Anna war im KZ. Als ich zu ihr ins Zimmer komme, faucht sie mich an: „Geh raus!“
„War schlimm?“
„Ja, was denkst du denn? und jetzt lass mich in Ruhe.“ Ich schließe die Tür.
Irgendetwas muss ich damals in meiner Kindheit oder Jugend gesehen haben, ab diesem Zeitraum träumte ich von Verfolgung und Deportation. Da war ich zwölf. Ich weinte im Traum am Stacheldrahtzaun, sah das Leben an mir vorüberziehen, das schöne und sorglose Leben, das ich nie zu schätzen gewusst hatte. Nein ich habe keinen jüdischen Hintergrund.
Oft wachte ich nachts schweißüberströmt auf. „Warum Papa? Wie kann der Mensch zu etwas fähig sein?“
Ich habe meinen Kindern versucht diesen Schock zu ersparen, aber man kann ihn nicht ersparen. Man darf ihn nicht ersparen.
Als ich vierzehn Jahre alt war fuhren wir mit der Klasse nach Buchenwald. Ich hatte anderes im Kopf, es berührte mich nicht. Vielleicht habe ich deshalb auch vermutet, dass es Anna nicht zusetzen würde. Tat es aber offensichtlich.
Ich hatte Anna das genauso gesagt, in deinem Alter hatte ich auch eine Klassenfahrt ins KZ. Aber erst in Ausschwitz habe ich geweint, und das Ausmaß bewusst begriffen. „Nie wieder! Nie wieder darf so etwas sich wiederholen und der Schock schmerzhaft , aber notwendig.