In der letzten Woche war ich mit meiner Mutter in Rom. Wir sind stundenlang durch die kleinen Gassen gewandert, haben die außergewöhnlichen, wunderschönen alten Gebäude bewundert und uns einfach treiben lassen. Eines haben wir jedoch nicht getan: Geshoppt. Noch vor ein paar Jahren wäre das für mich undenkbar gewesen, denn da wurden Städtereisen von mir hauptsächlich als besonders ausgedehnte Shoppingtrips genutzt. Um es etwas übertrieben auszudrücken: Ich habe die Schönheit einer Stadt an der Länge ihrer Einkaufsstraße gemessen.
Ich gehe noch immer gerne shoppen, lasse mich von tollen Schnitten, Stoffen und Farben begeistern und wünschte mir in manchen Geschäften, das ganze Sortiment mitnehmen zu können. Doch das ist längst nicht mehr alles, was mich in einem Urlaub interessiert. Ich habe gelernt, die Schönheit einer Stadt zu genießen, ohne konsumieren zu müssen. Na gut, so ganz stimmt das vielleicht nicht, schließlich setze ich mich noch immer gerne in Cafés und Restaurants und konsumiere köstliche Pasta oder Cappuccino.
Unsere Shoppingabstinenz ist mir erst am Ende des Urlaubs so richtig aufgefallen, als mein Koffer ausnahmsweise nicht voller war als auf dem Hinflug. Ich muss sagen, dass ich schon fast ein bisschen Stolz auf mich war. Denn dieses Thema hat mich in letzter Zeit häufiger beschäftigt. Immer wieder fällt mir auf, was für eine große Bedeutung der Konsum in unserem Alltag einnimmt. Wie oft ist es schon vorgekommen, dass ich mich gelangweilt und mir dann die Zeit mit sinnlosen Einkäufen totgeschlagen habe? Einfach nur, um etwas zu tun, dass am Ende greifbar ist. Um sich zu belohnen oder abzulenken.
Viel zu oft identifizieren wir uns über die Dinge, die wir besitzen. Dabei geht es mir nicht nur Kleidung, sondern auch um all die anderen Dinge, die unsere Schubladen und Regalfächer füllen. Und nicht nur das: Auch bei den Aktivitäten, denen wir uns in unserer Freizeit hingeben, spielt Geld oft eine große Rolle. Ins Kino gehen, Essen gehen, einen Kaffee trinken gehen, Eintritte in Diskos oder zu Konzerten und Freizeitparks. Sucht man nach Aktivitäten, die nichts kosten, dann ist die Liste erschreckend kurz.
Ich will damit gar nicht sagen, dass aller Konsum schlecht ist. Viele der aufgelisteten Dinge sind ihr Geld definitiv wert. Und wenn man es sich recht überlegt, dann ist so gut wie nichts umsonst. Selbst wenn man etwas Produktives tut – kocht, näht, malt oder bastelt – dann muss man zunächst die nötigen Grundlagen dafür gekauft haben. Dennoch denke ich, dass es wichtig ist, den eigenen Konsum ab und an zu überdenken. Es ist okay, gerne shoppen zu gehen, solange man das, was man sich kauft noch wirklich zu schätzen weiß, es nicht nur kauft, weil man immer etwas Neues braucht, weil einem das, was man hat irgendwann nicht mehr genug ist und man immer nur mehr, mehr und mehr will.
Ich hoffe, ich klinge gerade nicht, wie eine rebellische 13-jährige, die auf Facebook tiefsinnige Sprüche teilt und glaubt, damit gegen das System zu protestieren. Ich denke darüber nach, wie ich diesen Post beenden soll, doch leider habe ich keine weisen Worte für den Abschied parat, kein „man sollte viel lieber…“. Meine Kolumne soll nicht dafür da sein, Lebensweisheiten zu teilen, sondern dass was mir durch den Kopf geht. Ich denke, am Ende der heutigen Kolumne bleibt vielmehr eine Frage, als eine Antwort stehen: Wer sind wir eigentlich, wenn wir nicht einkaufen – und können wir uns ein Leben ohne Konsum überhaupt noch vorstellen?