Er ist nicht mein Kind und ich kenne ihn auch nicht besonders gut. Ich weiss nur, dass er in seinem kurzen Leben schon mehr Schweres erlebt hat als manch ein Erwachsener. Wenn ich ihm hin und wieder begegne, fällt mir seine Fröhlichkeit auf, seine Lebensfreude, aber auch seine Starrköpfigkeit. Kein Kind, mit dem man einen Spielwarenladen besuchen möchte, denn gegen seinen harten Kopf kann man wohl nur verlieren. Er ist nicht frech oder ausfällig, aber er fordert mit seinem Verhalten, dass man sich mit ihm auseinandersetzt. Mir gefällt der Junge, in ihm brennt ein Feuer, das vielen Kindern fehlt, die es leichter haben als er. So sehe ich ihn.
Andere sehen ihn offenbar anders. Für sie ist er “hochgradig gestört”, weil seine Mama öfters mal an die Grenzen stösst, wenn sie ihn in die Schranken weisen will. Er ist “untragbar”, weil er sich nicht einfach ignorieren lässt. Er ist ein “Saugoof”, weil er ein Nein meist nicht beim ersten Mal akzeptiert. Auch nicht beim zweiten oder dritten Mal.
Mir bricht fast das Herz, wenn ich die Leute so reden höre. Macht ein Erwachsener eine Lebenskrise durch, darf er abstürzen, man zeigt Verständnis für irrsinnige Frustkäufe, man verzeiht ihm verletzendes Verhalten, man sieht ihm Dinge nach, die man gewöhnlich aufs Schärfste verurteilt. Macht aber ein kleines Kind Schweres durch, dann soll es gefälligst weiterhin so funktionieren, wie man es von einem artigen kleinen Menschen erwarten darf.