So. Es geht ja unaufhaltsam auf Weihnachten zu. Und ich habe mich in den letzten Wochen um Kopf und Kragen gekocht – Ihr wisst schon, Bücherherbst und so. Ich habe mir daher gedacht, in der Zeit bis Weihnachten stelle ich Euch ein paar Bücher mehr vor (jaja, noch mehr…). Dann kriegt Ihr Ideen für Geschenke und ich komme mal von meinem Stapel runter. Fangen wir also an:
Niklas Ekstedt ist ein besternter Fernsehkoch aus Schweden. Gemeinsam mit dem Wissensschaftsjournalisten Henrik Ennart ist er der Frage nachgegangen, warum die Menschen in einigen Regionen der Erde so viel älter werden als anderswo. Henrik Ennart ist dafür auf Reisen gegangen und hat die Menschen in diesen Regionen besucht, Niklas Ekstedt steuerte die Rezepte bei.
Erstmal kurz zur Optik: vor mir liegt ein solide gemachtes Hardcover mit klarem Layout und vielen schönen Bildern. Natürlich gibt es Food-Fotos; fast jedes Rezept hat ein ganzseitiges Foto bekommen. Die Fotos stellen klar das Essen in den Vordergrund, auf Deko wurde weitgehend verzichtet. So mag ich das. Und dann gibt es noch eine Menge Bilder von den Menschen, die Henrik Ennart getroffen hat und von den Landschaften, in denen sie leben.
Henrik Ennart war in Okinawa, Japan und in Ogliastra, Sardinen. Er hat mit Menschen auf Ikaria in Griechenland gesprochen, die Bewohner von Nicoya in Costa Rica gesprochen und auch das schwedische Småland besucht. In die entsprechenden Kapitel ist auch das Buch unterteilt.
All diesen Regionen ist gemeinsam, dass die Menschen dort sehr alt werden. Blue Zones, so werden diese abgegrenzten Gebiete in der Forschung genannt. Interessanterweise kommt dieser Begriff daher, dass die Demographen anfangs die entsprechenden Regionen mit blauem Kugelschreiber auf der Karte eingekreist haben.
Warum nun ist die Wahrscheinlichkeit, 100 Jahre alt zu werden in diesen Gebieten so hoch? Meist handelt es sich um entlegene Regionen, was dazu führt, dass die Menschen ihre traditionelle Lebensweise beibehalten haben. Es werden keine verarbeiteten Lebensmittel verwendet, sondern die Menschen verarbeiten frische Lebensmittel, die in ihrer Region wachsen. Die Ernährung ist aber nicht alles. Die Menschen sind in Bewegung, gar nicht einmal weil sie gezielt Sport treiben, sondern schlichtweg, weil sie bis ins hohe Alter körperlich arbeiten. Die Gemeinschaft wird groß geschrieben – es gibt keine einsamen Menschen. Auch gegessen wird, wenn möglich, nicht alleine. Der Lebensstil ist entspannt, Stress wird gemieden.
Jede der Blue Zones wird erst einmal ausführlich vorgestellt: wir erfahren viel über Geschichte, Geografie, Lebensbedingungen und natürlich die Ernährung in den jeweiligen Regionen. Er werden typische Gerichte kurz vorgestellt und häufig verwendete Zutaten haben eine bebilderte Warenkunde bekommen. Auch Heilpflanzen bleiben nicht unerwähnt. Danach folgen die Rezepte: da gibt Miso-Ramen mit frittiertem Tofu, Gurke und Seegras auf Okinawa, Pappardelle mit Wildschweinragout und Rosmarin aus Sardinien, griechische gegrillte Zucchini mit Ziegenkäse und Walnüssen, Bohneneintopf mit Speck, Kreuzkümmel, Spiegelei und Reis aus Costa Rica und Grobes Tatar mit Johannisbeeren, eingelegter Gurke und Röstzwiebeln aus Småland.
Den Rezepten ist gemeinsam, dass sie in aller Regel sehr einfach sind. Regionale Zutaten werden schörkellos verarbeitet. Die Rezepte sind vernünftig aufgebaut. Nur bei den Zutatenmengen habe ich zum Teil sehr gestaunt: da werden zum Beispiel 500 g ungekochter Reis für 4 Personen verwendet oder ein Pizzateig aus 700 g Mehl gemacht; das muss man wirklich herunterrechnen.
Ich habe beschlossen, für die Rezension aus jeder Blue Zone ein Gericht zu kochen.
Den Anfang macht Schweden mit einem 3-Zutaten-Gericht: Kabeljau, Brokkoli und gebräunte Butter. Gut, Und Salz. In seiner Einfachheit sehr gut.
Die Spinatpastete aus Griechenland ist inspiriert von der klassischen Wildgemüsepastete. Die Füllung besteht aus Spinat, reichlich Dill und Eiern; der Teigdeckel aus einer einfachen Mehl-Olivenöl-Mischung. Wir waren alle sehr angetan von der Pastete. Ich war erstaunt, wie schön der simple Teig beim Backen aufblättert. Allerdings habe ich mich nicht ganz ans Rezept gehalten: das sieht einen Teigdeckel aus 600 g Mehl vor; ich habe nur 300 g verwendet. Das war auch gut so; der Deckel wäre sonst viel zu dick geworden.
Auch der Sesam-Lachs mit Gemüse von der Insel Hokkaido ist einfach; allerdings ließ die große Begeisterung hier auf sich warten. Der Lachs wird mit einer Marinade eingepinselt. Die besteht aus Fischsauce, Zucker, Austernsauce und reichlich Limettensaft und ist tatsächlich genial. Der kurz in der Pfanne gebratene Lachs schmeckt. Dazu serviert naturbelassenes Gemüse: grüne Papaya (ich habe auf den vorgeschlagenen Ersatz Gurke zurückgegriffen) und Bambussprossen. Selbst wenn man das Gemüse mit dem Dipp beträufelt, ist das immer noch eine langweilige Sache. Und was die Bambussprossen angeht, so ist das Rezept fahrlässig: es werden frische Bambussprossen verwendet, die roh gegessen werden sollen. Ungegarte Bambussprossen enthalten aber ein giftiges Blausäureglycosid, man sollte sie wirklich garen.
Der Frühstücksteller aus Costa Rica besteht aus Maistortilla, gekochtem Ei, einem Avocadodipp und geriebener Tomate. Einfach und wohltuend. Im Buch werden gekaufte Tortillas verwendet, ich habe sie lieber selbst gemacht.
Die offene Lasagne hat uns allen geschmeckt. Lasagneblätter werden gefüllt mit einer Mischung aus gegarten Kartoffeln, Zwiebeln, Salbei und reichlich Butter und dann mit Pecorino überbacken.
Fazit? Ich mag das Buch. Ich finde es spannend zu lesen, wie die Menschen in den Blue Zones leben. Es ist schön, bestätigt zu bekommen, dass Lebensglück nicht von Geld und Lebensstandard abhängt. Und dass gesundes Essen nichts damit zu tun hat, exotische Superfoods zu verwenden. Das Geheimnis liegt eher in der Einfachheit. Ich mag auch die Rezepte, eben weil sie einfach und ursprünglich sind.
- Gebundene Ausgabe: 166 Seiten
- Verlag: Good Life Books by Fackelträger
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3771646639
- € 20,00