Kleider machen Leute

Von Wernerbremen

Quelle: Helmut Mühlbacher

Ihr Lieben,
heute möchte ich Euch ein Märchen aus Persien erzählen:

„Kleider machen Leute“

„Ein weiser Mann kam in eine Stadt und erfuhr, dass dort ein freigebiger Mann wohne, der Reisende aufs Beste zu bewirten pflege. Der Weise, der aufgrund der beschwerlichen Reise über staubige Straßen und Wege in schmutzigen Kleidern steckte, begab sich zu jenes Mannes Haus.

Doch der Reiche zeigte ihm gegenüber nicht die geringste Freundlichkeit. Er ließ ihn nicht einmal niedersitzen. Da erfasste Scham den weisen Mann und er ging seines Weges.

Am nächsten Tag verschaffte er sich eine prächtige Ausstattung an Kleidern, schmückte sich damit und begab sich aufs Neue zu dem Reichen. Der Reiche aber begrüßte ihn dieses Mal mit einer tiefen Verneigung und lud ihn ein, an seiner Seite Platz zu nehmen, und ließ die leckersten Gerichte auftragen.

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Der weise Mann setzte sich zu Tische. Doch er aß nicht, sondern er schüttete die Speisen und Getränke auf seine Kleider. Verwundert fragte ihn der Herr des Hauses, was er da tue.
 
Der weise Mann antwortete:
„Gestern kam ich in alten Kleidern hierher und
da botest Du mir keinen Bissen zu essen an.
Heute, da ich fein gekleidet bin, muss ich glauben,
dass diese Mahlzeit nicht für mich, sondern für meine Kleider bestimmt ist.“

Ihr Lieben,
Dieses kleine Märchen hat in mir eine Erinnerung an Zeiten geweckt, als ich noch ein junger Erwachsener war und in Göttingen als Dozent an der Universität Göttingen tätig war.
An der Universität Göttingen arbeitete damals auch ein junger Gastdozent aus der damaligen DDR. Als er wieder in seine Heimat im Eichsfeld zurückkehrte, lud er mich zu einem Besuch über ein Wochenende zu sich nach Hause ein. Dieser Besuch wurde entgegen meinen Erwartungen auch genehmigt.
Kaum dort angekommen, führen wir am Nachmittag mit seiner gesamten Familie in das nahegelegene Kleingartengebiet, um dort gemeinsam mit anderen Gartenfreunden das Wochenende zu verbringen. 
Zunächst stand aber Gemeinschaftsarbeit an, um einige Schäden in der Kleingartensiedlung zu beseitigen. Der Vater des jungen Gastdozenten fuhr dann mit mir in seinen alten schmutzigen Gartenklamotten in den nahegelegenen Baustoffhof, um die benötigten Materialien zu besorgen.
Leider wurden alle unsere Bitten abgelehnt. Angeblich waren die von uns benötigten Materialien, wie Holzlatten, Nägel, Schrauben und Holzpfähle nicht vorrätig. Damals habe ich zum ersten Mal erlebt, was das Wort „Kleider machen Leute“ wirklich bedeutet.
 
Der Vater des jungen Gastdozenten war nämlich in seinem Beruf Oberst der Nationalen Volksarmee.
Nachdem wir auf dem Baustoffhof mit unseren Bitten abgeblitzt waren, fuhren wir direkt zu ihm nach Hause und dort zog er sich seine Paradeuniform der Nationalen Volksarmee an.

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Dann kehrten wir zum Baustoffhof zurück – und – o Wunder – bei diesem Mal wurde uns jeder Wunsch erfüllt, ja uns wurde sogar noch Material aufgedrängt, das wir eigentlich gar nicht haben wollten!

Das macht mich immer wieder traurig, wenn ich mitbekomme,
wie oft Menschen nur nach ihrem Äußeren beurteilt werden:
 
Da hat einer eine dunkle Hautfarbe und sogleich wird ein solcher Mensch hier in Bremen von vielen Vermietern als Mieter abgelehnt.
 
Da hat einer einen Irokesenhaarschnitt und sogleich wird er verdächtigt,
ein Rechtsradikaler zu sein.

Da sitzt jemand, ärmlich gekleidet und mit einer Bierflasche in der Hand, auf einer Bank und wird sogleich verdächtigt, arbeitsscheu und ein Alkoholiker zu sein.

Antoine de Exupèry hat das auf seine unvergleichliche und unnachahmliche Weise erkannt und formuliert:
„Nur mit dem Herzen sehen wir gut, denn das wahre Wesen des Menschen bleibt den Augen verborgen!“

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Wenn wir etwas über das Wesen eines Menschen erfahren wollen, dann sollten wir keine voreiligen Schlüsse ziehen, sondern mit diesem Menschen ins Gespräch kommen.
Es sollte uns nicht wichtig sein, wie jemand aussieht, wie er gekleidet ist, welche Hautfarbe er hat, welche Haarfrisur er hat, wichtig sollte uns sein, was der Mensch, der uns begegnet, denkt, fühlt, hofft, liebt.

Quelle: Karin Heringshausen

Ihr Lieben,
ich wünsche Euch eine Woche der offenen Augen, ich wünsche Euch Augen, die offen sind, weil sie geleitet sind durch die Liebe des Herzens, damit ihr das wahre Wesen der Menschen erkennt, die Euch begegnen.
Ich grüße Euch sehr herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner

Dieses Denkmal für Momo zeigt,
worauf es ankommt: Auf das Zuhören,
geleitet von einem liebenden Herzen
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