Die meisten Kochbücher, auf die ich hier so treffe sind gut. Gut in dem Sinne, dass es vernünftig strukturierte Rezepte gibt und die eine oder andere neue Idee. Und dann gibt es die Highligts, in denen man immer wieder blättert – und jedes Mal wieder mit leuchtenden Augen. Das Gewürzbuch von Tanja Grandits zählt für mich zu diesen Büchern – und entsprechend groß war die Vorfreude auf ein Buch von ihr, dass sich mit Kräutern befasst.
Muss ich noch etwas sagen zu Tanja Grandits? Nun, sie kocht im Restaurant “Stucki” in Basel – immerhin dekoriert mit 2 Sternen. Bekannt ist sie für ihren virtuosen Umgang mit Aromen und Konsistenzen. Und das kann man mit dem neuen Buch auch zuhause gut nachvollziehen.
Auf den ersten Blick – das Buch ist schön. Das Layout ist freundlich und übersichtlich. Es gibt ganzseitige Fotos von den Gerichten; die Bilder konzentrieren sich ohne jeglichen Schnickschnack auf das Essen. So mag ich das. Die vorherrschende Farbe ist logischerweise Grün, wobei ich sagen muss – so knallig grün wie auf den Fotos waren bei mir die meisten Gerichte dann doch nicht. Einziges Manko: Das Buch kommt mit einer schicken Bauchbinde daher, die den Einsatz in der Küche eher nicht überlebt….jedenfalls bei mir.
Inhaltlich fängt das Buch an mit einigen kurzen Hinweisen zur Verwendung von Kräutern in der Küche an: Ernten, Säubern, Aufbewahren, Verarbeiten – die Basics werden vorgestellt. Dann geht es an die Kräuter-Portraits. Geordnet nach den Geschmacksrichtungen mild, süß, zitrusartig, anisartig, bitter und würzig werden ca. 40 Kräuter vorgestellt. Von jedem Kraut gibt es ein Foto – damit man weiß, wonach man suchen muss :-) . Ich fand diese Einführung sehr interessant und habe einige Unbekannte kennengelernt: Blattpfeffer und römischer Ampfer waren mir neu; außerdem fand ich es interessant, dass vo einigen Kräuter viele verschiedene Arten vorgestellt werden. Oder kanntet Ihr panachierte Bergminze und marokkanische Nadelminze?
Dann geht es an die Rezepte. Die sind ganz klassisch unterteilt in Aperitif, Salat, Suppe, Fisch, Fleisch, Vegetarisches, Dessert, Gebäck und Getränke. Und – ganz wichtig: das Kapitel mit den Basis-Rezepten. Mein Exemplar ist immer noch gut gespickt mit kleinen Merkzetteln: ich muss auf jeden Fall die Pistazien-Pesto-Cantuccini machen, den Röstkartoffel-Rucola-Salat mit Cashewpesto oder das Crevetten Dim Sun im Pfefferblattdampf mit Miso-Salsa. Außerdem warten viele Grundrezepte darauf, ausprobiert zu werden: der Rosmarin-Zitronenessig zum Beispiel. Oder der Estragonhonig.
Aber natürlich habe ich schon ein bisschen was ausprobiert:
Ich habe mit dem Joghurt-Thymian-Cake angefangen. Das ist im Grunde ein einfacher Rührkuchen. In den Teig kommt gehackter Thymian – und der harmoniert vorzüglich mit Limettenabrieb und Vanille. Schön saftig ist der Kuchen auch. Die im Rezept angegebene Backzeit allerdings ist eher dem Reich der Märchen zuzuordnen: 25 Minuten steht da. Mein Kuchen war mehr als eine Stunde im Rohr, bevor er fertig war. Beim Abkühlen ist er etwas zusammengesunken und innen leicht klitschig geworden – aber das ist der von Frau Grandits auf dem Foto auch….
Das Suppenkapitel hat mich fasziniert. Die Erbsen-Estragon-Suppe habe ich ausprobiert – und sie war überaus erfreulich: eine gemixte Erbsensuppe mit Estragon als Basis, eine Einlage von kurz blanchierten Erbsen, ein Estragon-Pecorino-Flan als weitere Einlage und für den letzten Schliff Estragon-Öl, frittierte Estragon-Blättchen und Zuckerschoten-Chips.
Es gibt ein Rezept für Knäckebrot mit Dill. Das Rezept ist sehr einfach….ich war etwas misstrauisch, denn der Teig war sehr flüssig. Auf das Blech streichen, wie es im Buch steht, konnte man den kaum. Man musste ihn eher einfangen, damit er nicht davonfließt. Aber es wurde Knäckebrot – und zwar ein sehr knuspriges, aromatisches.
Das Getränke-Kapitel gibt auch einiges für mich her. Ich bin ja Teetrinkerin und Ingwer mag ich sehr. Der Ingwer-Rosmarin-Tee ist wunderbar. Seit ich ihn das erste Mal ausprobiert habe, trinke ich ihn fast jeden Tag.
Das Rucola-Mokka-Risotto mit Bergkäse-Crunch hat uns begeistert – ein einfaches Riotto, verfeinert mit Rucola-Pistazien-Pesto, dazu Bergkäse-Chips mit Kaffee und frittierter Rucola. Da bleibt weder bei den Aromen noch bei den Texturen etwas zu wünschen übrig.
Ich mag Quiches…..sehr. Irgendwie bilde ich mir aber eine Mürbteigschwäche ein und mache sie daher eher selten. Für die Rosmarinquiche mit Frühlingszwiebeln und Schafskäse habe ich meine Bedenken glücklicherweise mal kurz ins dunkle Kämmerlein verbannt. Bei der Tarte wird nicht an Rosmarin gespart – er kommt in Teig und Füllung und zusammen mit Feta und Lauchzwiebeln macht das richtig Spaß.
Die Rezepte sind übersichtlich aufgebaut und funktionieren gut. Viele Gerichte bestehen aus einer gewissen Anzahl von Komponenten. Die kann man aber entweder gut vorbereiten oder in aller Ruhe nacheinander abarbeiten. Abgerundet wird das Buch durch ein Rezepte-Register. Da finde ich es ein wenig schade, dass es nicht auch ein nach Zutaten geordnetes Register gibt, denn so muss ich recht lange suchen, wenn ich wissen möchte, was ich zu Beispiel mit dem Liebstöckel anfangen könnte, der mir gerade über den Kopf wächst.
Fazit? Ich liebe dieses Buch! Es strotzt nur so vor herrlichen Rezepten und Anregungen, was man mit Kräutern so alles tun kann. So manches Kraut, das ich noch nicht kannte, wird in Zukunft sicherlich mehr Beachtung finden. Etwas Kocherfahrung sollte man aber mitbringen, denn für manches Rezept müssen ein paar Komponenten zusammengestellt werden.
- Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
- Verlag: AT Verlag; Auflage: 1. Aufl. (23. Februar 2015)
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3038008057
- € 39,90