Klassenfahrt für Große!


Im Dezember zwischen Weihnachten und Neujahr war es endlich so weit. Es ging mit der gesamten Lehrerbelegschaft und weiteren Angestellten des Campus auf große Reise! Jakin Mam, die Leiterin des Waisenheim und „Chief Supervisor“ der Schule hatte einen Monat zuvor um Anmeldung gebeten, damit sie sich um die Organisation der ersten Little-Flower-Lehrer-Tour kümmern konnte. Natürlich habe ich nicht lange gezögert und dem „Teacher's Trip“, wie es hieß, sofort zu gestimmt. Damals wusste ich, weder wo es hin gehen sollte, noch wer tatsächlich alles mitkommt.
Klassenfahrt für Große!
In der Zeit vor Weihnachten, als die Reise immer näher rückte, war der geplante gemeinsame Urlaub Thema Nummer Eins im Lehrerzimmer. Es kristallisierte sich auch langsam immer mehr heraus, wer wirklich mit dabei sein wird. Immer mehr Angestellte der Schule, wie die Frauen im Büro und mein Busfahrer Victor erzählte mir, dass auch sie mitkommen. Von den Lehrern wusste ich ja bereits. Dass eine Lehrerin aber sogar ihre Eltern und drei Söhne mitnimmt, habe ich aber erst am Abreise Tag festgestellt. Auch Andreas mein neuer Volunteers-Kollege gesellte sich der Truppe an. Insgesamt waren wir tatsächlich 26 Little-Flower-School-Mitglieder, die sich auf große Reise begaben. Eigentlich sollten es 27 werden, doch Mallika, die eine der Kräfte aus dem Büro durfte nicht mitkommen, da ihr älterer Bruder es ihr in letzter Minute verboten hatte. So tickt Indien in manchen Familien, vor allem auf dem Lande. Direkt hatte ich das bisher auch noch nicht erfahren. Es schien tatsächlich normal zu sein, denn von den anderen war keiner sonderlich überrascht und der Ausflug nahm wie geplant seinen Lauf:
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Es ging nach Kerala, eines der Top-Bundesstaaten in Indien! Doch erst einmal trafen wir uns alle an Mangalore's Central Station. Denn um nach Kerala zu gelangen, mussten wir einige Stunden Zugfahrt auf uns nehmen. Um ca. 18 Uhr startete der Indian Railroad Express am Gleis Richtung Süden. Einige Lehrer hatten sich liebenswerterweise um die Verpflegung gekümmert und selbst gekochte Leckereien mitgebracht. Aus den unterschiedlichen Snacks wurde nach und nach ein Sechs-Gängemenü. Nach dem indischen Gaumenschmaus mit vielerlei Neuheiten plauderte ich noch ein bisschen mit meinen Kollegen im Abteil. Schnell wurde klar, dass ich während dieses Urlaubs die Lehrer und Mitreisenden noch einmal von einer ganz anderen Seite kennenlernen würde, da dass teilweise stressige Schulambiente völlig wegfiel. Die Zugfahrt und die kommenden drei Tage in der Gruppe boten einfach viel Zeit und einen so nie dagewesenen Raum für Gespräche aller Art, die im Lehrerzimmer so nie entstünden. Da fast alle, die dabei waren gut Englisch konnten, war die Verständigung kein Problem. Die lockere Atmosphäre brachte mir aber auch einmal mehr die örtliche Sprache „Kannada“ näher. Die meisten Lehrer waren der Meinung es sei höchste Zeit die Sprache vernünftig zu lernen. Nach und nach festigten sich zwar die wesentlichen Wörter und Satzbrocken, doch da die Nachfrage an meinem Kannada im Projekt selbst, einer English-Medium-School, jedoch so gering ist, nehme ich bisher nur das auf, was von alleine kommt. Doch wie Lehrer so sind, haben sie natürlich auch ihren Spaß gehabt Andreas und mir Kannada beizubringen.
Um ungefähr drei Uhr mitten in der Nacht kamen wir in Aluva, einer kleinen Stadt in Kerala an. Dort wartete schon ein gemieteter Reisebus auf unsere Gruppe. Bevor wir einstiegen, machten sich die meisten noch schnell frisch in den Toiletten bzw. Bädern im Bahnhofsgebäude. Ein Eimer Wasser, dazu ein kleiner Becher ist einfach alles, was man für eine Dusche in Indien braucht. Dann ging es mit dem Bus durch die Dunkelheit. Da es um die Uhrzeit sowieso noch nicht viel aus dem Fenster zu gucken gab und die Nacht im Zug nicht besonders lang gewesen war, schliefen die meisten sofort ein.
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Ich saß in der letzten Reihe neben Victor, dem Fahrer des Schulbusses bei dem ich am Morgen jedes Schultages assistiere. Außerdem saß zu meiner anderen Schulter Pramila, eine der zwei Büroangestellten im Sekretariat. Es war ein super Platz voller Humor und guter Laune! Mit der aufgehenden Sonne und dem Voranschreiten des Busses erschloss sich mir immer mehr das Ziel unserer Reise: Die Teeplantagen von Munnar.
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Wir befanden uns nach einiger Zeit Fahrt mitten in den Bergen. Rechts und Links der Straße nichts außer Teesträucher, die in ihrer einzigartigen Anordnung das Panorama der Berge veredelten. Teilweise standen sogar Nebelschwaden über den Tälern. Dort befanden sich kleine Dörfer, in denen die meisten Einwohner als Teepflücker arbeiten. Nach jeder Kurve der Serpentinenstraße eröffnete sich ein neuer umwerfender Blick auf die atemberaubende Landschaft.
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An einer ausgeschilderten Aussichtsplattform machte unser Bus das erste Mal halt. Es schien ein gut besuchter Platz zu sein. An den Seiten entlang eines Trampelpfades verkauften einheimische Frauen in kleinen Körben Obst und Gemüse frisch aus der Region. Ich probierte eine Passionsfrucht, die auch als Marakuja bekannt ist, und längliche Tomaten. Von der Passionsfrucht besorgte ich mir nach dem einzigartigen Geschmackserlebnis nach der ersten Kostprobe gleich noch weitere als Proviant für die nächsten Kilometer im Bus.
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Wie es der Zufall so wollte, traf ich mitten in Kerala ein mir bekanntes Gesicht. Maria, eine Freiwillige, die ich auf der Orientationswoche im August in Kundapur kennengelernt hatte stand plötzlich wie aus heiterem Himmel vor mir. Auch in Indien ist die Welt eben klein.
Außer Obst und Gemüse gab es am Aussichtspunkt noch einen gewaltigen Blick auf ein beeindruckendes Szenario von massiven Bergen, die Wolken in Tälern einfingen.
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Ein nächster Stopp war an einem Bergsee. Dort gab es allerhand zu schauen. Neben Ständen, die typisches aus der Region anboten, konnte man sich Boote ausleihen. Im dreier Team mit Chitra und Shubashini, zwei Mathe-Lehrerinnen ging es gemeinsam in ein Tretboot. Die Steuerung hat nicht so hundert prozentig funktioniert. Daher kamen wir nur mühsam in die richtige Richtung. Andreas und andere Lehrer nahmen sich auch eines der Boote. Kaum einer konnte Schwimmen. Da diese Fähigkeit fast keinem Inder gegeben ist, musste jeder eine Rettungsweste anziehen. Das sah schon lustig aus.
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Die erste Nacht verbrachten wir in einem Konvent. Von den Zimmern her machte es keinen Unterschied zu einem günstigen Hotel. Doch ich kann mir vorstellen, dass es Sonderkonditionen für unsere Truppe einer christlichen Schule gab. Wie schön das Klostergrundstück war, auf dem wir uns befanden, stellten wir am nächsten Morgen fest. Es ähnelte einer Parkanlage. In der Mitte viel erst einmal ein gepflegter Rosengarten auf. Hinter einem Hühner- und Hasenstall erstreckte sich dann ein recht großer Teich mit Wasserfall und Fontäne. Marienfiguren und andere Heilige standen überall herum. Jakin Mam und Binu Sir wollten sich am liebsten mit jeder von ihnen fotografieren lassen. Etwas kitschig, wenn man mich fragt. Aber nun ja auch das ist Indien.
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Unser zweiter Tag begann mit einem Halt an einer Produktionsstelle für Rohrzucker. Die Konstruktion dazu stand direkt am Feld. Alles, was man braucht, um die Zucker zu bekommen, sind ein paar Männer, die das geschlagene Zuckerrohr in eine Presse schieben, die von einem Motor betrieben wird. Der Saft wird durch ein simples Rohrsystem in so etwas, wie die größte Pfanne der Welt geleitet. Durch die ausgepresste und getrocknete Biomasse des Zuckerrohrs wird die Flamme, die die Pfanne und damit der Saft erhitzt, genährt. Drei Stunden muss er kochen, dann bleiben nur noch Zuckerkristalle übrig, die hier als „Jagery“ bezeichnet werden.
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Noch mehr Erträge aus der Natur gab es bei, den nächsten Stopps zu sehen. Es waren Farmen, die so gut wie alles, was in der Region wächst, anbauten. Kerala muss ein furchtbares Land sein. Von Kaffee, Tee über Kürbisse, Erdbeeren bis hin zu Orangen und Zitronen hat es an nichts gefehlt.
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Bei solch einer Reise wie unserem „Teacher's Trip“ durfte natürlich der Badespaß nicht fehlen. Einmal rasteten wir an einem Wasserfall. Das kalte Wasser aus den Bergen bot sich aber schon fast nicht mehr zum Baden an, so kalt war es. Doch für eine Erfrischung und die Befreiung vom stetigen Schweiß war es perfekt. Der Versuch, an den Seiten des Wasserfalls hochzuklettern um noch mehr Abenteuer zu erleben, scheiterte allerdings. Es war einfach zu rutschig.
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Dieses Problem hatten wir am Meer bei Kochi, dem letzten vollen Tag unserer Reise zum Glück nicht. Dort gingen wir schon früh morgens ins Wasser. Fast alle machten mit. Frauen, wie immer in Kleidung, die sich vom sonstigen Outfit nicht groß unterschied. In Badeanzug oder Bikini findet man keine Inderinnen. Goa ist wahrscheinlich der einzige Ort, an dem so etwas kulturell mittlerweile geduldet wird. Die Wellen waren perfekt am Strand Cherai. Selten habe ich die Lehrer so ausgelassen erlebt. Die pure Freude sprudelte aus ihnen und mir heraus und das, obwohl auch die meisten gar nicht schwimmen konnten und wir eigentlich eher Angst hätten haben müssen.
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Die Nacht verbrachten wir übrigens im Haus von Binu Sir's Bruder. Seine Familie war so lieb uns alle für die paar Stunden bei sich aufzunehmen. Von der Organisation her war alles ganz einfach. Im Wohnzimmer und Esszimmer wurde alles an die Seite geschoben und es wurden Decken auf den Boden gelegt. Ganz einfache Decken. Darauf schliefen wir. Männer im Wohnzimmer und Frauen im Esszimmer. Es war absolut kein großes Haus und auch die Räume in denen wir untergebracht waren, reichten gerade so. Die Tatsache, dass mal so eben eine Gruppe von 26 Menschen für eine Nacht zum Schlafen vorbeikommt, ist in Deutschland glaube ich so seltenst vorgekommen. Dort werden auch die aller meisten eher nicht auf dem harten Boden schlafen.
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Den letzten Tag verbrachten wir wie gesagt in Kochi. Mit ein bisschen Shopping und Sightseein auf der Stadtinsel „Fort Kochi“ ging die Zeit schnell vorbei. In einem Tempel konnten wir zufällig einen Elefanten dabei zusehen, wie er für ein Fest geschmückt wurde. Es ist immer wieder beeindruckend diese Tiere so nah zu sehen, wie man sie bei uns nie zu Gesicht bekommen würde.
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Auch einen Tempel der ganz anderen Art schauten wir uns spaßeshalber an. Einen ganz besonderen Konsumtempel, ein Kleidergeschäft, welches mit das größte Asiens sein muss und in dem ich mir nicht mal Europäer etwas leisten könnte.
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Den letzten Abend liefen wir an einer wunderschönen Strandpromenade Kochis ausklingen. Sie war beleuchtet mit vielen bunten Lichtern. Die Dekoration für Neujahr. Von Haifisch bis Popcorn gab es für jeden Appetit etwas. Am Ende der Promenade erstreckte sich ein Sandstrand, wo bereits viele Familien saßen, um sich den Sonnenuntergang anzusehen. Mit ein paar Lehrer entspannten wir noch einmal gemeinsam im weichen Sand. In der Nacht fuhren wir dann mit dem Zug aus Kochi zurück nach Mangalore. Dort endete die Reise.
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Es war ein unglaubliches Erlebnis. Auf der einen Seite, weil die Landschaft und die Dinge, die wir gesehen habe so neu und beeindruckend für mich waren und auf der anderen Seite natürlich, weil die Gruppe der Lehrer und Kollegen einfach so unkompliziert und fröhlich war. Freundschaften haben sich entwickelt und ich möchte fast behaupten, „es waren mit die besten drei Tage in meinem bisherigen Indien-Abenteuer.“
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