Es ist so: Bei Vendittis sitzt man gewöhnlich nicht einfach vor der Glotze. Schon gar nicht am hellen Tag, wenn draussen die Sonne scheint und man Kinder zum Spielen eingeladen hat. Daran gibt’s nichts zu rütteln, auch nicht dann, wenn der Rest der Welt morgen Nachmittag gerührt dabei zusehen wird, wie sich zwei ihnen völlig fremde Menschen ewige Treue schwören. Ich glaube, wir können sehr gut damit leben, dass wir dieses „historische“ Ereignis nicht live mitverfolgen werden. Die Bilder davon werden wir auch so früher oder später zu sehen bekommen.
Einzig ein kleines Mädchen, das irgendwo tief in mir drinnen sitzt, will nicht so recht zufrieden sein mit diesem Entscheid. Es ist dieses kleine Mädchen, das damals, als der Vater des Prinzen eine Kindergärtnerin geheiratet hatte, keinen Fernseher hatte und deshalb nicht zuschauen durfte, während alle Welt zu Tränen gerührt vor dem Bildschirm sass. Das kleine Mädchen, das einige Monate später stundenlang die Bilder in dem Hochzeits-Bildband bewunderte, den die grosse Schwester aus der Bibliothek ausgeliehen hatte. Nun ist es ja nichts Neues, dass kleine Mädchen gerne Prinzessin sein möchten, doch jenes kleine Mädchen verspürte diesen Wunsch nicht. Und dennoch hatte es das Gefühl, dass es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit sei, dass es die „Märchenhochzeit“ nicht mitverfolgen durfte.
Heute also meldet sich dieses Mädchen wieder zu Wort und klönt: „Komm, sei doch nicht so. Wenigstens dieses eine Mal können wir eine Ausnahme machen und uns am Freitagnachmittag vor die Glotze setzen. Du weisst doch, wie enttäuscht ich damals war, als ich nicht zuschauen durfte, wie Charles und Diana sich das Jawort gaben. Und jetzt willst du deinen Kindern das Gleiche antun? Denk doch nur, wie traurig Luise sein wird…“
Bis jetzt fällt es mir nicht schwer, das kleine Mädchen zu überhören, denn die Windsors lassen mich kalt. Wäre morgen Nachmittag eine Bundesratswahl, ich würde mich ganz bestimmt vor den Fernseher setzen, aber der Britische Adel in seiner ganzen Biederkeit ist mir nun wirklich zu doof. Daran kann auch ein kleines Mädchen, das tief in mir drinnen sitzt, nichts ändern daran.
Sollte allerdings morgen ein sehr reales kleines Mädchen von der Schule nach Hause kommen und mich bitten „Mama, können wir nicht die Hochzeit schauen? Die anderen dürfen auch und ich möchte doch so gerne das Kleid sehen…“, dann werde ich wohl kaum hart bleiben können. Also könntet ihr bitte dafür sorgen, dass unsere Tochter nichts von der Sache erfährt. Ich habe nämlich wirklich keine Lust, den morgigen Nachmittag vor dem Fernseher zu verbringen.