Michaela Preiner
„Zelt“ (Foto: Reinhard Werner/Burgtheater) In der letzten Premiere, die unter Karin Bergmann an der Burg gezeigt wurde, durfte der Mehrspartenkünstler Herbert Fritsch seine Sicht auf das Theater präsentieren.Opulent, mit viel Augenfutter, oszillierend zwischen Bildern, mit denen er bei jeder großen Ausstellung reüssieren könnte. Zugleich aber auch hoch musikalisch, poetisch und zum Nachdenken anregend. Einen Großteil der Faszination macht die Lichtregie aus, die den Bühnenraum in sattes Rot, Blau, Orange, Gelb oder Grün taucht und scharfe Kontraste zu den Spielenden in ihrem farbenfrohen Outfit bildet.
„Zelt“ handelt von einer Schar von Menschen, die ihrem Alltag als Reinigungskräfte entfliehen und sich eine Auszeit auf einem Campingplatz gönnen – mit kleinen Ein-Mann-Frau-Zelten, die eine gefühlte Ewigkeit benötigen, bis sie endlich aufgestellt sind. Danach wird ausgiebig gefeiert und mit Gitarren und Akkordeons aufgespielt, dass die Balken krachen.Unter der musikalischen Leitung von Matthias Jakisic, der das Geschehen von Beginn an als Clown mit seiner kleinen E-Geige untermalt, formiert sich das 23-köpfige Ensemble zu einem gewaltigen Orchester, das an Auftritte der Percussion-Gruppe Stomp erinnert. Heftig brüllt der stampfende Rhythmus in den Zuschauerraum und schwillt zu einer ungeahnten Kakophonie an, in der alle auf der Bühne außer Rand und Band geraten. Nachdem sie sich erschöpft in ihre Zelte zurückgezogen haben, zeigt Fritsch, dass das Theater mehr kann, als nur Instrumente und Menschen aus dem Nichts auftauchen zu lassen.
Mit seinem allerletzten Bild schlägt Fritsch jedoch eine wahre Volte. Tauchen doch wie aus dem Nichts nur die Köpfe des Ensembles, mit weißen, zerzausten Haaren, aus dem spiegelnden Boden auf. Aus ihren aufgerissenen Mündern ist kein Ton zu vernehmen, aber man versteht, dass es sich um stumme Schreie und Klagen handelt. Das Bild erinnert an Geköpfte aus der Französischen Revolution. Und tatsächlich hält sich das Lachen des Publikums hier in Grenzen.
Nach dem letzten Vorhang ist aber noch lange nicht Schluss und so verabschieden sich die Schauspielerinnen und Schauspieler noch mit einer musikalischen Zugabe und unzähligen Abgängen. Bis schließlich Herbert Fritsch in einem Dirndl über die Bühne schwebt und artig seine Diener macht.
„Eine Metapher auf das Theater“ kann hochintellektuell aber auch, wie an diesem Abend vorexerziert, mit viel Klamauk und Clownerien präsentiert werden. Lang anhaltender Applaus – wenngleich auch dramaturgisch perfekt initiiert – machte klar, dass sich das Premierenpublikum amüsierte.