Ein alter Freund kommt strahlend wie ein Honigkuchenpferd auf mich zu und verkündet seine baldige Vaterschaft. Ich freu mich natürlich und gratuliere und erkundige mich nach den Gegebenheiten, drücke ihn noch mal fest und dann kommt
die Wehmut.
Kennt ihr das? Ich vermisse mein Baby, dabei steht es neben mir und argumentiert "Mama, darum geht es doch gar nicht!", legt Wert auf eigenkreierte Frisuren und schmiert sich seine Stullen selbst.
Ich hatte eine easy Schwangerschaft, ich war fit, rund, glücklich. Konnte mir beileibe nicht vorstellen wie es wird mit dem Baby, war erst sehr scheu in der Kinderabteilung, unschlüssig und unsicher, was dieses Rübchen denn brauchen wird. Hatte einen ausgeprägten Nestbautrieb. Habe die Vorfreude immer mit mir rumgetragen und eine Mischung aus Es-immer-noch-nicht-glauben-können, ein bisschen Ängstlichkeit, viel Zuversicht und Neugier. Ich habe mich immer wie Bolle auf die Ultraschalluntersuchung gefreut, weil ich dann wieder mehr gesehen habe von der Rübe, deren linken Fuß ich auch heute noch unter meinem linken Rippenbogen spüre. Abends im Bett haben wir mit diesem Fuß eine Art Morsesprache unterhalten. Wir haben unsere Finger an diese Stelle gepiekt und zuverlässig kam ein Tritt zurück. Was für ein Gefühl. Nie wieder habe ich mich so muttermagisch gefühlt :-)
Manchmal scrolle ich ganz nach oben im digitalen Bilderalbum und sehe ein kleines rundes Dings, das mir entfernt bekannt vorkommt. Ich kann mich aber an diesen Body nicht erinnern und daran, dass es mal so helle Haare hatte..? Ich sehe Bilder vom Stillen und vermisse diese kleinen Momente zwischen uns beiden, das Glucksen, das kleine Händchen, das derweil auf meiner Brust ruht, die zufriedenen Augen. Diese paar Minuten Zurückgezogensein. Und vermisse, wie sie im Tragetuch einschlief, während ich zu Yann Tiersen (schaltet mal ein, ist so schön schluchzig) hin- und hergeschaukelt bin. Es war so schön, viel Zeit zu haben, ihr Zeit zu lassen zu trinken und zu schlafen, mir Zeit zu lassen, um anzukommen im neuen Leben.
Ich freue mich schon über vier Jahre über alles, was das kleine Dings lernt, kann und tut. Ich staune, dass man an sich nichts weiter tun muss als liebhaben und geduldig sein - und alles kommt wie von selbst.
Ich vermisse dieses Baby. Ich weiß, dass ich in zehn oder in zwanzig Jahren auf heute, das vierjährige Rübchen, schauen werde und es vermissen, weil sie dann auch noch irgendwie klein war und wir zusammen gekuschelt haben und Pfannkuchen gebacken. Die Zeit ist auf einmal tausendmal kostbarer als im früheren Leben, als ein Jahr so ein bisschen wie das andere war.
Ich empfinde es gleichzeitig als schön wie eine Riesenbelohnung und wehmütig als Trennung, wenn sie eigenständiger wird und sich mehr abgrenzt. Muttersein hat wohl immer diese kleine, schmerzhafte Komponente, nicht?