Kommentar zu 3) Pleißemühlgraben oder Wie ein Traum zerplatzte von Winterschlaf einer Füchsin beobachtet | Reisezweier

Unweit von unserer Wohnung plätschert die Mühlpleiße scheinbar ruhig vor sich hin. Die über das Wasser ragenden Bäume sind an heißen Tagen ein angenehmer Aufenthaltsort um sich im Schatten der Bäume vor übermäßiger Hitze zu schützen. Zumindest laut Karte auf maps.google.com schien es möglich von hier aus in den Markkleeberger See und in die Innenstadt zu gelangen. Wir haben auch bereits versucht am Rande des, zugegeben sehr kleinen, „Flüsschens" entlang zu laufen um die Möglichkeit einer Befahrung abzuschätzen. In Richtung See war es realtiv schnell klar, dass das nichts wird, Aber in Richtung Pleiße war es nach dem was man einsehen konnte möglich.

Sarah konnte ich nicht überzeugen auf diese abenteuerliche Tour mit zukommen, was im Nachhinein wohl auch besser so war.
Mein Cousin war der Fahrt ins Ungewisse aber nicht abgeneigt und so machten wir uns daran bei wolkenverhangenem Himmel das Boot auf zubauen. Etwas entnervt weil das Gestänge partout mal wieder nicht zusammengesteckt werden wollte, wurden wir dann noch mit achsolustigen Kommentaren bedacht und von einer besonders dreisten Frau ungefragt fotografiert - Leute gibt's - echt ey!

Nach einer kurzen Unterweisung meines heutigen Begleiters ging die Fahrt auch schon los. Und die sollte es in sich haben. Ich schlage vor die Mühlpleiße umzubenennen, Müllpleiße trifft es nämlich eher. Bereits nach ca. 100m mussten wir einem Backofen rechts und einem Fahrrad links ausweichen und das sollte nicht das Letzte sein.
Die Fahrt ging nur im Slalom voran und mit äußerster Wachsamkeit im Ausguck. Überhängende Bäume, große Äste unter Wasser und alles was man sich so vorstellen kann.

Als wir um einen dieser Bäume herum fuhren, stieg ein riesiger (mindestens 2m - in meiner Erinnerung) großer Graureier vor uns auf. Wer sich am Ende mehr erschreckt hat, lässt sich nicht abschließend klären, aber das kam meinem Begriff von „Naturerlebnis" doch schon ziemlich nahe.

Im Wald fanden sich jede Menge Grafitties - ja im Wald. An kleinen Felsen und extra aufgespannter Verpackungsfolie. Fotos muss ich leider schuldig bleiben, das Steuern durchs unwegsame Wasser erforderte meine ganze Aufmerksamkeit. Und nicht zu letzt die vielen niedrigen Brücken die es erforderlich machten ständig im Boot abzutauchen wollte man keine Platzwunde mitnehmen. Die relative hohe Strömung hätte das auch ohne Probleme ermöglicht.

Nun näherten wir uns dem Teil von dem ich wusste, dass er knifflig werden könnte. Am „Conne Island" vorbei, fanden sich jede Menge Zivilisationutensilien im Fahrwasser. Wir umkurvten das zweite Rad des heutigen Tages und auch ein Mülltonne. die aufgrund der Kanalisierung zunehmende Strömung machte das Ganze sehr knifflig und mein Co-Pilot kam an seine Grenzen, ich übrigens auch. Ein misslungenes Ausweichmanöver sorgte dafür, dass wir uns kurz rückwärts fort bewegten. Das macht das fahren nicht gerade leichter.

Etwa 200m hinter der Brücke war es dann da - das endgültige Ende unserer Fahrt auf der Mühlpleiße. Es kündigte sich an durch
ein bedrohlich lauter werdendes Rauschen, aber es sollte noch kurze Zeit dauern bis wir Gewissheit hatten, dass es hier nicht mehr weiter geht. Ein immer schmaler werdendes Flussbett und ein ca. 1m hoher Waserfall schienen uns zu riskant um es mit dem Faltboot zu überwinden. In einer dramatischen Aktion stieg ich aus dem Boot um mir Klarheit über die Situation zu verschaffen und nach einer Lösung für das Dilemma zu suchen. Dummerweise gab es nicht

wirklich eine Möglichkeit zum Aussteigen. Ich kletterte am linken Ufer, bestend aus einer gemauerten Wand empor und klammerte mich an einen alten geteerten Maschendrahtzaun ohne wirklich abschätzen zu können ob dieser mich auch hält. Der Blick in die reißenden Fluten des Falles ließ uns nur eine Option: umkehren! Aber wie? Die Strömung hätte uns runtergezogen, wären wir rückwärts gefahren und zum wenden im Wasser war zu wenig Platz. Rico (mein Cousin) hielt sich die ganze Zeit im Klettergriff mit einer Hand an einem vorstehenden Mauerstein fest. Ich schnappte mir waghalsig die Vorleine und versuchte das Boot im Wasser zu drehen. Nach dem mir das gelungen war, sprang ich in unsere „Wasserfüchsin" und rief Rico zu er solle um sein Leben paddeln.

Wieder an der Brücke, holten wir das Boot aus dem Wasser und nahmen es unter den Arm. Per Pedes ging es nun entlang der Koburger Straße zu Einsatzstelle an der Pleiße. Ich schuldete meinem tapferem Co-Piloten schließlich noch eine Bootsfahrt.

Für mich allerdings war es ein herber Dämpfer, hatte ich doch gehofft in Zukunft direkt vor meiner Haustür einsteigen zu können um von hier aus die 7 Weltmeere in meinem Reisezweier 85 der „Lisica" zu bereisen.


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