Die einen freut es, die anderen lästern: Ab dem Jahr 2012 sollen in der Schweiz die komplementären Heilmethoden (anthroposophische Medizin, Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie und traditionelle chinesische Medizin) wieder in den Leistungskatalog der Grundversicherung aufgenommen werden – zumindest vorläufig für die nächsten sechs Jahre. Gesundheitsminister Didier Burkhalter macht mit dieser überraschenden Ankündigung die Blockadepolitik seines Vorgängers rückgängig, welcher die fünf Methoden der Komplementärmedizin wenige Jahre zuvor aus der Grundversicherung geworfen hatte, weil sie angeblich nicht wirksam, nicht zweckmässig und nicht wirtschaftlich seien. Mehr noch: Pascal Couchepin hatte die sogenannte PEK-Studie (Programm Evaluation Komplementärmedizin), die eben diese WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit) für die fünf Heilmethoden umfangreich abklären sollte, vorzeitig abgeklemmt, ja, die Publikation von Ergebnissen daraus sogar kurzzeitig verboten. Es ist – vorsichtig ausgedrückt – nicht auszuschliessen, dass handfeste wirtschaftliche Interessen etwa seitens der Pharmaindustrie bei diesem Entscheid mit im Spiel waren. Denn die PEK-Studie lieferte durchaus ermutigende Zwischenergebnisse für die untersuchten Methoden.
Druck dank Abstimmung?
Allein dieser unglaubliche Vorgang illustriert die – gelinde gesagt – wacklige Grundlage des damaligen Entscheids. Als sich dann die Stimmenden im Jahr 2009 überaus deutlich für eine bessere Berücksichtigung der Komplementärmedizin aussprachen, lag der Ball wieder bei der Politik. Und die hat, so scheint es, nun reagiert. Mit der vorläufigen Wiederaufnahme der fünf Methoden in die Grundversicherung ist die Auflage verbunden, dass Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (nochmals) nachgewiesen werden, und zwar seitens der Vertreter der Komplementärmedizin. Gleichzeitig soll es dazu eine unabhängige Studie durch eine international anerkannte Institution geben. Das ist eine echte Chance, und die fünf Methoden brauchen diesbezüglich einen Vergleich mit der Schulmedizin nicht zu fürchten.
Komplementärmedizin versus Schulmedizin?
Es kann nicht darum gehen, zwischen Schul- und Komplementärmedizin einen fundamentalen Gegensatz zu kontruieren. Beide ergänzen sich. Erst wenn die Patienten zwischen unterschiedlichen Heilmethoden frei wählen können – Heilmethoden, die sich in der Praxis bewährt haben –, dient das Gesundheitssystem wirklich der Gesundheit der Betroffenen. Deshalb ist der Begriff Komplementärmedizin (ergänzende Medizin) auch sinnvoller als der Begriff Alternativmedizin, der ein Entweder-Oder suggeriert.
Bismut wird in der Homöopathie als Arzneimittel verwendet: Bismutum metallicum (Bism-m.)
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Weiterführende Links:
- „Der WZW-Nachweis ist erbracht!“ Kurzreferat von Dr. med. Hansueli Albonico (PDF, 82 KB)
- Union schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen
- „Medizin und Macht am Beispiel des Programms Evaluation Komplementärmedizin PEK“ von Dr. med. P. Heusser: Über die Vorgänge rund um die PEK-Studie (PDF, 123 KB)
Bildnachweis:
„Bismut“ von H. Zell, CC-Lizenz via Wikimedia Commons