitenEs folgt, von Gerhard Rampp (Gymnasiallehrer) verfasst, ein Kapitel “Ratgeber für konfessionslose Eltern, Schüler und Lehrer”. Schwerpunktmäßig werden behandelt: “Religionsunterricht” (einschließlich der Abmeldemöglichkeiten, die teilweise in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich geregelt sind, wobei Bayern die höchsten Hürden errichtet hat) und “Ethikunterricht” (einschließlich der Anmeldemöglichkeiten und praktischen Tipps zur Einrichtung des EU und der Stundenplangestaltung). Darüber hinaus werden u.a. die “weltanschauliche Neutralität” der Lehrer sowie der Lehr- und Lernmittel behandelt; hierzu musste in der Vergangenheit etwa festgestellt werden, dass Ethikunterricht von Religionslehrern(!) erteilt wurde, und dass in Bayern Schulmaterialen für das Fach Ethik von einer Person verfasst und herausgegeben wurden, die gleichzeitig bei der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Bayern in führender Position beschäftigt war.Schließlich werden Tipps zum Vorgehen bei der Missachtung von Vorschriften zum Schutz anders- oder nichtreligiöser Schüler und Lehrer gegeben, wobei derartige Vorfälle insbesondere in ländlichen Regionen beobachtet werden.Anachronismus “Staatliche Bekenntnisschulen”Rainer Ponitka schließlich befasst sich im dritten Kapitel mit der “Staatlichen Bekenntnisschule in Nordrhein-Westfalen”, einer Einrichtung, die es nur noch in diesem Bundesland sowie in Niedersachsen (im Gebiet Oldenburg) gibt, während sie in allen anderen Bundesländern bereits vor Jahrzehnten abgeschafft wurde. Finanziell in vollem Umfang von der Öffentlichen Hand (und nicht etwa von den Religionsgemeinschaften) finanziert gelten in den staatlichen Bekenntnisschulen für die Lehrkräfte ähnliche Einschränkungen wie für Arbeitnehmer in Diakonie und Caritas, auch hier spielt die Zugehörigkeit zur “richtigen” Religionsgemeinschaft eine zentrale (für die Betroffenen grundrechtseinschränkende) Rolle, und in katholischen Schulen muss der (außerdienstliche) Lebenswandel der katholischen Morallehre entsprechen (mit den bekannten Konsequenzen für geschiedene und in einer neuen Partnerschaft lebende oder für homosexuelle Menschen).Etwa ein Drittel der öffentlichen Grundschulen in NRW sind Bekenntnisschulen, hiervon sind 90 Prozent in katholischer Hand. Bei den Hauptschulen sieht es – im Sinne des Grundrechtsschutzes – günstiger aus: hier sind von etwa 600 öffentlichen Hauptschulen lediglich 44 katholische und fünf evangelische Bekenntnisschulen.Rainer Ponitka befasst sich dann mit allgemeinen Problemen in Hinsicht auf Religions- und dessen Ersatzunterricht sowie mit Schulgottesdiensten.Sammlung wichtiger GerichtsentscheidungenDer 117 Seiten umfassende Ratgeber enthält zudem neben einer umfangreichen, nach Stichworten gegliederten Sammlung “wichtiger Gerichtsentscheidungen zum Thema Schule, Weltanschauung, Ideologie” eine ebenfalls umfassende Übersicht über die maßgeblichen Gesetze und Verordnungen sowie wichtige Adresse von Schülervertretungen, Eltern-, Lehrer- und Schulleitervereinigungen.Fazit: ein gelungener Ratgeber, der das Wesentliche zum Thema “Konfessionslos in der Schule” übersichtlich in knapper Form darstellt, auf vertiefende Literatur verweist und auch wichtige Fundstellen und Adressen nennt, zudem Handlungsvorschläge unterbreitet. Er gehört als Orientierung in die Hände aller, die sich gegen religiös bedingte Diskriminierungen in den Schulen wenden.Mit einem Preis von 10 Euro dürfte er auch für Schüler erschwinglich sein.Wünschenswert wäre, in einer künftigen Auflage des Ratgebers umfassender als in der vorliegenden auf den Volltext der Entscheidungen oder auf Kommentierungen hierzu zu verlinken.Walter Otte
Rainer Ponitka (Hrsg.): Konfessionslos in der Schule – Ein Ratgeber. 120 S. kart. Alibri-Verlag. Aschaffenburg 2013. 10,- Euro. ISBN 978-3-86569-110-1