klostergärten – paradiese der stille

Einer meiner schönsten Geburtstage war verbunden mit einer Führung im Klostergarten Bebenhausen. So winzig der Garten im Vergleich zu denen anderer Klöster ausfällt, so interessant waren die Infos über die jahrhunderte alte Tradition, Obst, Gemüse und Kräuter nach ganz bestimmten Konzepten anzubauen. Deshalb habe ich mich auch sehr über Kriemhild und Aloys Finkens neuen Bildband gefreut: in “Klostergärten – Paradiese der Stille” stellen die Autoren 18 Klosteranlagen in ganz Deutschland vor, in denen das Credo “ora et labora” umgesetzt wird.

klostergaertenDie meisten Klöster haben wechselvolle und dramatische Geschichten, wurden zum Teil mehrmals überfallen, geplündert und oft genug zerstört – dank steigendem Interesse an den alten Gebäuden und ihren schönen Gärten werden immer mehr Anlagen so originalgetreut wie möglich wieder hergestellt. Am Kloster Seligenstadt zum Beispiel konnten dank eines Kupferstichs von 1712 und Grabungsfunde der Apotheker- und der Konventgarten restauriert werden – ein nicht ganz billiges Unterfangen, getragen vom Land Hessen.

Das erste Konzept, nach denen Klostergärten angelegt wurden, stammt von Benedikt von Nursia, der, so schätzt man, von 480 bis 547 lebte. Abgelöst wurden diese Richtlinien von der ersten Gartenbauanleitung des Mittelalters in Westeuropa, “De cultura hortorum”, verfasst vom Abt Walahfrid Strabo (etwa 808-849). Selbstverständlich ist der Garten seines ehemaligen Klosters auf der Insel Reichenau nach seinen Empfehlungen angelegt.

Für ein großes Kloster sind an der Südseite, von Osten nach Westen, drei Gärten vorgesehen: ein Kräutergarten, ein Obstgarten, der gleichzeitig als Friedhof für die Mönche dient und ein Gemüsegarten. Charakteristisch ist auch der offene, vom Kreuzgang umgebene Kreuzgarten, in dessen Mittelpunkt üblicherweise ein Brunnen steht.

Heute sind diese Gärten wieder ein herausragendes Beispiel dafür, wie vielfältig Heil-, Nutz- und Zierpflanzen in Klöstern angebaut und verwendet wurden. In Seligenstadt wachsen rund 200, meist schon im Mittelalter verwendeten Kräutersorten. Kleine Schilder verraten Namen und Wirkungsweise. Im Kloster Michaelstein misst der Kräutergarten sogar 800 Quadratmeter, zudem baut man hier auch selten gewordene Kulturpflanzen wie Dinkel, Kolbenhirse und Buchweizen an.

Von Anfang an versorgten Klostergärten auch die umliegende Bevölkerung mit Arzneipflanzen – großes Wissen über die Wirkung von Heilpflanzen hatten beispielsweise der legendäre Pfarrer Kneipp sowie die Äbtissin Hildegard von Bingen, deren Erkenntnisse in den vergangenen Jahren richtig populär wurden. So preist sie die Melisse, welche “die Kraft von fünfzehn anderen Kräutern” habe. In der Abtei St. Hildegard ist es zudem üblich, dass jede Novizin bei ihrer Profess ihren Lieblingsbaum im Klostergarten pflanzt.

Jeder Klostergarten bringt seine eigenen “Spezialitäten” hervor: in Bronnbach prägen vor allem die Weinberge die Gartenarbeit der Mönche, auf der Reichenau gedeiht typischerweise ein artenreicher Gemüsegarten, im südländisch wirkenden, villenartigen Kloster St. Lioba wachsen seit ein, zwei Jahren auch chinesische und indische Heilkräuter und in der Benediktinerinnenabtei zur Heiligen Maria in Fulda ernten die Nonnen beeindruckend riesige Rhabarber-Stängel.

Im Klostergarten Oberzell gibt es einen Englischen Garten, hier sprudelt die Antoniusquelle und Besucher finden den originellsten Kräutergarten Deutschlands, im Kloster Steinfeld freut man sich über farbenprächtige Blumenornamente und einen jahrhundertealten Wacholder.

Nicht selten helfen die Erzeugnisse, das Kloster zu erhalten und dem Orden, selbstständig zu bleiben: Im Kloster Himmerod entsteht neben dem obergärigen Abteibier der “Himmeroder Eifel-Viez” aus eigenen Äpfeln, und es gehören Fischteiche zur Gartenanlage – die Forellenzucht leistet einen wichtigen Beitrag zum Unterhalt des Klosters.

Viele Klöster besitzen in ihren Gärten noch ihre alten Schätze: vor allem das Areal des Gartens des Bischofs von Trier reicht in seinen wesentlichen Teilen bis zu den Anfängen des Christentums zurück. Im Klostergarten Schäftlarn ist es der außergewöhnlich schöne, barocke Prälatengarten, in der Abtei Maria Laach der “Schwanenweiher” mit seinen Seerosen und dem Spiegelbild der Basilika und die Abtei Rommersdorf begeistert mit dem romantischen Französischen Garten und uraltem Baumbestand. Auch einige wunderschöne Gebäude sind erhalten geblieben, wie die kunstvoll bemalte, barocke Orangerie des Klosters Bronnbach.

Klostergärten sind schlicht und praktisch und dennoch gab es seit dem Dominikaner Albertus Magnus ein neues Verständnis, nach dem der Klostergarten allein zur Erholung und Freude dienen soll – mit niedrig gehaltenem Rasen, üppiger Blumenpracht und ab der Rennaissance mit aufwändigen Brunnenanlagen und Wasserkaskaden, Irrgärten, Spalierobst und exotischen Gewächsen.

Zahlreiche Farbfotos zeigen die schönsten Ecken und Übersichten der vorgestellten Gärten – besonders stimmungsvoll fand ich den fast verwunschen wirkenden Garten am Kloster Memleben und die heimeligen Gärten von Kloster Michaelstein und Kloster Drübeck. Wer sich die Gärten vor Ort aus der Nähe anschauen mag, findet im Buch eine Karte und Adressen.

Kriemhild und Aloys Finken “Klostergärten – Paradiese der Stille”, 136 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 24 Euro 99, Thorbecke Verlag



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