Lange haben wir uns überlegt, wo wir noch hin wollen in diesem interessanten Jahr. So lange, dass wir zwei Tage vorher noch nicht wussten, wo es uns hin verschlägt. Mehrere Anforderungen mussten erfüllt werden. Wir wollten unbedingt ans Meer, in ein schönes Hotel, aber nicht touristisch und keine Sextourismusgegend. Der Süden Thailands mit seinen berühmten kleinen Inseln, die durch Hollywoodfilme wie „The Beach“ und „James Bond“ zu Lieblingszielen der Touristen geworden sind, lockte uns wegen der traumhaften Strände und einfachen Kommunikation vor Ort. Was uns jedoch neben den erhöhten Preise vorort von diesem Ziel abhielt, war der von Bangkok aus noch einmal sehr weite Weg bis dort hin. Wir suchten um Bangkok herum am Golf von Thailand nach einem geeigneten Ort, doch hier wimmelt es von Sextourismus, so dass unser Reiseführer davon abriet. Etwas südöstlich fanden wir dann doch eine kleine Insel: Ko Sichang.
Im Reiseführer stand: eine völlig thai-untypische Insel, im Internet dagegen: noch sehr ursprünglich thailändisch ohne Einfluss der Touristen. Bangkoker nehmen die Insel am Wochenende ein, um zu entspannen, ansonsten wohnen die paar Einwohner unter sich und Touristen sind selten. Wir witterten Ruhe und niedrige Preise, eine kurze Anfahrt und eine gute Möglichkeit, noch ein paar ruhige Tage zu verbringen. Im Internet fanden wir auch gleich eine tolle Website, die ein Hotel sehr vielversprechend aussehen ließ. Per Anruf buchten wir und einen Tag später nahmen wir den Nachtzug von Chiang Mai nach Bangkok. Diesmal waren nur Zweiteklassetickets übrig, doch wir wagten es und es war halb so schlimm. Durch die gelben Vorhänge war es sogar ein wenig gemütlicher als die erste Klasse. Da in dieser Klasse vier Betten in einem Abteil ohne Türen stehen, waren wir natürlich gespannt, wer mit uns zusammen „wohnte“. Kurz nach uns stieg ein junges japanisches Pärchen ein. Die beiden wirkten eher schüchtern und es kam kein Gespräch zu stande. Typisch japanisch: Nicht lange nachdem sich der Zug in Bewegung setzte, fielen ihre Augen zu. Auch Jere und ich legten uns in die Kojen, als es dunkel wurde. Ich las noch bis Mitternacht am Computer und schlief nicht sehr viel, aber diesmal nicht wegen irgendwelchen Angstgedanken.
Am nächsten Morgen war es noch dunkel, als wir uns bereit machten, in Bangkok schnell umsteigen zu können. Für unseren Anschlusszug hatten wir nur 20 Minuten zur Verfügung, so dass wir gepackt und bereit darauf warteten, aus dem Zug zu springen. Wir erlebten den Sonnenaufgang hinter den Häusern der Bangkoker Vororte und die Ankunftszeit rückte näher. Fünf Minuten vorher kam ein Schaffner vorbei und informierte uns, dass wir erst in 20 Minuten ankommen würden. Da wir in Chiang Mai keine Zugkarten für die Fahrt von Bangkok zur Insel buchen konnten, wurde die Zeit zu knapp. Aus den zwanzig Minuten wurden dann sowieso eine Stunde, so dass unser Anschlusszug längst weg war. Wir frühstückten am Bahnhof und überlegten, wie wir weiter vorgehen sollten. Der Zug fährt nur einmal am Tag, so dass nur der teurere Bus übrig blieb. Weil die Busstation ein ganzes Stück weg vom Hauptbahnhof liegt, nahmen wir ein Taxi. Am Ausgang des Bahnhofs wird man sowieso gleich von fünf Taxifahrern belagert. Wir ließen uns von einem ein Angebot machen und erlebten eine Höllenfahrt ohne Anschnallgurte durch die Bangkoker Innenstadt. Manche sagen, hier muss soetwas wie ein gemeinsamer Verstand existieren, sonst würde es nicht so wenig Unfälle geben. Was mir schon beim Rafting auffiel: Die Anbieter werben alle mit super Sicherheitsbestimmungen und ausgebildeten Personal, aber dann fährt mann doch mit 80 km/h über Landstraßen ohne verfügbare Anschnallgurte.
Am Busbahnhof angekommen und aus dem Taxi ausgestiegen, wurden wir schon von den nächsten Thais belagert. Alle stürzen sich hier mit Vorliebe auf die Touristen. Wir erzählten, wo wir hin wollten und bekamen gleich mehrere Taxiangebote. Letztendlich auch nicht so teuer, aber der Bus ist bei Weitem billiger. Schon fuhr auch ein Bus vor und wir wurden reingewunken. Erst waren wir ja skeptisch, ob der Bus wirklich zu unserem Ziel fahren würde. Wir fragten drei mal nach und man versicherte uns, dass wir im richtigen Bus seien. Mir war ja etwas mulmig, weil wir ohne weitere Gäste losfuhren und die hundert Baht pro Person gleich in der Brieftasche des Fahrers verschwanden. Vielleicht hätten wir doch erst in das Buszentrum gehen und dort offiziell eine Fahrkarte erwerben sollen. Wie wir durch den Unterscheid auf der Rückfahrt feststellten, war dies tatsächlich eine Fahrt um Geld zu machen. Wir kamen zwar an, aber wir hatten mehr als den üblichen Preis gezahlt. Außerdem hielt der Bus mindestens 40 Mal zwischendurch, so dass er drei Mal so lange brauchte, wie normal. Das Geld der Fahrgäste wurde direkt wieder in die Brieftasche gesteckt. An einer Straße wurden wir rausgelassen und an einen Tuktukfahrer verwiesen, der uns wieder mehr Geld abknöpfte, als normal ist, was wir wieder auf der Rückfahrt merkten (was soll man machen, wenn man sonst nicht weiter kommt?). Wir sind halt einfach nicht gut im Handeln.
Nach Zug, Taxi, Busfahrt und TukTuk kamen wir endlich am Hafen an. Unsere Fähre hatten wir auch wieder knapp verpasst, aber sie fährt jede Stunde, so dass wir gemütlich Mittag aßen und dann auf dem kleinen Boot an der Seite entlangkletterten (mit den großen Rucksäcken sehr kompliziert.) und uns zu den anderen Thai-Wochenendurlaubern auf den Boden setzten. Die Überfahrt zog sich lange hin und nach diesem anstrengenden Reisemarathon sehnten wir uns nach unserem tollen Hotel. Der Transport im Minibus vom Hafen der kleinen Insel funktionierte problemlos, doch schon an der Auffahrt und der Lobby merkten wir, dass die Internetseite weit mehr verspricht, als der Wirklichkeit entspricht. Für den Preis lag das Hotel weit unter unseren Erwartungen, was uns zusammen mit der anstrengenden Reise und der auf den ersten Blick eher unansehnlich wirkenden Insel ein wenig an der Entscheidung hier her zu kommen zweifeln ließ. Nach ein paar Bahnen im warmen Pool bei Mondlicht und einer erholsamen Nacht sah alles wieder viel besser aus und wir erkundeten die Insel. Zuerst zu Fuß, aber bei den nun herrschenden heiß-feuchten Temperaturen sattelten wir schnell auf einen Roller um, den wir wieder für 250 Baht im Hotel mieteten. Mit dem Roller hatten wir schnell fast alle Straßen der Insel abgefahren. Erster Eindruck: Jede Menge Müll, aber auch ein schöner Strand und ein paar interessante Tempel.
Die folgenden Tage genossen wir das Meer, das Essen und die gemütliche Inselathmosphäre. Nach dem Wochenende waren auch so gut wie keine Gäste mehr da und wir hatten die Einwohner ganz für uns. Allerdings dauerte es nicht lange, bis eine ganz andere Invasion folgte.