Kochbuchrezension: Hildegard von Bingen - Einfach kochen 2

Kochbuchrezension: Hildegard von Bingen - Einfach kochen 2
Selten hat ein (Koch-)Buch bei mir so viel zustimmendes Nicken und doch auch gleichzeitiges verständnisloses Kopfschütteln hervorgerufen!Ich muss gestehen, das Thema "Hildegard von Bingen" war mir bis vor kurzem recht fremd. Klar, man weiß, das sie als Heilige gilt in der katholischen Kirche und das sie Lehren verbreitet hat, die noch heute wohl eine große Anhängerschaft haben, aber was es genau damit auf sich hat, hätte ich nicht sagen können.Da ich mich ja im Bereich Kochen & Ernährung gerne informiere und mich auch gerne von fremden und unbekannten Themen überzeuge lasse, war diese Rezension natürlich sehr reizvoll.Im Tyrolia Verlag erschien nun also das Kochbuch "Hildegard von Bingen - einfach kochen 2", geschrieben von Brigitte Pregrenzer und Brigitte Schmidle, und als es bei mir eintraf war ich sehr neugierig, was mich nun erwarten würde.Das Buch hat einen Hardcover-Einband mit Spiralbindung und beginntmit einer Einleitung der Autorinnen, die darauf hinweist, das dieses Buch auch für Anfänger im Bereich Hildegard von Bingen geeignet wäre. Fand ich sehr gut, da das Thema ja schließlich Neuland für mich war. Weiterhin wird darauf eingegangen, das die Zubereitung und die Qualität sowie die Wirksamkeiten der verwendeten Zutaten maßgeblich sind für unser Wohlbefinden. Die vorgegebenen Rezepte sollten eher Inspiration und Anregungen darstellen und Freude am Zubereiten hervor rufen.Bis dahin fand alles noch mein zustimmendes Nicken und sorgte für mein weiter lesen. Bin ich doch auch der Meinung, das man sich nicht immer strikt an Rezepte halten soll :-) Leser meiner "Hexenküche" wissen, das ich es liebe Rezepte nach eigenem Gusto zu verändern :-)Weiter geht es mit einer Doppelseite zum Thema "Kleine Helferlein mit großer Wirkung" - eine Auflistung von ein paar typischen Küchenutensilien, die meiner Meinung nach, nicht unbedingt erwähnt werden müssen.Dann ging es endlich los: "Ernährung nach Hildegard von Bingen" - es wird zunächst kurz umrissen, was die Ernährungslehre von Hildegard von Bingen ausmacht.Hier möchte ich kurz einwerfen, das ich erst einmal gegoogelt habe, um mehr über Hildegard von Bingen zu erfahren.Sie lebte im 12. Jahrhundert und war für die damalige Zeit eine der bedeutendsten Frauen im religiösen wie auch im naturwissenschaftlichem Sinne. Ihre Werke befassen sich mit Religion, Medizin, Musik, Ethik und Kosmologie. Demnach ist es auch nicht verwunderlich, das sich ihre Ernährungslehre mit einer sogenannten "Ganzheit" befassen, die sich aus 3 Ebenen zusammensetzt: Subtilität (Wirkungsweise von Lebensmitteln auf unser Wohlbefinden), Discretio (das rechte Maß zu finden beim Essen) und die Seele (Zusammenhang von Nahrung und ihre Auswirkungen auf unser Gemüt).Wenn ich ehrlich bin, dann stimmte ich an dieser Stelle noch stellenweise zu! In den vergangenen Jahren habe ich mich ausgiebig mit dem Thema Ernährung befasst (nicht zuletzt wegen meiner Kinder) und durch viel Recherche und auch durch ausprobieren bin ich zu dem Entschluss gekommen, das die ganzen Thesen und immer wieder wechselnden Ernährungslehren völliger Quatsch sind! Ob in dem einen Jahr Vollkorn hoch gepriesen wird, in dem anderen Jahr Bio hochgelobt und empfohlen wird oder ob man bestimmte Fleischsorten meiden soll - für mich alles Dummzeug! Das Problem was ich sehe ist, das sich die Leute viel zu sehr von den Medien "erziehen" und vorschreiben lassen was gesund ist und was nicht! Bei uns zuhause wird gegessen was schmeckt und wir verlassen uns da eher auf das innere Gefühl (dennoch kann ich behaupten, das wir sehr ausgewogen und gesund essen!). Und genau das dachte ich zunächst bei Hildegard von Bingen, versuchte sie auch zu lehren: "Subtilität ist gut spürbar, wenn man bereit ist, sich wieder auf sich selbst zu verlassen und seinen Gefühlen und seinem Wohlbefinden zu vertrauen".Ich interessiere mich schon seit Jahren für das Thema Esotherik und vieles, was ich in diesem Buch gelesen habe, erinnerte mich an das Thema Hexen! Hildegard hatte wohl Glück, denn zu einem späteren Zeitpunkt in der Geschichte wäre sie sicherlich als Hexe verfolgt worden! :-) Wer sich mit dem Thema Hexen je ernsthaft befasst hat, wird mir sicher zustimmen, das Hildegard von Bingen genau diesem Bild entsprach. Hexen waren im Prinzip nichts anderes als frühzeitige Naturwissenschaftlerinnen, die sehr große Kenntnisse von Natur und besonders von Pflanzen/Kräutern hatten und diese geschickt einzusetzen wussten. Auch bei den Hexen war es damals wichtig im Einklang mit der Natur zu leben und die Natur zu beobachten und somit einen gesamtheitlichen Kreislauf zu sehen.Weiter im Buch ging es dann mit den Themen "Wie ernähre ich mich richtig", wobei Bezug genommen wird auf die Auswahl (Menge und saisonale Produkte) und auch auf die Art der Produkte und das eigene Verhalten.Nun ja, bis dahin konnte ich ja wie gesagt noch zustimmen und mir gefiel der Einstieg recht gut.Aber dann ging es ins Detail und nun folgte mein verständnisloses Kopfschütteln :-)Es folgte dann "Typisches, Besonderes und Bedenkendes" und nun ging es los - es folgten keine Empfehlungen, sondern (zumindest habe ich es so empfunden) knallharte Regeln, die in der heutigen Zeit sicher keine Bestätigung finden. Hildegard von Bingen sei entschuldigt dadurch, das es zu ihrer Zeit zu einigen Nahrungsmitteln noch keine besseren Kenntnisse gab. Eine andere Erklärung fällt mir nicht ein!Bei ihr steht z.B. Dinkel an oberster Stelle und sie empfiehlt zu jedem Mittag- oder Abendessen Dinkel (in Form von Nudeln, Reis, Flocken etc) auf den Tisch zu bringen. Roggen sollte lediglich von "kräftigen und korpulenten Menschen gegessen werden" (wegen ihrer besseren Verdauung) und so weiter :-) Ich sage mal, Hildegard mag ein wenig Recht behalten insofern, das Roggen schlecht verdaulich ist. Allerdings schien sie damals noch keinen Sauerteig zu kennen :-) Heute weiß man, das man Roggen mit Sauerteig verbacken muss damit er leichter verdaulich wird! Da ich selber seit Jahren Brote backe, habe ich mich natürlich ausgiebig mit diesem Thema beschäftigt! Auch Brote aus anderen Mehlsorten werden durch Sauerteig leichter verdaulich.
Aber das war noch nicht alles :-) Hildegard schreibt auch Obst und Gemüse, Fleisch und Geflügelsorten vor und "verbietet" förmlich Zutaten, die heute als überaus gesund gelten wie z.B. Kartoffeln, Tomaten, Erdbeeren, Pfirsiche, Lauch, Chicoree...Nun wurde es mir wirklich zu bunt und vor allem unwissenschaftlich :-) Nachfolgend gab es dann endlich Rezepte und auch hier wiederholte sich die Hildegard-Lehre. Einfach kochen 2 bezieht sich also auf eine stark eingeschränkte Nahrungsmittelauswahl und weniger auf die einfache Zubereitung von Speisen gepaart mit Halbweisheiten, die wohl auf die damaligen Unkenntnisse rückschliessen lassen.
Bei den Rezepten selber findet man eine recht große Auswahl an Themen, angefangen mit "Geschickte Vorratshaltung", "Salate und kalte Vorspeisen", "Aufstriche, Dips und Sonstiges", "Suppen und warme Vorspeisen", "Vegetarische Gerichte und Gemüse", "Fisch und Fleisch", Desserts, Kuchen und Süßes", "Brote und Teige", "Getränke" und "Frühstück, Jause und Knabbereien". Auch die eingefügten Fotografien sind optisch nett und sehr ansprechend.
Kochbuchrezension: Hildegard von Bingen - Einfach kochen 2
Ehrlich gesagt, von den Rezepten hat mich nicht ein einziges gereizt bzw. wenn es etwas interessantes gab, dann war es für mich nichts neues. Das für mich interessanteste Thema war die Rubrik Getränke, da ich dort einige nette Likörrezepte gelesen habe, aber diese findet man auch woanders.Anmerken möchte ich noch, das es im Buch auch einige "merkwürdige" Gewürze und auch Kräuter gibt wie z.B. Galgant oder auch Bertram, die auffallend häufig verwendet werden. Ich kannte sie bis dato überhaupt nicht (und ich behaupte mal frech, das ich eigentlich sehr bewandert bin im Bereich Kräuter & Gewürze). Nun ja, nach dem ich etwas gegoogelt hatte kam ich schnell darauf, das z.B. Galgant nichts anderes als ein Ersatz für Pfeffer sein soll (halt näher bezeichnet als Scharfmacher). Beim Googlen stößt man sehr schnell auf den Hildegard von Bingen Onlineshop, wo man dann diese merkwürdig klingenden Gewürze und Kräuter selbstverständlich erhält :-)
Mein Fazit:Eine interessante Erfahrung, aber meine Empfehlung findet dieses Buch nicht! Es ist sicher interessant für Hildegard von Bingen Anhänger, die ihre Lehren leben wollen ohne nachzudenken oder zu hinterfragen. Eine gesunde und vor allem ausgewogene Ernährung sieht für mich doch etwas anders aus... :-)
Wer sich aber für dieses Buch interessiert, der kann es sich beim Tyrolia Verlag für den Preis von € 19,95 bestellen unter der ISBN: 978-3-7022-3154-5.

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