Kohlenhydrate im Hundenapf – sinnvoll oder überflüssig?

Ein sehr strittiges Thema in Sachen Hundeernährung ist die Fütterung von Kohlenhydraten. Viele meinen, die würden dem Hund nix bringen, wären überflüssig. So wird z.B. argumentiert, Kohlenhydrate wären nur Ballaststoffe und würden einfach “durchgehen”. Oder es heißt,  Kohlenhydrate seien für Hunde niemals gut (leicht) zu verdauen, allenfalls in gekochtem Zustand wären sie zum Teil verwertbar, seien aber auch dann schwer verdaulich und würden nur die Bauchspeicheldrüse belasten …

Reis im Hundefutter

Ist das so? Können Hunde Kohlenhydrate tatsächlich nicht verwerten? Kommt unten raus, was oben an Reiskörnern reingegangen ist? Sind sie nur wertlose Füllstoffe, die dem Hund überhaupt nichts bringen, außer vielleicht einen “gefühlten vollen Magen” und ein paar Ballaststoffen? …

Ich habe mal ein bisschen “rumgefragt” und nach Antworten auf diese Fragen gesucht …

Experten-Meinungen

Wissenschaftler Erik Axelsson:

Im Jahr 2013 wurden Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die sich mit den Unterschieden zwischen Wölfen und Hunden befasst hat. Der Wissenschaftler Erik Axelsson und sein Team fanden u. a. eine bisher unbekannte Unterscheidung im Erbgut von Hund und Wolf, welche ihrer Meinung nach eine sehr wichtige Rolle bei der Entwicklung zum Hund gespielt hat: Hunde können Stärke verdauen – dies ermöglichen ihnen Gene in ihrem Erbgut, welche für ein Enzym kodieren, das ihnen dies möglich macht. Die frühen Hundevorfahren und so auch unsere Hunde heute unterscheiden sich also maßgeblich von den heute lebenden Wölfen, welche fast ausschließlich Fleisch fressen.

Außerdem vermuten die Wissenschaftler, dass diese Fähigkeit, Stärke zu verdauen, eine wichtige Rolle bei der Domestizierung der Hunde spielte, denn die Sesshaftwerdung der Menschen ging mit der Erfindung des Ackerbaus einher. Da die Menschen sich nun häufiger mit stärkereichen Komponenten ernährten, hatten Tiere, welche diese verdauen konnten, entscheidende Vorteile. Die Wissenschaftler meinen, dass die Fähigkeit Stärke zu verdauen wahrscheinlich ein sehr wichtiger Schritt in der Domestikation des Hundes gewesen sei.

Hundeernährungsexperten Helmut Meyer/Jürgen Zentek:

Niemand, der sich für die Ernährung von Hunden ernsthaft interessiert, kommt an der Lektüre des Standartwerkes zur Ernährung des Hundes von Helmut Meyer und Prof. Dr. Jürgen Zentek vorbei. Das Buch wendet sich vor allem an Studierende der Veterinärmedizin und praktizierende Tierärzte, wird aber selbst in Ausbildungsgängen rund um die Ernährung von Hunden, welche eher naturheilkundlich ausgerichtet sind, als Grundlage genutzt. Im Literaturverzeichnis meiner eigenen Ausgabe, Auflage 2013, findet sich sogar schon ein Hinweis auf die Studie von Erik Axelsson.

Das Buch sagt u. a. aus zum Thema Kohlenhydrate:

Hunde benötigen, wie alle Lebewesen, Energie zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur und für viele weitere Körperfunktionen, wie z.B. Atmung, Kreislauf, Verdauung, Bewegung und einiges mehr. Hauptenergielieferanten sind beim Hund Fett und Kohlenhydrate …

“Der ausgewachsene Hund verfügt, wie Enzymbestimmungen und praktische Erfahrung zeigen, über eine hohe Kapazität für den Abbau von Stärke und ihre Teilstücke.”

Getreidestärken (Stärke = Form von Kohlenhydraten) mit einer kleinen Körnung, wie z.B. Hafer, können von der α-Amylase gut “angegriffen” werden, größere Stärkegranula, wie z.B. Kartoffeln müssen durch mechanische Behandlung oder auch Erhitzung entsprechend verändert werden, um die Zerlegung möglich zu machen. Entsprechend sind z.B. Haferflocken als gut verdaulich für Hunde eingestuft.

Bis zu 2/3 des gesamten Energiebedarfs kann der Hund über Stärke decken. Allerdings wird durch die Fütterung von Stärke die Verdaulichkeit der Proteine herabgesetzt. So wird die Verdaulichkeit der Proteine durch gut verdauliche Stärken wie z.B. Haferflocken oder auch Reis um 5% herabgesetzt, durch schwer verdauliche Stärke sogar um 20%. Hierdurch wird die Proteinverdauung teilweise vom Dünndarm in den Dickdarm verlagert. Dies kann sich zum einen natürlich auf die Nährstoffaufnahme, welche im Dünndarm stattfindet, negativ auswirken, zum anderen werden Leber und Organismus durch vermehrte Abbauprodukte (z.B. Ammoniak) stärker belastet.

Hundeernährungsexpertin Dr. med. vet. Julia Fritz

Dr. Julia Fritz ist Fachtierärztin für Tierernährung, Diplomate des European College of Veterinary and Comparative Nutrition und hat sich auch im Bereich der Homöopathie weitergebildet. Sie bezeichnet die Meinung, Hunde könnten Getreide, also Stärke, nicht verwerten, als einen Mythos. Auch sie sagt, dass die Verdaulichkeit von Stärke zwar davon abhängt, wie die Quelle (also z.B. Getreide, Kartoffeln, etc.) vor der Verfütterung verarbeitet wurde, dass jedoch die Aussage, Hunde könnten diese nicht verwerten, schlicht nicht stimmt. So haben Hafer und Mais, besonders als Flocken, eine sehr hohe Verdaulichkeit.

Besonders, wenn Hunde Probleme haben ihr Gewicht zu halten, also zu dünn sind, empfiehlt Dr. Fritz die Zufütterung von Kohlenhydraten. Auch wenn Hunde durch einen hohen Fleischanteil zu Verdauungsproblemen neigen, kann die Zufütterung von Kohlenhydraten Abhilfe schaffen. Eine Kohlenhydratarme Ernährung kann sogar zu einer Vorstufe der Diabetes führen, der sogenannten Prä-Diabestes, hervorgerufen durch zu wenig Glukose (Baustein von Kohlenhydraten) im Blut, also einen niedrigen Blutzuckerspiegel.

Swanie Simon

Jeder, der seinen Hund barft, hat den Namen schon einmal gehört. Swanie Simon ist ebenfalls eine Expertin auf dem Gebiet der Hundeernährung und hat die Fütterung nach dem BARF-Konzept nach Deutschland gebracht. Vor allem unter vielen Barfern ist die Fütterung von Getreide, also Kohlenhydraten, sehr umstritten. Swanie Simon vertritt aber die Meinung, dass Hunde Getreide zwar nicht essentiell benötigen, es jedoch in adäquaten Mengen durchaus verwerten können. Sie sagt, Kohlenhydrate liefern schnelle Energie und können für Leistungshunde von Bedeutung sein.

Günther Bloch

In seiner bekannten Feldstudie in Italien, dem Tuscany Dog Projekt, fand er heraus, dass Hunde eine Versorgung durch Menschen mit typischer Hausmannskost, bestehend aus Nudeln, Pizza und ähnlichem, deutlich dem selber Jagen vorziehen. Daraus kann man zwar nicht ableiten, dass Hunde Kohlenhydrate gut verwerten können. Trotzdem denke ich, dass dieses Verhalten auch einen deutlichen Hinweis auf die Verdaulichkeit zulässt, denn Hunde (vor allem freilebende!) verfügen im Gegensatz zu uns Menschen über weitaus ursprünglichere und naturbelassene Instinkte. Passend zu diesem Verhalten wurde das Buch zum Projekt dann auch die Pizza-Hunde genannt.

Hunde Getreide

Die Geschichte

Schon mal von Hundebrot gehört? In der Geschichte unserer Haushunde, die mindestens schon 15.000 Jahre andauert, war die Fütterung von Getreide keine Seltenheit, sondern teilweise sogar die fast einzige Nahrungsquelle. In der Antike wurden Arbeitshunde mit Weizen-, Dinkel- oder Gerstenbrot gefüttert, das in Stücke zerlegt oder mit Molke abgekocht wurde. Es gab sogar ein spezielles Hundebrot, das aus den Abfällen der Mühlen hergestellt wurde. Fleisch stand z. B. in dem Ruf, den Geruchssinn der Jagdhunde zu verderben, weshalb viele dieser Gebrauchshunde gar kein Fleisch bekamen. Auch im Mittelalter erhielten Hunde eher selten Fleisch. Getreide war das vorherrschende Nahrungsmittel, weshalb auch Hunde damit ernährt wurden. Klassisches Hundefutter war die sogenannte Schlampe, ein Brei aus Wasser und Brot.

Hans-Ulrich Grimm

Neueren Datums ist eine Vorgehensweise, über die Hans-Ulrich Grimm in seinem bekannten Buch Katzen würden Mäuse kaufen berichtet. Er erzählt von einem Schäferhund, welcher schon im Alter von 7 Monaten an HD erkrankt war und deshalb quasi abgeschrieben auf einem Bauernhof landete. Dort wurde er mehr oder weniger aus dem Schweinetrog ernährt, was wohl im Zusammenhang mit dem Geiz des Bauern stand. Nach etwa anderthalb Jahren war der Hund in einem prächtigen Zustand, keine Spur mehr von Gelenkserkrankungen. Wir können wohl unterstellen, dass der Hund aus dem Schweinetrog mit ziemlicher Sicherheit auch einen nicht geringen Anteil an Kohlenhydraten/Getreide gefressen hat. Trotzdem bewirkte seine Ernährung nicht nur dass er gesund blieb, sondern sogar dass er gesund wurde.

Wie läuft das jetzt mit den Kohlenhydraten?

In vereinfachter Form: Da der Speichel und der Magensaft keine Enzyme enthalten, welche Kohlenhydrate aufspalten können, beginnt die Verdauung der Kohlenhydrate im Dünndarm. Hier werden die Kohlenhydrate durch Pankreas – und Darmenzyme (vor allem α-Amylasen) in Monosaccharide zerlegt, dies sind im Wesentlichen Glukose, Fruktose und Galaktose. Glukose ist ein wichtiger Energielieferant des Körpers, das Gehirn z.B. ist in seinen Funktionen auf Glukose angewiesen. Ein Teil wird in der Leber gespeichert und bei niedrigem Blutzuckerspiegel ins Blut abgegeben.

Fazit

Braucht man jetzt noch ein Fazit? Ich finde die Botschaft ist recht eindeutig: Ja, Hunde können Kohlenhydrate verwerten. Wenn sie das nicht könnten, gäbe es wohl heute keine Hunde mehr, sie wären ausgestorben. Natürlich sollte man bedenken, dass ein hoher Anteil zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Auch die Qualität ist entscheidend und in welcher Form sie verfüttert werden. Trotzdem können Kohlenhydraten den Speiseplan durchaus aufwerten und im Hinblick auf die wertvolle und teure Komponente Fleisch gute Dienste leisten.

Quellen:


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