Komm wir fahr‘n auf's Land … nach Italien in die Basilikata (II)

Von Doceva @dental_food


Italienische Käsecreme, Safranbirne und Birnenkonfitüre

Neuer Tag, neues (Speise)Glück! Meine Reise in und um die Basilikata in Süditalien mit ITALIANFOOD XP war so eindrucksvoll, dass ich noch einen zweiten Bericht dazu auf Lager habe.

Das Zitat

carpe diem! Horaz (65 v. Chr. – 8 v. Chr) römischen Dichter der Augusteischen Zeit Horaz stammt übrigens auch aus der bereisten Gegend nämlich aus Venusia, einer kleinen Stadt an der Grenze der italischen Provinzen Lukanien und Apulien. Sein lateinische Sinnspruch carpe diem, der sich mit Pflücke den Tag und Genieße den Tag übersetzen lässt, stellt einen Appell dar, die knappe Lebenszeit zu genießen und nichts auf morgen zu verschieben. Der Spruch ist zum geflügelten Wort geworden und wird teilweise auch als Nutze den Tag wiedergegeben, was, derart übersetzt, leider nicht ganz ausreichend für seine eigentliche Tragweite ist.

Das Land

Über Land ging es also mit unserer kleinen Reisegruppe mit Gästen aus England, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden nach Grottaglie in der Provinz Tarent in Apulien. Uups, war ich dort nicht schon am Vortag, nämlich auf dem Flughafen Aeroporto di Brindisi-Casale – Aeroporto del Salento? Ach ja, da war ja was mit der Anreise … guckst du HIER.

Trulli und Trulla mit Trulli

Zahlreiche Trulli säumten diesmal die Reiseroute. Das sind diese imposanten Rundhäuser, sogenannte Trockenmauerwerke, deren Steindächer sich nach oben hin in einem Kraggewölbe, ein sog. falsches Gewölbe, verjüngen und mit einem symbolischen Schlussstein abgeschlossen werden. Früher wollten die armen Bauern keine Steuern an die Regierung zahlen und waren deshalb per Erlass gehalten ihre Häuser ohne Zement und Mörtel zu bauen, sondern nur aus Stein. So konnten sie im Falle einer königlichen Inspektion die Steinhäuser ganz einfach abbauen und später wieder aufbauen.
Die bedeutendste Besonderheit in Grottaglie ist die Keramikproduktion, sehr detailverliebt und filigran. Am Vortag sichtete ich bereits, ebenfalls aus Terrakotta unterschiedliche Varianten des Cuccù di Matera, dargestellt als bescheidene Henne, dekoriert mit bunten Blumen und Vögelchen. Dieser Kuckuck, eigentlich eine Pfeife, sollte böse Geister von den Wohnhäusern fernhalten und den Besitzern Glück und Gelassenheit bescheren. Angeblich soll er eine ganz besondere Aura verbreiten. Mal sehen was meiner ab jetzt so bei mir anstellt … Weiter ging es nach Martina Franca.

Das Mittagessen

In der Osteria del Coco Pazzo (Adresse: Via Arco Mastrovito, 18, 74015 Martina Franca TA, Italien) wurde wieder üppig geschlemmt. Es gab:
Capocollo e pancetta tesa di Martina franca con burratina
Purè di fave con crostini e cornaletti fritti
Sfoglia calda con ricotta fresca
Insalatina die Orzo con ortaggi e cacao ricotta
Tagliata di capocollo Maialino in crosta
Dolcetti secchi e Liquori Es gab wiederum Bohnenpürre, Polenta, sanft und samtig – einzigartig, Variationen vom Schweinefleisch und selbst gemachte Digestivi auf Basis von Walnüssen, Orangen, Zitronen und … Lorbeer. Stefano schleppt das köstliche Zeugs gleich eimerweise heran. Der Lorbeerlikör erinnerte im Geschmack etwas an den Schweizer Chartreuse Verte – sehr verführerisch … zu verführerisch. Weiter ging‘s zu Kirchen und Museen – nicht mein Ding! Da sitze ich doch lieber im Straßencafé und sammle sinnliche Genüsse: Duftenden Espresso, sanfte Sonnenstrahlen und Kinderlachen, gestikulierende Ansässige und musikalische Exerzisen aus geöffneten Fenstern. Da fühle ich mich der Maus Frederick unglaublich nahe: Die Geschichte von der Maus, die nicht wie die anderen für den Winter Körner und Nüsse, sondern Sonnenstrahlen, Farben und Wörter sammelt. Träume? Erinnerungen? Hoffnungen?

Das Olivenöl

Interessantes über die Herstellung von Olivenöl erfuhren wir in der Antica Masseria Caroli. Einige beschwerten sich das man nicht der laufenden Produktion beiwohnen konnte – äh hoppla, keine Pressung ohne reife Früchte??? – immer diese Foodbanausen, tsss … leider ist gerade keine Erntezeit! Der Verkostung wohnte ich aus Gründen nicht bei und schlich lieber über das Gelände. Ich habe nämlich eine Olivenölunverträglichkeit, oder Nahrungsmittelintoleranz (NMI) auf Olivenöl, übrigens nur in rohem Zustand. Olivenölunverträglichkeit ist gar nicht so selten! Sie kommt bei Mangel am körpereigenem Enzym Diaminoxidase (DAO) vor. Enzyme sind ja bekanntlich Eiweiße und die zerfallen ab ca. 52°C. Man kann das mit Kapseln (Daosin) substituieren. Ich halte mich aber daran: Der wahre Genuss liegt im Verzicht und ersetze es vornehmlich durch einheimisches Rapsöl!

Das Abendessen

Nach lustigem Titel- und Interpreten-Raten im Bus in annähernd vier Sprachen kamen wir in der Masseria Cardillo an (Adresse: SS 407 Basentana, Km 96, 75012 Bernalda MT, Italien). Ja und so hört sich der passende Ohrwurm (engl. = catchy tune, ital. = tormentone) an:
Non Ho L'eta Gigliola Cinquetti – 1964 Die Basilikata ist ja sehr reich an kulinarischen Traditionen und bietet ganz wunderbares Essen und Wein – ein Erlebnis. Seine Küche ist eine geschickte Kombination von einfachen und natürlichen Aromen, weit weg von anspruchsvollen industriellen Verarbeitung von Lebensmitteln. Auch die Familie Graziadei aus der Masseria Cardillo mit ihrem Koch verzauberte uns auf der lauschigen Terrasse mit traditionellen Produkten die die dortige Erde so hergibt.
Crapiata bernaldese
Pecorino e provolone di Podolica con miele e mostarda
Melanzane ripiene
Calzoni lucani alle verdure
Polpette fritte di zucchine
Cecatelli con vellutata di favre e peperoni cruschi di Senise
Capretto lucano al forno con ratatuia di verdure Budino al cioccolato al forno Was fiel mir auf? Crapiata ist ein Gericht, das aus Leguminosen (Erbsen, Bohnen und Linsen) und Getreide besteht. Es erinnert an unseren Eintopf. Die schon im ersten Bericht erwähnten Chili waren dieses Mal kross geröstet. Nix geht ohne Bohnenpürre. Saftiges Zicklein aus dem Ofen separierte die Gemeinde – mir hat’s geschmeckt und über das Dessert und dessen Zutaten kamen wir nicht so reicht überein. Amaretti bildeten die Einlage für die schokoladige Köstlichkeit, verriet mir die Gastgeberin, aha. Nochmals danke an ITCAM und ITALIAN FOOD XP für diese fantastischen Eindrücke und Genüsse. Da könnte sich Deutschland eine gehörige Scheibe von abschneiden, denn wie unsere Küche im Ausland da steht ist ja eher jämmerlich – ich sag nur Sauerkraut!

Italienische Käsecreme, Safranbirne und Birnenkonfitüre

Inspiriert vom Vorspeisenbuffet des Vortages habe ich ein Rezept für eine italienische Käsecreme. Sie enthält fruchtige Birnen und den sehr kräftig-würzigen Canestrato Pugliese, einen italienischen Schafskäse aus dem Gebiet Alta Murgia nahe Bari.

Italienische Käsecreme, Safranbirne und Birnenkonfitüre - making off

Ein Dialog im Lokal zwischen Gast und Kellner zum Thema Käse:
Ich nehme das mit Käse überbackene Rinderhack-Medallion in Teighülle dazu frittierte Kartoffelstiftchen an einer würzigen Tomatensauce. Also einmal Cheeseburger mit Pommes und Ketchup.

Italienische Käsecreme, Safranbirne und Birnenkonfitüre

Wer kennt sie nicht die wunderbare Vermählung von Roquefort und Birne? Roquefort ist dieser grün-blau marmorierter Blauschimmelkäse aus roher Schafmilch aus den Pyrenäen. Dies nun ist meine süditalienisch inspiriert Antwort darauf: Italienische Käsecreme!

Das Rezept

Italienische Käsecreme von Doc.Eva Zutaten
  • 150 g   Mascarpone
  • 1 Stck   Birnen, klein gewürfelt
  • 50 g   Canestrato Pugliese (Pecorino, Parmesan) klein gewürfelt
  • ¼ Stck   Chili, fein gehackt
  •    Basilikum, in feine Streifen geschnitten

Zubereitung
  1. Alle Zutaten sanft vermischen. 
  2. Nach Bedarf salzen. Vorsicht, der Canestrato Pugliese ist recht würzig. 
  3. Eine Stunde ziehen lassen.

Anrichten
  1. Käsecreme auf Tellern oder auf geröstetem Weißbrot anrichten. 
  2. Mit Basilikum Chiffonade toppen.

PS: In Weißwein gegarte Safranbirne und Birnengelee, eventuell sogar mit senfiger Note könnten diese aromatisch Käsecreme begleiten. Lasst’s euch schmecken!