KOLUMNE: WARUM ZWEIFELN WIR SO SEHR AN UNS SELBST?

Von Katiys

Gestern ist mir schlagartig bewusst geworden, dass ich zu viel an mir Zweifel und viel zu wenig hinter mir stehe. Und wenn ich nicht selbst an mich glaube, warum sollte es ein Anderer tun.
Mein neuer Kollege mag es, genau die Fragen zu stellen, denen ich durch das lockere Kennenlerngespräch für das anstehende Praktikum glücklicherweise aus dem Weg gehen konnte.

"Warum willst du hier arbeiten?" - "Es macht mir Spaß, ich mag diesen Bereich" - "Was genau macht dir Spaß?" - "Ich mag den Austausch. Ich könnte mir nicht vorstellen, den ganzen Tag nur am Schreibtisch zu sitzen." - "Welchen Austausch, außerdem gibt es genügend andere Jobs bei denen man nicht hinter'm Schreibtisch sitzt?" - Schweigen, ich habe trotz dieser einfachen Fragen keine Antwort. Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen, mag es ihnen den Alltag etwas zu erleichtern, aber diese Antwort scheint mir zu banal. Am Abend denke ich weiter darüber nach, bis ich merke, die Antwort schon längst gefunden zu haben. Es macht mir Spaß! Ich gehe gerne zur Arbeit (bis jetzt bloß ein Minijob neben dem Studium), habe nette Kollegen und nette Klienten, mag den Austausch, möchte meine Klienten ein bisschen mehr verstehen und versuchen, ihnen zu mehr Eigenständigkeit zu verhelfen.

Die Befragung geht weiter. "Was sind deine drei Stärken?" Spätestens hier fange ich komplett an zu Scheitern. Schwächen aufzuzählen sind für mich kein Problem, aber Stärken fallen mir nicht ein. Nach langem Überlegen, vielen Stotterern bringe ich grade mal zwei vermeintliche Stärken heraus. Sicher bin ich mir trotzdem nicht. "Stell dir vor, du bist ein Tier. Welches bist du (und nicht welches wärst du gerne)?" - Stille, ungeordnete Gedanken und eine Antwort mit zu viel 'oder' enthalten. "Warum denkst du so viel nach, es gibt keine falsche Antwort".

Die Fragen klingen so einfach, trotzdem habe ich kaum eine Antwort herausgebracht. Nach Feierabend beschäftigen mich die Fragen noch lange, obwohl sie mich doch eigentlich nur genervt haben. Ich frage mich, warum ich nicht einmal drei Stärken benennen kann, so viel Denke aber keine Antwort zustande bekomme. "Warum haben die Menschen immer so viel Angst davor, sich selbst besser kennen zu lernen?". Das habe ich doch gar nicht, oder doch? Am Abend nehme ich mir Zeit, finde schnell mehr als drei Stärken und bin eine Katze!