Kochbuchrezension: Cicchetti * Lindy Wildsmith, Valentina Sforza

Von Magentratzerl

So, da wäre ich wieder. Noch etwas einarmig, aber auch das wird sich ändern. Hier gibt es grade eher einfache Kost, aber das heißt nicht, dass Ihr Ruhe vor mir habt. Tatsächlich ist es, dass ich noch einiges in der Warteschleife habe – einige Sachen, die gekocht oder gebacken, für gut befunden und aufgeschrieben wurden und der Veröffentlichung harren. Und natürlich Rezensionen. Und damit fange ich direkt mal an:

Tapas kennt man ja. Mezze auch. Aber wusstet Ihr, dass es auch in Italien eine Kultur der Kleinigkeiten gibt? Ich muss gestehen, mir war das komplett neu. Cicchetti nennt man die Kleinigkeiten, die zum Wein oder Aperitif serviert werden,  in Venedig, im restlichen Italien spricht man von stuzzichini.

Ein kurzes Wort zu den Autorinnen: Lindy Wildsmith ist eine britische Köchin und Food Writer (gibt es dafür eigentlich ein vernünftiges deutsches Wort? Und wie sagt man dann auf Deutsch? Food Writerin?). Einer ihrer Schwerpunkte liegt auf der italienischen Küche. Die in Italien geborene Valentina Sforza kenne ich eher unter dem Namen Valentina Harris – von ihr habe ich ein Risotto-Kochbuch, das in diesem Punkt tatsächlich meine Bibel ist :-)

Fangen wir außen an? Das ist ein schönes Buch. Wunderbare Food-Fotos, schön arrangiert, aber dennoch mit einem deutlichen Fokus auf dem Essen und nicht auf der Deko. Schöne Landschaftsfotos führen dazu, dass man am liebsten gleich die Koffer packen möchte. Übersichtliches Layout, in gedeckten Farben hinterlegte Seiten, glänzendes Papier. Es macht Spaß, in dem Buch zu stöbern.

Nach einer kurzen Einführung beginnen die Rezepte mit den venezianischen cicchetti. Geordnet sind die Kapitel nach Zutaten – Fisch, Eier, Wurst und Käse, Gemüse, Fleisch. Benannt sind diese Kapitel nach den Institutionen in Venedig, in denen es die entsprechenden Leckereien zu kaufen gibt: La Pescheria für den Fisch, L’Erberia für Obst und Gemüse…..Die Rezepte sind sehr vielfältig. Von Miesmuschelgratin und Stockfisch auf jüdische Art über über Crostini mit Wachteleiern und mit Käse gefüllten, frittierten Polentastreifen bis zu Auberginenplätzchen oder mit Gorgonzola überbackenem Radiccio findet sich für jede Gelegenheit etwas Passendes. Ein Kapitel mit Drinks wie Negroni, verschiedene Spritz oder Prosecco mit Wodka und Zitronensorbet gibt es auch.

Nach den Cicchetti kommen die Kleinigkeiten aus dem restlichen Italien – die stuzzicchini. Hier sind die Rezepte nach Regionen strukturiert. Jede Region, ihre Produkte und Essgewohnheiten wird kurz vorgestellt. Danach gibt es zu jeder Gegend ein paar typische Rezepte: Mit Kakao bestäubte Perlzwiebeln aus den Abbruzzen, gebratene schwarze Oliven aus Kalabrien, Minicalzoni aus Kampanien, Fleischplätzchen in Zitronenblättern aus Sizilien….es gibt viel zu entdecken.

Es gibt viele Rezepte in dem Buch. Ich habe an der Oberfläche gekratzt und ein paar ausprobiert:

Ich habe ja oft genug erwähnt, dass salziges Knabbergebäck hier hoch im Kurz steht. Die Parmesanplätzchen waren Proviant für einen Ausflug – und im Nu weggefuttert. Die Plätzchen sind gut gewürzt mit etwas Thymian, Chili und Knoblauch. Einfach zu machen sind sie auch; sie werden einfach von der Rolle geschnitten. Direkt nach dem Kneten des Teiges konnte ich sie aber nicht schneiden. Anders als im Rezept angegeben, mussten sie erst zum Festwerden in den Kühlschrank.

Die Kartoffel-Foccacia besteht tatsächlich größtenteils aus Kartoffeln. Zusammen mit ein wenig Mehl entsteht ein Hefeteig, der wie eine klassische Foccacia auch auf dem Blech gebacken und mit Meersalz und Olivenöl verfeinert wird. Ein schöner Snack, vor allem zusammen mit einer guten italienischen Salami. Knusprig, so wie es im Rezept steht, wurde die Foccacia bei mir allerdings nicht. Im Rezept fehlt außerdem die Angabe bei welcher Temperatur die Foccacia gebacken werden soll.

Grüner Spargel mit Gorgonzola-Dipp – diese Idee kommt aus der Lombardei, in der beide Produkte zuhause sind. Das ganze ist rasch gemacht und eine wunderbare Vorspeise.

Die Pitta di ricotta, eine Ricottapizza aus Kalabrien mit ihrer cremigen und doch würzigen Füllung aus Ricotta, Soppressata, harten Eiern und Chiliflocken stieß auf allgemeinen Zuspruch. In kleinen Tortenstückchen serviert, eignet sie sich auch sehr gut für ein Buffet. Das Rezept bot gleichzeitig Gelegenheit, das Pizzateig-Grundrezept auszuprobieren. Das war in Ordnung – aber es ist noch Luft nach oben :-) .

Risi e bisi, also Risotto mit Erbsen, das war eines meiner Lieblingsrezepte als Kind. Der Name klang für mich damals nachgerade exotisch, und so habe ich die Gelegenheit genutzt, das Gericht nach langer Zeit mal wieder auf den Tisch zu bringen. Eine klassische Kleinigkeit ist das Risotto nicht – aber in Tassen serviert, geht es als solche durch.

Es  wird viel frittiert in diesem Buch. Einmal zumindest musste ich also die Fritteuse herausholen. Ravioli fritti gab es, Teigtaschen aus Hefeteig mit einer würzigen Hackfleischfüllung. Die haben uns gut geschmeckt. Allerdings war die Teigmenge aus mehr als einem Kilo Mehl viel zu groß für die Menge an Füllung.

Fazit? Mir gefällt dieses Buch sehr gut. Das liegt zum einen an der schieren Vielfalt der Rezepte. Zum anderen auch daran, dass ich vieles entdeckt habe, was ich noch nicht kannte. Nicht nur in den Rezepten, auch in den vielen kleinen Artikeln zur italienischen Küche gibt es Spannendes zu entdecken. Allerdings sollte man etwas Kocherfahrung mitbringen, denn ein wenig Mitdenken ist schon angebracht bei den Rezepten.

  • Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
  • Verlag: Verlagshaus Jacoby & Stuart GmbH
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3942787505
  • 19,95