Felipe Massas Unfall in Montreal war für mich ein Sinnbild der bisherigen Saison oder vielleicht sogar seiner bisherigen Formel 1-Karriere – Gelegenheiten, bei denen viel mehr möglich war…
Was hat Felipe Massa in seiner Formel 1- Karriere nicht alles erleben müssen. Karrierebeginn bei Sauber, ein Jahr auf der Ersatzbank und dann nach zwei weiteren Jahren bei den Schweizern endlich der Aufstieg zu einem Stammplatz bei Ferrari. Als Nachfolger von Schumachers ewiger Nummer 2 Barrichello folgte sein Aufstieg: Bereits zwei Siege in seinem ersten Ferrari-Jahr.
Ein Jahr später sollte er Schumacher beerben und den WM-Titel wieder zurück nach Maranello holen. Doch dies tat ein anderer: Kimi Räikkönen, der Schumachers Platz eingenommen hatte. Um dies zu schaffen, durfte der beim Saisonfinale in Brasilien klar schnellere Massa nicht gewinnen, sondern musste dem Finnen den Sieg überlassen, damit dieser die beiden McLaren von Hamilton und Alonso punktetechnisch schlagen konnte.
2008 war die Situation andersherum: Räikkönen verlor in der WM-Wertung an Boden und es wurde in Brasilien ein Finale zwischen Massa und Hamilton. Die Weltmeisterschaft beim Heim-GP zu holen wäre ein Traum gewesen. Stattdessen wurde es zu einem Albtraum: Der Brasilianer fuhr als Sieger über die Linie. Ihm wurde gesagt, er sei Weltmeister.
Doch Hamilton gewann in der letzten Kurve noch einen Platz und schnappte sich im letzten Moment den Titel zurück. Ein Sieg über den sich Massa nicht freuen konnte. Was er damals noch nicht ahnen konnte: Bis heute folgte kein weiterer Sieg!
Dann 2009 sein schwerer Unfall in Ungarn und die 2010 in Hockenheim gegebene Teamorder. Es folgte die Saison 2011 bei der zwar viele Punkteplatzierungen hervorkamen, aber kein einziger Podestplatz. Anfang 2012 standen nach einem schlechten Saisonstart Fragezeichen hinter Massas weiteren Verpflichtung. Nach konstanten Punkteplatzierungen und guter Unterstützung für Fernando Alonso für den Kampf um die Weltmeisterschaft erhielt der Brasilianer dann eine Vertragsverlängerung um ein Jahr.
Bei der blieb es dann auch: Bei Ferrari mussten Änderungen her! So kam es zur Wiederverpflichtung von Kimi Räikkönen, der gegen Massa 2008 und 2009 meist das Nachsehen hatte. Durch Maldonados Flucht von Williams war dann für Massa schließlich der Weg frei.
2014: Verpasste Chancen in Serie
Von nun an sollte alles besser werden: Ein Neuanfang, kein Nummer-2-Status! Interessanterweise hatte Williams ein durchaus konkurrenzfähiges Auto gebaut und mit dem neuen Motorenpartner Mercedes auch den besten Antriebsstrang. Die Testfahrten liefen für Williams sehr vielversprechend. Man erwartete sie sogar als zweite Kraft hinter Mercedes!
Doch dann wurde Massa wieder vom Glück verlassen: Nach einem 9. Startplatz in Melbourne wurde der Brasilianer gleich vom Caterham von Kamui Kobayashi in der ersten Kurve ins Aus befördert. Was in Australien möglich war zeigte der Teamkollege: Bottas legte eine hervorragende Performance hin, bis er mit seinem rechten Hinterreifen eine Wand touchierten und so zu einem unplanmäßigen Reifenwechsel an die Box kommen musste. Durch die deshalb ausgelöste Safety Car-Phase konnte der Finne wenigstens Schadensbegrenzung betreiben und rückte durch den Ausschluss von Daniel Ricciardo sogar noch auf Rang 5 vor.
Man muss nicht vermessen sein um zu behaupten, dass demnach sowohl für Bottas als auch für Massa eine Podiumsplatzierung realistisch gewesen wäre.
Beim folgenden Rennen in Malaysia war Williams allerdings bei Weitem nicht so leistungsfähig wie in Australien. Dennoch sah sich Massa wenige Runden vor Schluss mit einer Sache konfrontiert, die er nach seinem Abgang von Ferrari nicht mehr erwartet hatte: Teamorder.
Der Brasilianer wurde darum gebeten, Bottas vorbeizulassen, damit dieser noch Jagd auf Jenson Button machen könnte. Massa verstand den Sinn dieser Anweisung nicht und ignorierte den Befehl. Somit kamen beide Williams auf den Plätzen 7 und 8 ins Ziel.
Das Nachtrennen in Bahrain versprach wiederum eine größere Punkteausbeute: Da jedoch der Crash von Maldonado und Gutierrez zu einem für Williams ungünstigen Zeitpunkt eine Safety Car-Phase auslöste, blieb wie ein Malaysia bei einem siebten Platz für Massa gefolgt von Bottas.
Beim darauffolgenden Rennen in China sahen wir einen fantastischen Start von Felipe Massa. Der Brasilianer kam über die Innenseite hervorragend weg, wurde jedoch auf dem Weg zu Kurve 1 eingeklemmt und traf dabei den Ferrari seines Ex-Teamkollegen Fernando Alonso. Zwar wurden bei der Kollision keiner der beiden Fahrzeuge beschädigt, jedoch Massas Hoffnung auf Punkte fand auf andere Weise ein Ende: Ein missglückter Boxenstopp warf den Williams-Piloten weit zurück.
Auch in Barcelona bleib der Brasilianer punktelos, auch wenn er sich in den Top 10 qualifizieren konnte.
In Monaco gab es für Massa für glücklicherweise einmal ein Rennen ohne Probleme, bei dem er zum dritten Mal in dieser Saison 7. wurde und sechs Punkte holte. Natürlich spielten hier auch die Rück- und Ausfälle von Vettel oder Raikkönen auch eine Rolle – zumal Jules Bianchi im Marussia hinter ihm Achter wurde.
Die Chance von Montreal
Dann kam Kanada. Williams erwartete dort stärker aufzutreten als bisher und so kam es dann auch: Bereits in den Freien Trainings und in den Qualifyings-Abschnitten tauchte Massa häufiger als üblich in den vorderen Rängen auf. Vereinzelt setzte er sich sogar vor bzw. zwischen die beiden Mercedes von Lewis Hamilton und Nico Rosberg.
Die beiden Williams nahmen das Rennen schließlich von den Plätzen vier und fünf in Angriff. Sebastian Vettel konnte sich mit einer risikoreichen Überraschungsrunde knapp vor die beiden Williams setzen. In der Anfangsphase des Rennens befand sich Massa vor Ricciardo auf Platz 5 – jedoch sorgte ein missglückter Boxenstopp in Runde 16 für einen Zeitverlust, der unnötige Positionen kostete.
Zeit, die er gegen Rennende benötigt hätte. Die völlig unerwarteten Probleme bei den Mercedes machten Massa dennoch zu einem Siegkandidaten. Nach Hamiltons Ausfall und Rosbergs zweitem Stopp lag der Williams-Pilot sogar in Führung. Über Funk wurde sogar vermeldet, er könne durchfahren. Jedoch wurde doch noch ein zweiter Boxenstopp eingelegt, was Massa gegen Rennende zum schnellsten Mann des Rennens machte. Er holte Position um Position auf. Der Spitzenreiter war plötzlich in Sichtweite. Dahinter folgten noch Ricciardo, Perez und Vettel. Nachdem Vettel den Mexikaner überholen konnte wollte auch Massa folgen und es kam zum Crash.
Die Schuldfrage um den Unfall war Grund für viele Diskussion in den vergangenen beiden Wochen. Fans und Experten hatten auch keine eindeutige Meinung: Ob es nun ein Fehler von Perez, von Massa oder schlicht und einfach ein Rennunfall war – für die Rennkommissare war der Mexikaner der Schuldige. Ob es für Massa für den Sieg gereicht hätte? Ohne den missglückten Boxenstopp hätte die Situation gegen Rennende für den Williams-Piloten schon anders ausgehen gesehen. Ich sag mal theoretisch ja.
Aber ob nun Sieg oder nicht: Es gingen wieder viele Punkte flöten! Platz 4 war realistisch – damit ein Verlust von weiteren 12 Punkte. Optimistisch gerechnet könnte Massa ohne die ganzen Probleme und Pech was er hatte bei etwa 60 WM-Punkten liegen. Also etwa auf Höhe von Vettel. Und wo finden wir ihn aktuell? Auf Platz 11 mit 18 Punkten. Auch schon ein gutes Stück hinterm Teamkollegen.
Nun geht es nach Österreich, wo Williams sich auch wieder in Podiumsnähe aufhalten dürften. Vielleicht kann Massa demnächst endlich mal eine größere Menge Punkte nach Hause bringen oder bei möglichen Problemen von Hamilton und Rosberg tatsächlich mal einen Sieg holen.
Nach all den Jahren an der Seite von Fernando Alonso bei Ferrari wäre es ihm auf jeden Fall zu wünschen.