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“Die Hölle, das sind die anderen.”
(Geschlossene Gesellschaft — Satre, 1944)
Die Landresidenz (also der permanente Wohnsitz von Mr. Strandfynd) liegt nun nicht in einer Kleinstadt, sondern –genaugenommen– in keiner “Stadt”. Nicht, weil man das nicht sein könnte, sondern einfach weil sich die schlauen Schildbürger der Landresidenz“stadt” geweigert haben die Stadtrechte anzunehmen…wo kämen wir denn da hin?
Dann müsste man wohlmöglich höhere Steuern zahlen…neinnein, da machen wir nicht mit. Wir sind ja schlau, wir sparen. Ein Dorf ist die Landresidenz“stadt” nun auch nicht, ihr seht ich bin in einem Titeldilemma. Belassen wir es also bei “Kleinstadt”.
Meine Kleinstadtbeobachtungen begründen sich nicht etwa darauf das ich ab und an in der Landresidenz einkehre und mich dann mit dem lustigen Völkchen auseinandersetze was sich hier “Bewohner” oder “Nachbarn” nennt.…
Nein, ich bin viel tiefer drin in der Materie, als man gemeinhin meinen könnte. Bevor ich nämlich die Flucht (über den Teich) und dann in die Stadtwohnung angetreten hatte, war ich jahrelang
.… *drumroll*.…
EINE VON IHNEN!!!!!!!!!!
Ich habe meine ersten Beobachtungsstudien dieser Gemeinschaft schon im Kindergartenalter begonnen, erfolgreich die Grundschule absolviert und bin auch hier zur Schule gegangen. Lustigerweise –nach ein paar Ümzügen– habe ich auch etwa 50m Luftlinie von der Landresidenz gewohnt. Das hat gewisse Vorteile, aber auch Nachteile.
Vorteile:
- Ich kenne die Umgebung, und kann mich –zumindest in der rauen Theorie– nicht verlaufen.
- Ich kenne die Straße ganz genau, schliesslich wohnen schon seit Jahr und Tag die Schwies meines Dad in ebendieser. (Genau genommen zwei Häuser weiter)
- Mr. Strandfynd (der aus einem Bundesland far-far-away kommt) muss mir dieses kleine Stückchen Erde nicht erklären. Kein Ding. Ich weiß wofür man sich hier schämen muss.
Nachteile:
- Dadurch, das ich mich hier auskenne, habe ich ständig das Gefühl das mich aus der Hecke gleich ein alter Schulkamerad anspringt, Ich die Mutter einer ehemaligen Klassenkameradin an der Kasse grüßen muss, und ich –paranoid hin oder her– fühle mich generell BEOBACHTET.
- BEOBACHTET…genau…schonmal neben euren Großschwiegereltern gewohnt? Nein? Ist TOTAL SUPER.
Alle paar Wochen treffe ich dann meinen Dad oder seine Frau, sowie die Großschwiegereltern. Née Privatsphäre fühlt sich echt anders an ^^ - Man muss sich wirklich für die Nachbarn und Bewohner dieses Ortes schämen. Beispiel gefällig?
Mr Strandfynd schlug vor einigen Tagen vor er könne mich ja zur Bimmelbahn bringen, und weil ich das ziemlich super finde habe ich “Jaaaaaaaaaa” gesagt und mich gefreut. Kaum hatten wir uns an seinen –dazu später mehr– N*zi Nachbarn vorbeigeschlichen um den GAU-Leiter (“It has since become a term used to refer to any overbearing local official, especially one prone to the dictatorial use of political or bureaucratic power.”) nicht zu wecken, prallten wir auf der Straße auf eine Nachbarin.
Diese ältere Dame war grade damit beschäftigt den öffentlichen Fußweg und die damit verbundenen Gewegplatten aus grauem Waschbeton zu reinigen.
Bei näherem hinschauen –und das tat man, egal ob man wollte oder nicht– konnte ich erkennen, das die ganz offensichtlich geisteskranke Seniorin sich entschlossen hatte dies besonders gründlich mit einem Handfeger zu machen.
Stellt euch nun einmal vor wie eine senile 80-jährige in Omapantoffeln und –immerhin voll im Trend– “nude” Socken über den Trottoir rutscht um diesen ordnungsgemäß , gründlich zu reinigen.
Nachdem Mr. Strandfynd und ich diesen visuellen Schock einigermaßen verarbeitet hatten — was ihm deutlich schneller gelang als mir– stolperte ich weiter Richtung Bimmelbahn. Das konnte doch wohl nicht wahr sein????
Okay, nachdem die Rentnerin nun schon –wohlmöglich Jahrelang– im Einzugsgebiet des GAUleiters lebte, war eigentlich nichts mehr verwunderlich und auch meine spontan geplante Teufelsaustreibungg würde die Dame nicht mehr retten. Omis spielem Bridge, kochen kannenweise Tee und essen Staubkekse. ABER SIE REINIGEN NICHT DIE GEHWEGPLATTEN MIT EINEM HANDFEGER!!!!!!!!!!!!
Der GAUleiter hat nämlich auch so einige Tricks auf Lager und dank seiner Machtstrukturen schafft er es auch wunderbar die Nachbarn um Mr. Strandfynd seinen Kontrollmechanismen zu unterwerfen.
Wie wird man nun aber GAUleiter in seinem Block/Viertel/Nachbarschaft?
- Die Haustür (also in dem Falle die Eingangstür zum Treppenhaus) wird ordnungsgemäß vom Gauleiter –Ihnen– gegen 21 Uhr verschlossen.
- Mülltrennung ist ja nicht zum Spaß gesetzlich geregelt in Deutschland. Kontrollieren Sie als Gauleiter auch die Abfallbehältnisse ihrer Nachbarn. Zeigen Sie Körpereinsatz und wühlen Sie wirklich im Müll rum. Sie werden staunen was ihr Nachbar –die Umweltsau– so als “Hausmüll” deklariert. BÜROKLAMMERN sind VERBUNDSTOFFMÜLL, verdammichnochmal!!!!
- Am Wochenende, speziell am Sonntag, ist darauf zu achten, das ihre
UntergebenenNachbarn keine Wäsche waschen. Zu keiner Tags– oder Nachtzeit. Samstags wird der Rasen gemäht und am Sonntag huldigen wir dem Herren. Nein nicht dem “Mann” sondern dem allmächtigen…also dem Gauleiter…ach verdammt. - Haben Sie immer ein offenes Ohr für Ihre Nachbarn, lästern/ petzen oder anschwärzen: Stellen Sie klar das man sich vertrauensvoll an Sie wenden wird.
- Damit ihre Schäfchen nicht übermütig werden, verwenden Sie täglich mehrere Stunden zur Observierung der Zielpersonen. Schließlich sind Sie pensioniert, Sie haben Zeit. Nicht das die Zielpersonen etwas völlig verrücktes tun, Freunde einladen oder so.
Kleinstadtbewohner…eine Hölle der niemand entkommt, weil man schon tot ist und jeder dafür sorgt das der andere an seine Fehler und Schludrigkeiten im Leben permanent erinnert wird. Geschlossene Gesellschaft.