Eigentlich hat die Schweizerin Anna Pearson ja Design studiert. Aber wie das so ist – die Leidenschaft für’s Kochen, die hat sich lautstark gemeldet und wollte gelebt werden. Und so kam es, dass sie nach dem Studium ein Praktikum im Restaurant ihrer Tante machte, und dann, zurück in Zürich, in verschiedenen Küchen arbeitete. Und gleichzeitig einen Supperclub ins Leben rief. A tavola, so hieß der Supperclub, bei dem sie zusammen mit ihrer Schwester Catherine Gäste bewirtete – und, wie ich stark vermute, glücklich machte.
Aus dem Supperclub ist dieses Buch entstanden – im Eigenverlag, finanziert duch Crowdfunding. Die erste Auflage erschien nur in der Schweiz, mitfinanziert zum Beispiel von Andi. Die erste Auflage wurde verkauft. Nun gibt es die zweite.
Und ich, ich fange mal von außen an, das mache ich ja gerne. Also, das ist ein BUCH. Ein richtiges. Fadenbindung, Leineneinband, Lesezeichen. Ach, wenn es doch nur mehr davon gäbe. Richtige Bücher – und damit meine ich nicht nur Kochbücher. Gut, nun wisst Ihr alle, dass ich eine Schwäche für Bücher mit Leineneinband habe. Sonst ist auch alles schön: griffiges Papier, ruhiges, übersichtliches Layout, viele wunderbare Fotos. Genau, die Fotos: da gibt es Foodfotos – auf denen sieht man Essen. Gekonnt in Szene gesetzt, aber auf keinen Fall so überinszeniert, wie das derzeit leider gerade schick ist. Fotos der Autorinnen, von Produkten und ihren Produzenten….wirlich schön. Ein kleines Wermutströpfchen gibt es…der aufgeklebte rote Kreis auf dem Cover, der wollte sich bei meinem Exemplar recht schnell ablösen; man sieht es auf dem Foto.
Gut, zum Inhalt. Der gliedert sich in 12 Kapitel – für jeden Monat des Jahres eines. Und jedes Kapitel steht unter einem Motto: im Januar ist es das Federvieh, im August geht es um den Sommergarten, im Dezember um 1001 Nacht. Die Rezepte spiegeln wieder, was in den jeweiligen Supperclubs auf den Tisch kam, sie sind saisonal – und auch regional, was für Nichtschweizer manchmal eine gewisse Einschränkung bedeutet. Mit der kann man aber gut leben, dazu gleich mehr.
Ich habe da noch einige Klebezettel in meinem Exemplar…das Dulce de Leche Eis möchte ich noch machen und den grünen Gazpacho. Den in Cidre geschmorten Schweinebauch will ich probieren, die Marroni-Lasagne mit Rehsugo und die Käseküchlein mit Balsamico-Zwiebeln auch.
Die Rezepte sind sehr gut strukturiert: Links eine übersichtliche Zutatenliste, daneben die Zubereitungsanleitung. Auf die Anleitung kann man sich verlassen. Es gibt zwei Register: in dem einen werden die Menüs mit ihren Gerichten nach Monaten geordnet vorgestellt, das andere ist nach der Menüfolge (also Apero, Vorspeise, Hauptgang usw.) geordnet und da zusätzlich nach Zutatengruppen, (also Fleisch, Gemüse usw). Was mir ein wenig fehlt, ist ein nach Zutaten geordnetes Register.
Aber das Buch enthält nicht nur Rezepte – es ist zum einen sehr persönlich geschrieben: zu jedem Kapitel gibt es eine Einleitung. Da gibt es einen kulinarischen Reisebericht aus Sizilien, Erinnerungen an die jährlichen Truthahnorgien zu Thankgiving oder Überlegungen zm Fleisschkonsum. Es macht Spaß, diese Kapitel zu lesen. Und dann werden noch Lebensmittelproduzenten vorgestellt – Holzen Fleisch zum Beispiel, oder die Obstdörrerei Lemmenschwil. Die Produkte der vorgestellten Produzenten werden auch in den Rezepten verwendet; am Ende des Buches sind die Bezugsquellen angegeben. Wenn man nicht in der Schweiz wohnt, dann muss man halt auf Alternativen zurückgreifen.
Die Pasta mit Pesto Trapanese ist ein schönes, sommerlich leichtes Essen: das Pesto auf der Basis von gerösteten Mandeln und frischen Tomaten ist schön aromatisch, rasch gemacht und genau das Richtige an einem heißen Tag.
In den Kapiteln des Buches sind einige Grundrezepte versteckt – unter anderem eines für das perfekte Risotto. Abgewandelt wird das Rezept zu Safranrisotto mit Spinat. Der Spinat war bei mir Mangold, der war eben in der Gemüsekiste. Das Rezept hat wunderbar funktioniert – das Risotto war, wie es sein soll. Und mit der richtigen Menge Safran – nicht zu geizig, aber auch nicht zu viel.
Noch ein Grundrezept gibt es für Brot; ein einfaches Hefebrot mit langer Gare. Dazu gibt es eine Variante, die ich ausprobiert habe. In das Marroni-Brot kommt etwas Kastanienmehl und außerdem gegarte Kastanien. Das Brot backt sich quasi nebenbei, ist luftig und aromatisch.
Buletten, Fleischpflanzerl…oder in der Schweiz…Hacktätschli, man freut sich hier immer, wenn ich welche auf den Tisch bringe. Diese hier sind etwas Besonderes: sie enthalten drei verschiedene Sorten Fleisch vom Schwein, und zwar Schulter, Bauch und Herz. Die haben gut gefallen – aromatisch und saftig wie sie sind.
Kartoffelgratin ist ein wenig mein Angstgegner – schon zu oft habe ich nach langer Garzeit halbgare Kartoffeln in flüssiger Brühe aus dem Ofen gezogen. Nicht so bei diesem Rezept – das Gratin war perfekt. Mache ich jetzt immer so.
Der Rote-Bete-Orangensalat mit Pistazienpesto war auch schön. Rote Bete mag ich sowieso, und in Kombination mit Orangen gefallen sie mir gleich noch besser. Das Pistazienpesto mit Minze und Petersilie hat nicht nur ein tolles Aroma, sondern gibt dem Salat auch noch Biss.
Fazit? Ich mag dieses Buch sehr. Nicht nur, weil es ein schönes Buch mit abwechslungsreichen, gut funktionierenden Rezepten ist. Sondern auch, weil man “zu Tisch.” anmerkt, dass es mit Freude und Leidenschaft für das Kochen, das Essen und das Gäste Bewirten gemacht wurde.
Das Buch kostet 55,- €. Bestellen kann man es direkt hier.