Ich habe das Gefühl, dass es jedes Jahr auf’s Neue eine Blog-Blues-Welle gibt. Seit Anfang des Jahres haben sich wieder einige Blogs verabschiedet, die ich gerne gelesen habe. Andere äußern einfach nur ihren Frust – und veröffentlichen weniger. Oft wird geschrieben, dass man mit der allgemeinen Entwicklung der Foodblogs unzufrieden ist, dass man zu viel Druck verspürt, dass man da nicht mehr mitmachen möchte.
Diese Art von Stress habe ich nicht. ich lebe nach dem Motto: “Mein Blog, meine Party”. Natürlich schaue ich gerne über den Tellerrand. Und sicherlich wird man auch beeinflusst. Aber im Großen und Ganzen mache ich das hier so, wie ich es für richtig halte. Andere dürfen es gerne anders machen. Und ich muss mich da auch nicht drüber aufregen – Blogs, die mir nicht gefallen, die lese ich nämlich nicht.
Eine Form von Druck verspüre ich aber doch: seit letztem Herbst stapeln sich hier die zu rezensierenden Kochbücher. Viele Rezensionen sind fertig geschrieben und warten auf Veröffentlichung. Und damit dieser Haufen endlich mal wieder etwas übersichtlicher wird, habe ich beschlossen, mich diese Woche mal im Power-Blogging zu üben und einige der Rezensionen, die so ungeduldig mit den Füßen scharren, zu veröffentlichen.
Genug der Vorrede. Fangen wir an:
Die persische Küche fasziniert mich. Das begann zu Studentenzeiten, als die ersten persischen Restaurants aufmachten. Ich habe sehnsuchtsvoll die Speisekarten gelesen, aber Essen gehen konnte ich da nicht – zu teuer für den studentischen Geldbeutel. Ich habe mir damals ein kleines Kochbuch gekauft und angefangen zu kochen. Und persisches Essen mit seinen himmlischen Aromen, das liebe ich heute noch.
Und freue mich also über neue Bücher über die persische Küche. Dieses hier kommt von Louisa Shafia. Sie ist Amerikanerin mit persischem Vater und jüdischer Mutter. Nach einer Kochausbildung arbeitete sie in verschiedenen Restaurants in New York und San Francisco. Heute gibt sie Kochkurse, schreibt für Zeitschriften und ist im amerikanischen Cooking Channel zu sehen.
Ich fange – wie ich es so gerne tue – mal mit den Äußerlichkeiten an. Das Buch ist hochwertig aufgemacht. Mattes graues Papier, hübsche Ornamente an den rechten Seitenrändern, ein ruhiges, übersichtliches Layout in gedeckten Farben. Die Fotos stellen das Essen in den Vordergrund. So mag ich das. Wer allerdings unbedingt zu jedem Gericht ein Foto braucht, der wird enttäuscht sein, denn das gibt es nicht. Aber für mich ist es gut so, wie es ist.
Die Rezepte sind unterteilt in Vorspeisen und Snacks, Suppen, Salate, Gerichte mit Gemüse und Eiern, Gerichte mit Fisch und Fleisch, Eintöpfe und Schmorgerichte, Reis und andere Getreide, Süßes und Getränke. Nun, das Buch heißt ja “Die neue persische Küche”. Lousia Shafia hat so manches Gericht ein wenig umgearbeitet und angepasst mit dem Ziel die persische Küche noch etwas frischer und gesünder zu machen, als sie ohnehin schon ist. Es wird also viel Vollkorngetreide verwendet, auf weißen Fabrikzucker verzichtet und Wert auf gesunde Öle und Fette gelegt. Das Buch ist auch für Vegetarier ein wahre Fundgrube, denn bei den Fleischgerichten werden Alternativen aufgezeigt; meist wird das Fleisch durch Pilze, Tempeh oder Tofu ersetzt. Natürlich gibt es dann auch eine konkrete Zubereitungsempfehlung.
Bei den Rezepten finden wir Klassiker wie den Frischen Kräuterteller Sabzi khordan, die legendäre Bohnen-Nudelsuppe Ash-e Reshteh oder Hühnchen-Kebaps in Joghurtmarinade. Manches wurde auch ordentlich neu interpretiert: die Kichererbsen-Kekse wurden mit Mandeln verfeinert, das traditionell mit Hühnchen zubereitete Ghormeh sabzi, ein Eintopf mit Hühnchen, Bohnen und Kräutern, wird mit Tofu zubereitet und Quinoa und Wildreis wurden für die persische Küche adaptiert.
Es gibt aber nicht nur Rezepte in dem Buch. Es startet mit einer interessanten Einführung zur Geschichte der persischen Küche, ihrer Geschichte, ihren Zutaten und Küchentipps für die moderne Interpretation. In die Rezept-Kapitel sind Texte eingearbeitet: wir erfahren interessante Details zu persischen Feiertagen und ihren typischen Gerichten, zum zoroastrischen Erbe Persiens, es gibt eine Foto-Folge, die uns zeigt, wie man am besten einen Granatapfel öffnet, einen Text über Essen im Islam, ein extra Kapitel über den berühmten Reis mit seiner Kruste (Tahdig)…..man kann sich festlesen.
Die Getränke-Abteilung hat mich fasziniert. Ich musste unbedingt den Limetten-Tee ausprobieren. Dafür werden getrocknete Limetten erst eingeweicht, dann angestochen und in Wasser gekocht. Die Autoren ist begeistert davon, wie süß der Tee wird, obwohl überhaupt kein Zucker darin ist. Nun, direkt süß fand ich den Tee nicht. Das Limetten-Aroma ist aber toll und sehr angenehm erfrischend. Ich habe meinen Vorrat an getrockneten Limetten gleich aufgestockt, den Tee gibt es jetzt öfter.
Nochmal Tee – diesmal der herbstliche Früchtetee mit getrockneten Quitten, Rosenblüten, Orangenschalen und Nelken. Der Tee schmeckt nicht nur gut – auch die Zubereitung macht richtig Spaß. Ich habe alles im Ofen getrocknet und anschließend die Quitten-Streifen in kleinere Stücke gezupft. Dabei verströmt die Quitte einen herrlichen Duft. Man möchte den Tee nicht nur trinken, sondern auch gleich nochmal herstellen.
Unter der Hafer-Pilz-Suppe konnte ich mir nichts rechtes vorstellen. Geschroteter, gerösteter Hafer, Pilze und eine große Menge Tomatenmark – das klang ein wenig seltsam für mich. Aber in der Gemüsekiste waren Pilze und das Buch war dran, also habe ich es ausprobiert . Zum Glück! Die Suppe ist relativ dickflüssig, aber wunderbar aromatisch. Den Kick gibt eine großzügige Menge frischer Limettensaft.
Eigentlich mag ich ja keine rohen Knollensellerie – böses Kindheitstrauma. Trotzdem habe ich den Sellerie-Granatapfel-Salat eine Chance gegeben, einfach weil ich noch Sellerie da hatte und keine bessere Verwendung für ihn. Und siehe da – der Salat hat geschmeckt, und zwar richtig gut. Das einfache Dressing aus Limettensaft, Olivenöl und Honig und die Granatapfelkerne haben wahre Wunder bewirkt. Ich mag jetzt Selleriesalat.
Shepherd’s Pie in der persischen Variante basiert auf – Reis: halb vorgegarter Reis wird zum Teil mit Joghurt, Ei und Safran vermischt, Dieser Teil kommt auf den Boden des Topfes, dann kommt eine Füllung aus gegartem Reis und Kartoffeln mit der restlichen Joghurt-Marinade, den Abschluß bildet der restliche vorgegarte Reis. Der Auflauf gart auf dem Herd und wird dann wie ein Kuchen auf einen Teller gestürzt – ein herrliches Essen! Leider hatte ich aber nach dem Schichten des Auflaufs auf einmal die eingeweichten Berberitzen übrig – sie hätten in die Füllung gesollt. Das hatte ich überlesen. Ich hab sie angebraten und über das fertige Gericht gestreut.
Der Auberginen-Tomateneintopf mit Granatapfel gewinnt keinen Schönheitspreis – Aubergine wird im Ofen vorgegart, dann mit Tomate, gegarten Schälerbsen und einer beachtlichen Menge an Granatapfelmelasse lange geschmort. Ansehnlich ist das Ganze dann zwar nicht mehr, aber dafür sehr aromatisch.
Die Kartoffeln mit Dill und Zitrone machen richtig Spaß: dafür werden gekochte Kartoffeln in einem Dressing aus Olivenöl, Zitronensaft, Dill, Knoblauch und Kurkuma serviert – frisch und aromatisch.
Zu den Kartoffeln habe ich mir die gefüllten Artschocken mit Minzöl gegönnt – auch das eine Aromabombe. Das Rezept konnte ich etwas abkürzen, denn ich hatte tiefgekühlte Artischockenböden vom griechischen Lebensmittelladen. Die Artischocken werden mit Ricotta, Safran und Ei gefüllt, mit einem Dressing aus Zitronensaft, Minze und Olivenöl übergossen und im Ofen gebacken. Die Füllung wird luftig, das Dressing gibt Aroma.
Für die Rote-Bete-Burger besteht die Basis aus gekochten Risotto-Reis (die Vollkornvariante) und wenig gekochten Linsen, und natürlich roter Bete. Aromatisch war das klasse, allerdings waren die Patties ganz schön fragil und schwierig zu wenden. Witzig fand ich den Vorschlag, die Burger statt in Brötchen auf Lattkes (Kartoffelpuffern) zu servieren – das hat uns richtig gut gefallen.
Ihr habt es beim Lesen gemerkt, oder? Ich bin begeistert. Mein Exemplar ist gespickt mit kleinen Einmerkern. Mir gefällt, dass man einen Überblick über die persische Küche, ihre Geschichte und ihre Traditionen bekommt. Und das man auch auf Rezepte stößt, die unseren Bedürfnissen angepasst wurden – und das, ohne dass man auf Authentizität verzichten muss. Ein Lieblingsbuch für jeden, der sich für die persische Küche interessiert, finde ich.
- Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
- Verlag: AT Verlag Oktober 2014)
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3038007951
- € 24,90