Die türkische Küche mag ich sehr. Ich schätze vor allem ihre Einfachheit, die aus frischen Zutaten das Beste herausholt. Mittlerweile bin ich wohl nicht mehr alleine mit meinem Faible – die türkische Küche ist auf dem Vormarsch. Man merkt es schon daran, dass diesen Herbst zwei Bücher erschienen sind, die den Namen “Istanbul” im Titel tragen. Beide Bücher werde ich Euch diese Woche vorstellen.
Den Anfang macht “The Taste of Istanbul”, eine Eigenproduktion des Fackelträger-Verlages – will sagen, einen einzelnen Autor sucht man vergebens. Das ist hier nicht weiter schlimm. Schade finde ich aber, dass man so gar nichts zur Entstehungsgeschichte des Buches erfährt. Rezepte und Erklärungen wirken authentisch und kenntnisreich; es wäre einfach interessant, zu wissen, woher die Ideen und Rezepte kommen.
Fangen wir mal mit den Äußerlichkeiten an: das Layout ist hell und übersichtlich. Es gibt sehr viele Fotos – nicht nur von der Gerichten, auch von der Stadt Istanbul, von ihren Bewohnern und Märkten. Die Fotos wirken natürlich – nichts wirkt übermäßig gestylt. Das gefällt mir.
Was den Inhalt angeht, habe ich zunächst kurz gestutzt. “The Taste of Istanbul” – da hatte ich eigentlich ein Buch erwartet, dass sich mit regionalen Spezialitäten aus Istanbul befasst. Ein erstes Durchblättern ergab….gesamttürkisches Essen. Aufklärung brachte das Vorwort: demnach finden sich die regionalen türkischen Spezialtitäten alle in Istanbul wieder, weil die Menschen, die aus dem gesamten Land zugewandert sind, ihre Essgewohnheiten mitgebracht haben.
Und was gibt es zu essen? Zur Einstimmung erstmal Mezze. Verschiedene Dipps, gefüllte Fleischbällchen, Börek. Dann kommt ein Kapitel mit Streetfood. Das beginnt mit türkischem Frühstück und mit ein paar Worten zu Getränken, gefolgt von Döner, Fischbrötchen, oder eingelegtem Gemüse. Danach kann man eine Suppe brauchen oder einen Salat: Omelett mit Honig zum Beispiel, Zucchinipuffer, Orangensalat oder eine Linsensuppe. Im Gebäck-Teil gibt es Rezepte für alltägliches Brot und Sesam-Kringel, Lahmacun, verschiedene Böreks. Auch das Gemüsekapitel wartet mit Klassikern auf: wir finden grüne Bohnen in Olivenöl oder in Tomate, verschiedene gefüllte Weinblätter und anderes gefülltes Gemüse. Fleisch gibt es auch Iskender Kebap und andere Kebaps, eine Gewürzmischung für Köfte, Aprikosenhuhn und einiges andere warten darauf, ausprobiert zu werden. Obwohl Istanbul ja am Meer liegt und sicherlich aus dem Vollen schöpfen kann, was Fisch angeht, gibt es eher weniger Fischgerichte im Buch: Garnelenschmortopf, Fischköfte, ein Ragout vom Blaufisch. Ausführlicher wird es wieder bei den Süßspeisen. Da können wir in Baklava schwelgen, Safran-Reis-Pudding genießen, Yoghurtkuchen oder Künefe backen.
Die Rezepte sind gut strukturiert und funktionieren. Die Rezepttitel sind zweisprachig, und viele Standardzutaten in den Rezepten sind türkisch – man kann dann hinten hinten in der Vokabelliste nachschauen, was süzme yogurt, beyaz peynir oder tatli toz biber sind: (alles bei mir übrigens nicht ganz richtig geschrieben, mir fehlen da gewissen Tastaturkürzel ) . Wenn das Türkisch etwas holpert, muss man recht oft nachschlagen, es wäre praktischer, wenn die deutschen Begriffe daneben stehen würden.
Käse ist etwas, das hier immer ankommt. Der Käseschmortopf wird aus einer Mischung von weißem Käse und dem türkischen Schmelzkäse Kasar (denkt euch ein Häkchen unter dem “s”) gemacht. Das wird mit Paprika gewürzt und wandert in den Ofen. Der Käse ist zwar nicht so schön geschmolzen wie auf dem Foto im Buch, aber geschmeckt hat uns die Sache trotzdem – das Gericht gab einen schönen, schnell gemachten Imbiss zur Mittagszeit ab.
Die Knoblauch-Köfte in Tomatensauce waren ein nettes Essen – Hackbällchen auf türkisch mit einer schönen Knoblauch-Note. Irritiert hat mich nur die Einführung zum Rezept – da ist ausführlichst von Bulgur-Pilaw die Rede, den man als Beilage servieren soll. Nur ein Rezept für den Pilaw, das findet man im Buch nicht.
Der Linseneintopf mit Sucuk ist ein recht einfaches Gericht, das an einem Winterabend Spaß macht: Die Linsen werden vorgegart, dann mit etwas Gemüse und Tomaten gargekocht, in eine Auflaufform geschichtet und zusammen mit Eiern im Ofen gebacken. Dank süßem und scharfem Paprika, Zimt und Lorbeer sind die Linsen schön aromatisch. Die Wurst wird dazu serviert.
Tomaten mag ich, Tahin auch. Tomatensalat mit Tahin konnte ich mir nicht so recht vorstellen, folglich musste ich das ausprobieren. Es wäre ein Fehler gewesen, wenn ich es nicht getan hätte, denn die beiden passen gut zusammen: Die Tomaten werden in Scheiben geschnitten und mit Frühlingsszwiebeln bestreut, darüber kommt eine cremige Sauce aus Tahin, etwas Wasser und Knoblauch übergossen. Da passt tatsächlich alles: der cremige, nussige Tahin, die knackigen Frühlingsszwiebeln, die leichte Säure der Tomaten. So mache ich das jetzt öfter.
Reispilaw mit Kichererbsen: Kichererbsen und Reis werden zusammen mit einer angedünsteten Zwiebel in Brühe gekocht. die Autoren erzählen, dass dies in Instanbul als eigenständiges Gericht gilt. Es gibt spezielle Läden, in denen man solche Gerichte kaufen kann, die pilavci. Vorgeschlagen wird es dann dennoch als Beilage . Wie auch immer – ich esse gerne solche Reisgerichte, und auch dieses hier hat gut geschmeckt.
Beim Hähnchenschmortopf mit Okra hatte ich ein wenig Bedenken: es wird Hühnchenbrust verwendet, und die schmort dann doch recht lange. Meine Bedenken waren nicht begründet, das Fleisch nicht allzu trocken. Zusammen mit Okra und Tomate gab das alles einen würzigen Eintopf. Trotzdem: für noch mehr Würze und eine noch bessere Fleischkonsistenz würde ich beim nächsten Mal entbeinte Hühnchenschenkel nehmen.
Mit dem “Sebarsch en papillotte” ist ein neues Gewürz in meine Küche eingezogen – Mastix nämlich, das Harz des Pistazienbaumes. Das Harz würzt den Fisch, der mit einer würzigen Tomatensauce überzogen und im Päckchen gegart wird. Und Mastix kommt hier jetzt bestimmt öfter zum Einsatz – der leicht harzige Geschmack in Kombination mit Fisch und Tomate war toll!
Zu diesem Fisch kann man gut ein Brot brauchen – Sauce auftunken ist hier das Stichwort. Also habe ich das Rezept für das “tägliche Brot” ausprobiert – ein einfacher Weißbrotteig, der gut funktioniert hat. Die Krume war schön flauschig, die Kinder begeistert.
Dann kann man ja noch etwas frisches brauchen zum Fisch….und weil im Keller noch rote Bete lag, war das eben der Rote-Bete-Salat mit Joghurt. Eine einfache Sache: rote Bete gekocht, geraspelt und dann mit knoblauchwürzigem Joghurt vermischt. Es muss etwas besonderes an diesem Salt sein, denn mein Mann hat ihn mit Begeisterung verdrückt….und der mag keine rote Bete. Eigentlich.
So. Jetzt brauchen wir ein Resumee.
Also, das ist ein ordentliches Kochbuch für die türkische Küche. Man findet alle klassischen Rezepte, die man braucht – und kann sie bedenkenlos nachkochen. Die Rezepte sind authentisch. Wer die türkische Küche und ihre Klassiker kennenlernen möchte, ist mit diesem Buch gut bedient.
- Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
- Verlag: Fackelträger-Verlag (11. September 2014)
- Sprache: Deutsch
- ISBN13: 978-3771645731
- € 19,90