Kleiner Frieden, Großer Frieden

Was ist eigentlich Frieden? Reicht es, wenn man gefahrlos über die Straße gehen kann, ohne dass jemand auf uns schießt, oder uns eine Bombe auf den Kopf fällt? Fasst man den Begriff Frieden groß und sieht ihn als das Gegenteil, oder die Abwesenheit einer kriegerischen Auseinandersetzung, dann ist Frieden für uns alle völlig selbstverständlich. Zumindest für diejenigen, die schon lange hier in Mitteleuropa wohnen. Für unsere Kinder ist Frieden auch selbstverständlich. Zumindest wenn es um die den großen Frieden geht. Im Kleinen sieht es leider oft anders aus.

Was kann Frieden bewirken?

Ich habe eine Blogparade gefunden, die der Weltfriedensdienst e.V. veranstaltet. Das Thema lautet „Was kann Frieden bewirken?“. Unter dem Hashtag #darumfrieden sind Bloggerinnen und Blogger dazu aufgerufen Antworten auf die Frage aus dem Thema zu finden. Was kann Frieden bewirken? Um ehrlich zu sein kannte ich den Weltfriedensdienst noch nicht. Außerdem konnte ich mir auch nicht genau vorstellen, was ein Verein von Deutschland aus für den Frieden tun kann. Wir leben ja zum Glück im Frieden. Also habe ich mich mit der Arbeit des Weltfriedensdienst auseinandergesetzt und sehr schnell erkannt, dass es zwischen Krieg und Frieden durchaus viel zu tun gibt.

Friedensdienst

Die Arbeit des Friedensdienst sieht etwas anders aus, als ich das erwartet hätte. Zumindest über einige der angeführten Projekte war ich etwas erstaunt. In Burundi läuft das Projekt „Versöhnung unterstützen“. 2006 wurde der brutale Bürgerkrieg nach mehr als 30 Jahren beendet. Die Situation ist zwar stabil, aber geprägt von Misstrauen. Vertriebene kehren zurück und müssen mit ehemaligen Soldaten zusammenleben. Der Weltfriedensdienst unterstützt das Projekt, das in Seminaren dabei hilft Vorurteile und Misstrauen abzubauen. Solche Projekte sind zweifellos wichtig und tragen dazu bei den Frieden zu erhalten. Andere, wie etwa die Förderung der Dorfentwicklung in Laos, oder das Stoppen der Regenwaldabholzung in Peru scheinen auf den ersten Blick aber wenig mit Frieden zu tun zu haben.

Definition von Frieden

Auch ohne konkreten Krieg scheint die Arbeit am Frieden notwendig zu sein. Es geht also nicht nur darum, nach dem Krieg wieder zur Normalität zurückzukehren, sondern Frieden auch präventiv zu schützen. Frieden hat viele Ebenen und Ausprägungen. Findet sich auf der einen Seite der Weltfrieden, der im Gegensatz zum Weltkrieg steht, so gibt es ganz am anderen Ende der Skala meine Kinder, die friedlich miteinander spielen. Oder eben nicht. Dazwischen liegen Steitigkeiten in allen Größenordnungen. Vom Problem, das man mit einem Kollegen hat über Nachbarschaftsstreit, bis zu Vorurteilen gegenüber einer ganzen Gruppe bis zu jeder Art von Rechtsstreit. Als Mutter strebt man natürlich das friedliche Zusammenleben der Kinder an, allerdings ist das nicht immer möglich. Die Kinder zanken sich aus den verschiedensten, oft ganz banalen Gründen. Oft hat man den Eindruck es geht schon lange nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um eine Abfolge von Reaktionen. Da wird mein Sohn mal aus dem Mädchenzimmer geworfen und wenig später darf auch die kleine Schwester nicht mehr in seinem Zimmer mitspielen.

Geschwisterstreit

Es gibt eigentlich nie einen Tag ohne Tränen und Aggressivität. Es liegt nicht in der Natur der Kinder, eine geordnete Diskussion zu führen. Den eigenen Argumenten wird durch Lautstärke Nachdruck verliehen und nicht durch lange Ausführungen. Reicht das nicht aus, dann werden sie auch handgreiflich. Es wird geschubst, gekniffen und geschlagen. Ist man überzeugt, dass man ein Recht auf etwas hat, das der, oder die andere nicht freiwillig abgibt, dann nimmt man es einfach. Teilen ist durchaus ein positive und wünschenswerte Eigenschaft, aber wenn die Besitzverhältnisse klar sind und der Besitzer aktuell einfach nicht teilen will, dann ist das nichts verwerfliches. Erst letztens habe ich einen Beitrag zu diesem Thema geschrieben. Verschiedene Meinungen, kleine Eskalationen, sowie Wut und Tränen ist ein Teil des Kinderalltags. Ich denke, dass meine Kleinen dabei durchaus im guten Durchschnitt liegen. Sicher gibt es harmonischere Geschwister, es gibt aber auch wesentlich streitsüchtigere Kindergruppen. Soweit also kein Grund zur Sorge.

Rationalität

Werden die Kinder älter, dann wird eine Schicht der Vernunft eingezogen. Sie entwickeln die Fähigkeit einen Konflikt zu vermeiden und sich auf einen Kompromiss zu einigen. Auch verlieren materielle Dinge mit der Zeit an Wert. War eine Puppe mit 4 Jahren noch ein wertvoller Besitz, so gibt es, neben dem Smartphone, kaum etwas, das einen ähnlich hohen Stellenwert hat. Auch das Interesse für die Dinge der Geschwister nimmt ab. Allerdings scheint die Streitbarkeit nur versteckt zu sein. Kinder können auch als Jugendliche noch streiten, wie Kleinkinder. Meist gelingt es, den Konflikt zu vermeiden. Allerdings gibt es wohl für die jungen Erwachsenen genauso wie für jeden anderen Menschen zumindest einen wunden Punkt.

Wunder Punkt

Sei es der Sinn für Gerechtigkeit und das Gefühl ungerecht behandelt zu werden, der Ärger über die Fahrkünste der anderen Verkehrsteilnehmer, oder der Nachbar, der Sonntags zuerst den Rasen mäht und dann eine Party im Garten feiert. Niemand von uns ist sicher davor, sich über etwas maßlos zu ärgern. Jeder hat einen besonders empfindlichen Punkt, auf den sie, oder er mit Wut und Ärger reagiert. Ich kann mich ganz wunderbar darüber ärgern, wenn unsere Hausverwaltung offensichtlich Geld verschwendet und meine Betriebskosten verschwendet. Andere haben vielleicht ein großes Problem mit Kritik, oder einem Angriff auf Ihre Kompetenz. Würde ich bei der Hausverwaltung anrufen und einen defekten Rasensprenger melden, der sich nicht mehr abschaltet, dann kann es passieren, dass ich auf jemanden treffe, der das als Kritik versteht. Jemand, der meine Kritik persönlich nimmt und dessen wunden Punkt ich damit ganz genau treffe, wird entsprechend reagieren. So eine Situation kann schnell eskalieren.

Eskalation

So wie Kinder sich gerne in die Haare bekommen, so kann das auch bei Erwachsenen passieren. Ein falsches Wort, Körpersprache und Mimik, die falsch ankommen und vielleicht ein Akzent, oder eine andere Eigenschaft, die Vorurteile und Assoziationen wecken. Besonders wenn Kulturen aufeinandertreffen, Asiaten beim Essen schmatzen und Afrikaner den Blickkontakt vermeiden, dann kann uns das seltsam vorkommen. Passt dann noch das Thema für beide und bearbeitet man gegenseitig den wunden Punkt des anderen, dann ist das eine perfekte Voraussetzung für eine Eskalation. Da nützt es wenig, wenn ursprünglich keine Absicht dahinter steckt. Von den Kindern kann man aber durchaus noch etwas lernen.

Krieg und Frieden im Kinderzimmer

Es ist schon erstaunlich und interessant zu beobachten. Gibt es in der einen Minute noch wilde Schreiduelle, Tränen und Verfolgungsjagden durch die Wohnung, so kann das nach wenigen Sekunden schon ganz anders aussehen. Auch wenn die Kinder einen großen Konflikt austragen – sie können sich trotzdem ohne Vorbehalte versöhnen. Natürlich gibt es auch Kinder, die sich ständig streiten und die in einer Gruppe kaum integriert werden, aber der Normalfall sieht anders aus. Kurze Konflikte werden ausgetragen und nach einer kurzen Abkühlung komplett vergessen. Der große Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen ist, dass ein Streit völlig spurlos beendet wird. Bei Erwachsenen ist das schwieriger.

Vorurteile

Egal, ob es sich um einen ungepflegten Obdachlosen, einen Skinhead, eine elegante Geschäftsfrau, oder einen Polizisten handelt – Kinder gehen auf jeden Menschen ohne jedes Vorurteil zu. Es gibt wenig Berührungsängste und als Mutter würde ich sogar behaupten, dass es oft zu wenig Berührungsängste sind. Sie gehen niemanden aus dem Weg und haben, zumindest solange sie klein sind, keine Angst vor fremden Menschen. Wir Erwachsene schleppen ständig die riesige Last unserer Erfahrungen mit uns herum. Wir haben gelernt, Menschen nach ihrem Äußeren zu beurteilen und achten weniger auf den Menschen selbst, sondern viel mehr auf das, wie er sich darstellt. Wir erkennen eine Uniform und hatten vielleicht schon öfter unangenehme Gespräche mit Polizisten, die uns mit dem Auto angehalten haben. All diese Erfahrungen, unsere Erwartungshaltung, die Normen die für uns selber gelten und Berichte die wir gehört haben fließen in die Beurteilung eines Menschen ein.

Filter

Gewissermaßen sehen wir jeden Menschen durch einen Filter. Wir stecken die Menschen auf den ersten Blick in eine Schublade und landen selbst sofort im Weltordnungssystem des Gegenübers in einem geeigneten Fach. Aus so einer Einteilung kommt man nicht leicht heraus. Erst wenn man jemanden näher kennenlernt kann sich die Zuordnung ändern. Allerdings verhindert unser Filter meist, dass wir Menschen, die nicht in die „potentielle Freunde“-, oder die „total sympatisch“-Schublade kommen, näher kennen lernen. Leben verschiedene Volksgruppen zusammen, dann verhindern die Vorurteile, die man hat und die Summe der Erfahrungen mit der jeweils anderen Gruppe, dass man sich kennenlernt. Es gibt also kaum eine Chance sich näher kennenzulernen, sich zu verstehen und die Meinung übereinander zu verändern.

Kriegsnachbereitung

Gerade nach einem Krieg sind die Menschen voller negativer Erfahrungen. Man geht sich aus dem Weg und arbeitet noch lange nach dem Krieg mit „Freund“- und „Feind“-Schubladen. Frieden ist erst dann möglich, wenn man sich näherkommt. Die Vorurteile müssen beiseite geschoben und widerlegt werden. Man muss positive Erfahrungen machen um das Bild, das man voneinander hat zu verändern. Ansonsten kann trotz offiziell erklärtem Frieden jede kleine Unstimmigkeit eskalieren. Das eigene Verhalten ist geprägt von Misstrauen und schlechten Erfahrungen und ein Leben in Frieden ist kaum möglich.

Was ist Frieden?

Frieden hat viele Facetten und findet sich in zahlreichen Wörtern. Viele dieser Wörter können helfen, zu erklären, wie sich Frieden äußern kann.

Zufrieden

Es ist wohl eine der wichtigsten Voraussetzungen für Frieden. Wir nutzen das Wort häufig für Teilbereiche unseres Lebens. Zufrieden mit dem Einkommen, oder den Schulnoten. Gesamt zufrieden zu sein, ist schwierig. Gelingt es in den meisten Lebensbereichen, dann ist das eine gute Voraussetzung dafür den Frieden zu erhalten.

Unzufrieden

Ist man im Gegensatz dazu unzufrieden, dann kann das Auseinandersetzungen auslösen. Oft geht es um Gerechtigkeit. Ist man unzufrieden, weil man weniger bekommt, als andere. Ist man mit einer Ware, oder Dienstleistung unzufrieden, dann kommt es zu einer Reklamation. Genauso ist es mit der Lebenssituation. Dauerhafte große Unzufriedenheit kann zu Eskalationen führen. Ob das das Verhalten der Nachbarn, die Politik, oder der Lebenspartner ist, spielt dabei keine Rolle.

Friedlich

Es gibt viel, das wir friedlich machen können. Friedlich zu schlafen, Friedlich auf der Couch sitzen, friedlich miteinander spielen sind einige Beispiele. Tun wir etwas friedlich, dann ist es meist leise und ohne große Bewegungen. Wir spielen nicht friedlich Schlagzeug, oder sprinten 100 Meter friedlich über die Laufbahn. Friedlich ist ein Synonym für Passivität, Ruhe und Ausgeglichenheit.

Befriedigt

Ein sexuelles, oder anderes Bedürfnis kann befriedigt werden. Sind alle Bedürfnisse befriedigt, dann gibt es nichts, was fehlt. Man ist ausgeglichen und ganz zufrieden.

Zufrieden friedlich

Wer zufrieden ist, ist friedlich. Jeder hat seine individuellen Bedürfnisse und passt diese auch an die Lebenssituation an. Lebt man am Existenzminimum, dann braucht man vielleicht nur ein warmes Essen um zufrieden zu sein. Lebt man im Überfluss muss der Drittfernseher mindestens 55 Zoll haben und Full HD beherrschen, damit man nicht unzufrieden ist. Werden die Grundbedürfnisse nicht befriedigt, dann kann es zu Eskalationen, Aufständen und Kriegen kommen.

Sicherheit

Was kann Frieden bewirken? Diese Frage kann nich eindeutig beantwortet werden. Es ist nicht immer Krieg, der den Frieden gefährdet. Wir haben großes Glück, dass wir nicht wissen, wie es ist im Krieg zu leben. Oft bin ich erschüttert, wenn ich Bilder von Flüchtlingen sehe. Was wenn ich selbst einmal gezwungen bin alles zurückzulassen? Was wenn ich mit meinen Kindern in einem schlecht belüfteten LKW, oder auf einem winzigen Schlauchboot sitze und keine Ahnung habe, wie es weitergeht? In Frieden zu leben ist ein großes Privileg für das man jeden Tag dankbar sein sollte. Frieden in Europa bewirkt, dass wir uns ungestört entwickeln können. Der Krieg zerstört Leben, Werte und Möglichkeiten. Wir alle brauchen keine Angst zu haben, dass unser Haus, oder unsere Arbeitsstätte zerbombt wird. Wir müssen uns nicht davor fürchten, dass unsere Kinder eines Tages nicht mehr heimkommen. Frieden bewirkt Sicherheit.

Freundschaft

Ist man friedlich im Umgang mit seinem Umfeld, dann kann der Frieden viel mehr bewirken. Sind wir streitsüchtig und gehen den Menschen aus dem Weg, dann verpassen wir einiges. Wir lernen viele interessante und auf den zweiten Blick hochinteressante Menschen nicht kennen. Offenheit für alle und ein unvoreingenommener Blick in die Welt macht es möglich, dass wir Kontakte knüpfen. Nicht nur ein friedliches Zusammenleben mit den Nachbarn, sondern echte Freundschaften können das Ergebnis sein. Kontakte zu knüpfen und Kontakte zuzulassen helfen uns ein soziales Netzwerk in Fleisch und Blut aufzubauen. Menschen, die mich unterstützen und mich auf vielen Ebenen bereichern. Frieden bewirkt Freundschaften und Beziehungen zwischen den Menschen.

Energie

Friedlich zu schlafen bringt uns viel Erholung. Zufrieden und ohne Streit durchs Leben zu gehen spart Unmengen an Energie. Statt uns in Auseinandersetzungen anzustrengen, uns stundenlang über etwas zu ärgern und schließlich Abends deswegen nicht einschlafen zu können, kann man sich positive Energie holen. Ein friedliches Bild, das wir zufrieden betrachten kann uns viel Kraft geben. Innere Ruhe spart viel Energie. Frieden spart Energie.

Chancen

Es gibt so viel im Leben, das wir verpassen können. Lebt man im Krieg, dann gibt es kaum Möglichkeiten auf Bildung und Arbeit. Aber auch im Kleinen, im privaten Umfeld verbauen Auseinandersetzungen Chancen. Chancen jemanden kennenzulernen und Chancen genug Energie für etwas Neues zu haben. Die Chancen sich ohne Angst dem widmen zu können, was man gerne tut ohne seine ganze Energie in die Sicherung der Grundbedürfnisse investieren zu müssen. Frieden gibt uns den Raum all diese Chancen zu nutzen!


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