Wie war Spielen vor dreißig Jahren?
Als Kind habe ich Spielplätze kaum wahrgenommen. In meinem Heimatdorf gab es keine und niemand hat sie vermißt.
Ich hatte das Glück, als Jüngstes von fünf Kindern schon recht früh mit meinem Geschwistern draußen rumstreunen zu dürfen. Wir hatten unglaublich viele Freiheiten im Garten, auf der Wiese und im Wald.
Im Garten stand eine Schaukel zum Rumturnen, aber das Beste Spielgerät parkte wenige Meter daneben: ein alter Traktor, den der benachbarte Bauer bei uns in den Garten gefahren hatte nachdem er sich ein neueres Modell zugelegt hatte.
Ein Traum. Genauso wie die Ausflüge in den Kuhstall, wo wir die kleinen Mockerla (oberfränkisch: Kälbchen) und die Schweine füttern durften. Auf dem Nachhauseweg hab ich dann gerne mal von der frisch gemolkenen Milch getrunken, die eigentlich fürs Müsli gedacht war. Damals vor dreißig Jahren durfte sie noch ab Kuh verkauft werden.
Wir haben Baumhäuser gebaut, im Wald Verstecken gespielt oder sind mit den Fahrrädern über die Wiese zum Bach gefahren um ihn aufzustauen und Boote fahren zu lassen.
Rückblickend war meine Kindheit im Freien wohl sehr idyllisch. Schöne Erinnerung, sicher im Rückblick auch verklärt.
Spielen heute
Meine Zwerginnen würden sehr gerne alleine im Wald rumstromern. Der ist zum Glück auch nur einen Steinwurf entfernt. Das Problem: Eine -für Kleinstadtverhältnissee- große Straße liegt dazwischen. 50 Stundenkilometer sind erlaubt. Daran gehalten wird sich nur wenn an bekannter Stelle der Blitzer steht.
Wenn wir zusammen im Wald sind, werden sofort Blätter, Steine, Federn, Rinde oder Butzel (Zapfen). Oder sie tragen lange Äste zusammen und verbringen Stunden damit, sich eine Hütte zu bauen und planen, das nächste Weihnachtsfest darin zu feiern.
In unserem Garten haben wir eine Schaukel und in den warmen Monaten ein Trampolin. Einen Sandkasten -meist ohne Sand- gibt es auch noch.
Bedauerlicher Weise ist den Zwerginnen das Grundstück zu sehr von Erwachsenen einsehbar, deswegen haben sie sich einen Geheimgang gebaut, in dem sie sich gerne verstecken. Zwischen Bepflanzung und Zaun zum Nachbarn war wohl zu viel freier Platz. Mit viel Phantasie denken sie sich immer neue Spiele aus.
Die Zwerginnen gehen auch sehr gerne auf Spielplätzen. In unserer Stadt gibt es einige solcher Plätze mit mehr oder weniger gutem Angebot. Wichtig hierbei ist aber nicht unbedingt welche Geräte vorhanden sind, sondern ob und welche Kinder dabei sind. Miteinander spielen.
In Großstädten sind Spielplätze wahrscheinlich noch viel wichtiger, da es dort oft an Alternativen (Wald, Grünflächen, eigener Garten) mangelt.
Gendergerechte Spielplätze?
In den Medien ist das Geschlechterthema bis auf den Spielplatz gedrungen. Teure Studien haben herausgefunden, daß Jungs und Mädchen anders spielen. Und aus München und Berlin hört man, daß man Spielplätze jetzt so gestalten müsse, daß die Mädchenzonen dort liegen, wo sich die Mädchen auch aufhalten.
Ohne mich in die Feminismusdebatte einmischen zu wollen: Geht’s noch? Klar spielen Mädchen und Jungs unterschiedlich. Aber macht es nicht mehr Sinn, spannendere Spielgeräte auf die Spielplätze zu bringen, an denen alle Kinder spielen können? Statt jedes Geschlecht in seiner Ecke?
Die Zwerginnen wüßten wahrscheinlich gar nicht, wie ihnen geschieht. Mal sind sie Feen, Hexen oder spielen Vater Mutter Kind. Mal sind sie wilde Piraten oder Räuber und Polizisten. Und das nicht nur zusammen mit anderen Mädchen. Ich hatte hier auch schon Jungs, die sich -kaum zur Tür drin- die rosaroten Prinzessinnenkostüme übergeworfen haben und in die typische Mädchenrolle geschlüpft sind. Oder mal die Mama gegeben haben.
Nein, ich bin kein Geschlechterforscher. Aber ich bin der Meinung, daß sich beide Geschlechter in verschiedenen Rollen ausprobieren müssen um ihre Identität zu finden.
Die Frage ist mal wieder: was will ich meinen Kindern vermitteln. Du bist ein Mädchen, deswegen mußt Du bestimmte Dinge tun oder darfst Dinge nicht tun? Nein.
Die Zwerginnen wissen, was ein Mädchen körperlich ausmacht und von einem Jungen unterscheidet. Alles andere dürfen sie selbst erfahren.
No.1 liegt die Welt der Zahlen mehr als Anderen, sie spielt lieber mit Jungs, weil die “nicht nur Quartschen”. No.2 malt und bastelt sehr gerne, liebt aber auch die bewegung. No.3 entdeckt gerade, daß sie genauso gut klettern kann, wie manche großen Jungs. Gut so!
Menschen sind unterschiedlich, Männer und Frauen sind es auch. Wo genau die Unterschiede bestehen, lernen Kinder nur im Miteinander und nicht durch Erzählung.
Spielplätze attraktiv machen
Durch Sophie Lüttichs Beitrag auf BerlinFreckles über Spielplätze bin ich überhaupt erst auf das Thema aufmerksam geworden.
Ich wußte bis dato nicht, daß ein Großteil der Spielplätze in Deutschland marode und nicht sicher genug ist. Hier ist nicht die Rede von fehlenden -überflüssigen- Fallschutzmatten, sondern von verrotteten Stützpfeilern und einegrissenen Kletternetzen.
Statt in Genderuntersuchungen sollte doch besser in langlebige, sichere, und für alle Kinder attraktive Spielgeräte investiert werden. Die Kinder werden selbst ihre Phantasie einsetzen und ihre eigene Welt daraus machen.
Einen spannenden Artikel habe ich dazu auch hier gefunden.
Wie oft geht Ihr mit Euren Kindern auf den Spielplatz. Vermißt Ihr mehr Mädchenflächen oder wünscht Ihr Euch einfach bessere Geräte?
Gruß
Suse