Vier Jahre lang sah man sich fast täglich. Es waren die schwierigen Jahre, in denen man nicht mehr Kind und noch nicht jugendlich ist. Die Jahre, in denen man innert Sekunden von bester Freundin zu Lieblingsfeindin und wieder zurück wechselt. Die Jahre, in denen wohl keiner sich richtig gut und stark fühlt und doch jeder vorgibt, es zu sein. Die Jahre, in denen ein paar schlecht gewählte Worte einen in eine tiefe Lebenskrise stürzen können, vor allem, wenn diese Worte aus dem Mund der “grossen Liebe” kommen. Die Jahre, in denen man zu dick, zu dünn, zu vollbusig, zu flachbrüstig, zu pickelig, zu klein, zu behaart, zu dumm, zu wohl behütet ist – einfach nie so, wie man eigentlich sein möchte. Die Jahre, die sich keiner zurückwünscht, wenn sie mal vorbei sind, die aber im Rückblick voll von herrlich skurrilen Erlebnissen sind.
Heute sieht man sich kaum mehr, vielleicht begegnet man sich mal zufällig, zu einigen wenigen hält man noch Kontakt, andere liest man hin und wieder auf Facebook. Man würde erwarten, dass diese Menschen einem über die Jahre vollkommen fremd geworden sind und doch fühlt man sich erstaunlich vertraut, wenn man mal wieder gemeinsam am Tisch sitzt. Gewisse Macken sind geblieben, Charakterzüge noch ausgeprägter, die meisten sind diejenigen geworden, die sie damals im Ansatz bereits waren, nur noch nicht ausgereift. Plötzlich sind sie wieder da, die alten Zeiten, nur viel besser, weil jeder sich fast ausschliesslich an das Gute erinnert und weil keiner mehr den Wunsch verspürt, den anderen fertigzumachen. (Was ja auch kein anständiger Erwachsener tun würde.) Wenn man sich nicht mehr alle Tage sieht, konzentriert man sich auf das Wesentliche, nämlich darauf, sich zu freuen, dass die Teenager, mit denen man die schwierigen Jahre durchgemacht hat, zu netten, glücklichen Erwachsenen geworden sind, mit denen man sich bestens unterhalten kann.