Kochbuch: Dudu Kitchen | Chi Cao Han, Nam Cao Hoai

Von Magentratzerl

Dieses Buch hier habe ich ja schon in den Geschenktipps für Weihnachten erwähnt – und heute stelle ich es Euch näher vor:

Die Geschwister Chih Cao Hanh und Nam Cao Hoai sind  im Osten Berlins aufgewachsen. Ihre  Kindheit war nicht einfach: die Familie kam auf Einladung in die damalige DDR; der Vater verließ die Familie früh. Die Mutter Dang Thi Thuyen fand sich als alleinerziehende Mutter in einem fremden Land wieder. Sie war sehr erfinderisch, wenn es darum ging den Lebensunterhalt für ihre Familie zu verdienen: zunächst begann sie mit Näharbeiten, aber schon bald verkaufte sie vietnamesische Lebensmittel an Asylbewerber, um deren ärgstes Heimweh zu stillen. Schließlich wurde sie zur Restaurant-Betreiberin. Die Kinder waren die einzigen Vietnamesen an der Schule und mussten sich durchkämpfen. Chih Cao Hanh arbeitete zunächst erfolgreich als Modedesignerin. Nam Cao Hoai wurde Koch und kochte lange in einem Sushi-Restaurant. Gemeinsam mit ihrer Mutter eröffneten die beiden vor 10 Jahren das erste Dudu-Restaurant; inzwischen gibt es ein zweites Restaurant im Westen Berlins.

Das Besondere an den Dudu-Restaurants ist die Fusion von vietnamesischer, japanischer und lateinamerikanischer Küche – frisch, leicht und aromastark. Ursprünglich entstanden ist diese “Nikkei”-Küche in Peru, wo japanische Einwanderer die peruanische mit der japanischen Küche verschmolzen haben. Im Dudu findet das noch zusätzlich auf der Basis der vietnamesischen Küche statt – eine Küchenphilosophie, die mit Begeisterung aufgenommen wurde, noch bevor der Begriff der Nikkei-Küche auch hierzulande populär wurde. Und zur Feier des zehnjährigen Bestehens gibt es nun ein Kochbuch mit Rezepten aus dem Restaurant.

Vor mir liegt ein hochwertig aufgemachtes Hardcover: Fadenbindung, Lesebändchen, viele schöne Fotos. Zu jedem Rezept gibt es ganzseitiges Food-Foto. Die Fotos sind moody gehalten und wunderbar auf das Essen fokussiert. Zudem gibt es noch viele atmosphärische Fotos aus der Stadt, aus den Restaurants und von der Familie.

Jetzt aber zum Inhalt: Da gäbe es zunächst die Rezepte. Die beginnen ganz klassisch mit Pho, der Essenz der vietnamesischen Küche. Es gibt  eine Version mit Rind, mit Huhn und auch eine vegane Variante fehlt nicht. Wir finden Salate wie Papayasalat oder Grünkohlsalat, Rezepte für Carpaccio und Ceviche; unter anderem Veggie-Ceviche oder Thunfischtatar. Frühlingsrollen fehlen ebenso wenig wie karamellisierte Schweinerippchen, es gibt Maki mit roter Bete und knusprig frittiertes Sushi, verschiedenen Sorten Tacos und auch Desserts wie frittierte süße Wantan oder Drinks wie Asian Pisco haben ihren Platz.

Die Rezepte sind gut strukturiert: auf einer Seite findet man die farblich hervorgehobene Zutatenliste, gegenüber die Arbeitsanleitung. Das Nachkochen ist problemlos, aber natürlich ist für einige Zutaten der Besuch in einem Asia-Shop nötig. Abgerundet wird der Rezeptteil durch ein Glossar, in dem ungewöhnliche Zutaten erklärt werden, einen Teil mit Grundrezepten für häufiger verwendete Rezeptbestandteile und ein alphabetisch geordnetes Rezeptregister.

Ich habe ja oben geschrieben, dass ich zunächst zu den Rezepten komme. Das heißt, es gibt auch noch anderes zu entdecken in diesem Buch; es steckt auch voller Geschichten. Stevan Paul zeichnet für die vielen Texte verantwortlich, in denen wir zum Beispiel Grundlegendes über die vietnamesische Küche und über die Küchenphilosophie des Dudu erfahren. Die Familiengeschichte wird erzählt, ebenso wie die Biografien von Mutter, Bruder und Schwester, die ebenso spannend wie berührend sind.

Schon mal ausprobiert:

Ich habe es ohnehin oft genug gesagt – ich bin die Einzige hier, die Kürbis so richtig zu schätzen weiß. Insofern ist es ein Riesenkompliment, dass das Hokkaido-Curry reißenden Absatz fand: der Kürbis wird im Ofen geröstet, das Hühnchenfleisch erst in der Pfanne gebraten, dann in Scheiben geschnitten. Schließlich gart alles zusammen in einer cremigen Sauce aus Kokosmilch, roter Currypaste und Galgant.

Birnensalat – sehr einfach und sehr elegant: in feine Scheiben gehobelte Nashi mit einem Dressing aus Zitrone, Sesamöl und etwas Zucker. Die knackige Birne im milden, nussigen Dressing ist schlicht toll.

Tomaten-Tofu-Ragout – selbst die Tofuhasser im Haushalt mochten das. Der Tofu wird zunächst eine Stunde in Salzwasser eingelegt, dann knusprig gebraten und schließlich in einem Ragout aus Dosentomaten, Kirschtomaten, Koriandergrün und Frühlingszwiebeln fertig gegart.

Drei Sorten Tacos werden im Buch vorgestellt: schwarze mit Fisch, rosafarbene mit roter Bete und gelbe mit Hühnchen. Ich habe mich für die gelben entschieden, die mit einem würzigen Ragout aus Hühnchen und Tomate serviert werden. Meine Tacos sind allerdings weiß; denn ich hatte weiße Masa Harina.

Fazit:

Das Buch bietet wunderbare, abwechslungsreiche Rezepte – vietnamesische Klassiker ebenso wie Innovatives und Fusion-Food der Nikkei-Küche. Die Gerichte sind frisch, leicht und aromastark und wer den Gang zum Asiashop nicht scheut, kann sie problemlos zuhause auf den Tisch bringen. Die Bildsprache ist ebenso beeindruckend wie die vielen interessanten und zum Teil berührenden Texte – ich mag Bücher, die nicht nur Rezepte vorstellen, sondern auch Geschichten erzählen.

  • Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
  • Verlag: Brandstätter Verlag 
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-13: 978-3710602627
  • 35,00