Nun ist es endlich da, das langersehnte Buch von Lutz Geißler und Björn Hollensteiner. Es erwarten uns Rezepte und Tipps, die es ermöglichen sollen, gutes, naturbelassenes Brot zu backen – unabhängig davon, wieviel Zeit uns dafür im Alltag letztendlich bleibt.
Ich fange, wie ich es so gern tue, mit dem äußeren Eindruck an. Das Buch hat ein klares, übersichtliches Layout. Papier in gedeckten Farben, sehr viele Fotos (dazu später mehr), drei Lesebändchen. Das gefällt.
Entscheidend ist aber natürlich trotzdem der Inhalt – und da gibt es sehr viel zu entdecken und auszuprobieren. Die Rezepte für Brote und Brötchen sind nach Getreidesorten geordnet: es gibt Rezepte in denen Weizen, Dinkel oder Roggen die Hauptrolle spielen. Die entsprechenden Kapitel beginnen mit einer Einführung zur jeweiligen Getreidesorte: was muss ich bei der Verarbeitung beachten? Was geschieht im Teig? Kaufe ich besser Biogetreide? Dann geht es an die Rezepte. Es werden jeweils mehrere Brote vorgestellt, in aller Regel ein freigeschobenes Brot, ein Kastenbrot, Schrotbrot, Vollkornbrot, Mischbrot, Brötchen und Feinbrot. Von jeder Brot- und Brötchensorte gibt es vier Versionen: eine Basisversion, die (außer bei Roggenbroten) auf einem Hefeteig aufbaut, eine Sauerteigversion, eine No-Knead-Version und eine Version mit Übernacht-Gare. Das ermöglicht es, dass jeder ein Brot findet, das in seinen Alltag und seine Zeitabläufe passt.
Die Rezepte beginnen mit einer genauen Erklärung für das Basis-Brot. Für alle anderen Brote werden die Abweichungen vom Basis-Rezept erläutert. Das eigentliche Rezept mit Mengenangaben, Zubereitung, Ruhe- und Backzeiten findet man dann in einer Tabelle, die jeweils eine Doppelseite in Anspruch nimmt.
Die Rezepte sind sehr exakt ausgearbeitet und funktionieren ohne jegliche Einschränkung. Es gibt unglaublich viele Bilder: Für jede Version jedes Brotes sind die Teigzustände in kleinen Bildern festgehalten, so dass man immer nachschauen kann, ob man auf dem richtigen Weg ist.
Nicht nur Rezepte finden wir im Buch: es beginnt mit einer Einführung zu den wichtigsten Basics und einem kleinen Glossar. Danach folgen viele Bilder zu Schnitt – und Drücktechniken. Und am Ende des Buches gibt es einen ausführlichen Grundlagenteil, der sich mit Zubehör, Zutaten, Teigvorstufen, Teigbearbeitung, Gare und dem Backen der Brote befasst. Wir erfahren außerdem, wie man Rezepte anpasst, ob Brot gesund ist und was es mit Brotfehlern auf sich hat.
Wie probiert man so ein Buch aus? Ich habe mich entschieden, mir ein paar Brote und Brötchen zum Nachbacken auszusuchen und dann von jeder Sorte zwei Versionen zu backen. Das sah dann so aus:
Ich habe eine Vorliebe für Dinkelbrote. Also habe ich mit dem freigeschobenen Dinkelbrot angefangen. Erst mal die Sauerteigvariante (links im Bild) : die war sehr aromatisch mit einer flaumigen Krume. Das Rezept hat einwandfrei funktioniert, bloß beim Einschneiden habe ich mich wie üblich etwas dumm angestellt.
Dann habe ich noch die No-Knead-Variante probiert. das Ergbenis war : großporiger als beim Sauerteig, schön aromatisch und mit gutem Ofentrieb. Trotzdem…ich glaube, das war mein erstes und vorläufig auch letztes No-Kead-Brot…ich fand die Herstellung sehr zeitaufwendig, weil der Teig wegen Autolyse und regelmäßigem Stretch and Fold sehr viel Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt.
Bei den Weizenbrötchen habe ich die Sauerteig (links im Bild) – und die Übernacht-Variante ausprobiert. Ihr seht ja – sie sind unterschiedlich ausgefallen. Die Sauerteigbrötchen waren toll: Aromatisch, wunderbare Krume. Wenn man frische Brötchen zum Frühstück möchte, dann muss man aber früh aufstehen, denn die Zubereitungszeit am Backtag ist lang. Da liegt es nahe, auf die Übernacht-Variante zurückzugreifen. Hierfür werden die Brötchen schon am Vorabend geformt und die Teiglinge über Nacht dem Kühlschrank anvertraut. Meine hatten es da zu warm – sie waren sehr stark aufgegangen. Einschneiden konnte ich sie nicht mehr, ich habe sie so in den Ofen geschoben. Aromatisch gab es da nichts auszusetzen.
Bei den Roggenkastenbroten sind sich Basis-und Sauerteigvariante sehr ähnlich, logischerweise werden beide mit Sauerteig gebacken. Die Basisvariante (im Bild rechts) wird mit weniger Sauerteig und etwas Hefe angesetzt und hat eine kürzere Gehzeit. Die Sauerteigvariante ist geschmacklich ausgewogener.
Beim Weizenvollkornbrot gab es die Sauerteig – und die Übernacht-Variante. Mein Sauerteig scheint recht aktiv zu sein; die Gare war etwas zu lang für das umtriebige Kerlchen. Ein wenig breitgelaufen ist mir das Brot. Allerdings ist der Teig auch recht weich. Und so einfach scheint es gar nicht zu sein, Weizenvollkornbrot zu backen, denn auch bei der Übernachtgare habe ich ein wenig mit Breitlaufen gekämpft. Aromatisch waren beide Brote gut – aber was mich angeht, hat da die Sauerteigvariante immer die Nase vorn. Das gibt auch für die Frischhaltung.
Die Rezepte haben funktioniert – und alle Brote gut geschmeckt. Ich fand es spannend, die verschiedenen Varianten auszuprobieren. Und ich habe festgestellt, dass für mich eigentlich immer die Sauerteig-Variante die Nase vorn hat. Das gilt für Zeiteinteilung und Arbeitsablauf und auch für den Geschmack.
Das Fazit fällt mir leicht, das ist nämlich eine Kaufempfehlung. Anfänger werden mit diesem Buch gutes Brot zustande bringen und wer schon länger backt, findet schöne Anregungen. In diesem Buch steckt viel Herzblut – und viel, viel Arbeit. Entsprechend genau sind die Rezepte und Tipps ausgearbeitet. Jeder wird hier “sein” Brot finden.
- Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
- Verlag: Verlag Eugen Ulmer
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 978-3800183746
- € 29,-