Kommentar zu Der erste Band der Earthsea-Reihe von Notwende

Ursula K. Le Guin – A Wizard of Earthsea (Der Magier der Erdsee)

1967, so schreibt Ursula K. Le Guin im Nachwort zu A Wizard of Earthsea, wurde das Fantasy-Genre wenig beachtet. Wenn Erwachsene an Fantasy dachten, dachten sie an Herr der Ringe und vielleicht an die ein oder andere Interpretation der Ritter der Tafelrunde. Und wenn es um Magier ging, so dachten die meisten an Merlin oder Gandalf. „Well“, schreibt Le Guin, „Merlin and Gandalf must have been young once, right? And when they were young, when they were fool kids, how did they learn to be wizards?“

Dieser Frage geht sie im ersten Band ihrer Earthsea-Reihe auf den Grund. Ged war der größte Zauberer, der in Earthsea je gesehen wurde. Doch geboren wird er als Sohn eines Schmieds in einem kleinen Bergdorf auf der Insel Gont. Die anderen Kinder im Dorf nennen ihn Sparrowhawk, weil er es vermag, Vögel zu sich  zu rufen. Bald merkt Ged, dass etwas in ihm schlummert. Eine Tante, die sich als Dorfhexe verdingt hat, bringt ihm einige ihrer Tricks bei, doch als ihr Wissen erschöpft ist, dürstet es den Neffen nach immer noch mehr Wissen. Auch der Magier Ogion, der ihn als Lehrling aufnimmt und der dem wissbegierigen Jungen zu erklären versucht, dass Magie mit Bedacht und Vorsicht eingesetzt werden sollte, kann den Wissensdurst – und das Streben nach Macht – nicht stillen. Ged reist nach Rok und schreibt sich an der berühmten Zauberschule dort ein. Doch der Junge geht zu  weit und sieht sich plötzlich mit einer Öffnung ins Totenreich konfrontiert und einem Schattenwesen, das sein Untergang zu werden droht.

Wer Le Guin liest, dem erschließt sich auf einmal moderne Fantasy-Literatur auf eine ganz neue Art und Weise. Die Earthsea-Reihe, deren erster Band 1968 erschien, hat die darauf folgenden Werke dieses Genres stark beeinflusst. Das soll nicht heißen, dass diese Autoren bei Le Guin abgeschrieben oder geklaut hätten, aber ganz eindeutig sind ihre Ideen durch Le Guins Werke geformt worden. Terry Pratchett hat Le Guin einmal als „one of the architects of the consensus fantasy universe“ bezeichnet. Patrick Rothfuss befindet, Le Guins Bücher seien „brilliant“ und ihr Werk „one of the cornerstones of modern fantasy„. George R. R. Martin beschrieb Le Guin auf seiner Webseite als „a gifted storyteller, dedicated to her art, she influenced a whole generation of writers who came after her, including me.“

J. K. Rowling  hat stets abgestritten, von anderen Schriftstellern beeinflusst gewesen zu sein und doch denkt man bei Ogion, zu dem Ged später noch einmal verängstigt und ratlos zurückkehren wird, schnell an Dumbledore und wenn Ged und sein Rivale Jasper sich an der Schule heimlich duellieren mag der ein oder andere an Szenen zwischen Harry Potter und Draco Malfoy denken. Dass Rowlings Werk als innovativ gefeiert wurde, scheint Le Guin dann auch ein wenig gekränkt zu haben: „[She] could have been more gracious about her predecessors. My incredulity was at the critics who found the first book wonderfully original. She has many virtues, but originality isn’t one of them“ (Diesen und weitere Kommentare fand ich hier).

Man kann von  dieser Kritik halten, was man will. Unbestritten ist, dass Le Guins Einfluss auf die modern Fantasy-Literatur enorm ist. Und ganz eindeutig muss ich nach der Lektüre auch eine Empfehlung aussprechen. Le Guin hat einen Helden geschaffen, der ab und an in Versuchung gerät, der Fehler macht und diese später ausbügeln will. Ein Held, der trotz aller Magie sehr menschlich erscheint in einer Welt, die Le Guin scheinbar mühelos mit wenigen Worten erschafft und die den Leser schnell in ihren Bann schlägt.

Kurzfazit: Wer Le Guin liest, dem erschließt sich moderne Fantasy-Literatur auf eine neue Art und Weise. Und nebenbei handelt es sich auch noch um gute Unterhaltung.

Kategorien: USA | Tags: earthsea, Fantastisches, femaleauthor, Rezension | Permanentlink.


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