Klagen bzw. Eilanträge gegen den ESM: Warum hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe den Termin für die Eilentscheidung genau für den 12.09.2012 anberaumt?


Die Financial Times Deutschland ist mir als Speerspitze der medialen Euhaftungs-Mafia ausgesprochen unsympathisch. Leider kann ich dennoch auf ihre Lektüre nicht verzichten, denn manchmal enthält sie wichtige Informationen, die man anderswo nicht findet.
So aktuell in dem Artikel "Schuldenkrise. IWF droht Griechenland mit Zahlungsstopp" vom 22.07.2012. Der referiert zunächst einen Bericht von SpiegelOnline, den ich bereits in meinem vorigen Blott behandelt hatte. Doch beiläufig erfährt man dann noch (meine Hervorhebung):
"Um die Ansteckungsgefahr für andere Länder zu begrenzen, wollten die Regierungen den Beginn des neuen Rettungsschirms ESM abwarten. Dieser sollte ursprünglich bereits am 1. Juli startklar sein, kann nun jedoch nicht vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über ESM und Fiskalpakt am 12. September in Kraft treten. Auch die ebenfalls am 12. September stattfindende Parlamentswahl in den Niederlanden muss abgewartet werden, da die derzeitige Regierung nur geschäftsführend tätig ist und keine Grundsatzentscheidungen in der Euro-Schuldenkrise treffen kann."
Wer da keinen Zusammenhang mit der Tatsache vermutet, dass auch das Verfassungsgericht an eben diesem 12. September 2012 trifft, der wäre aus meiner Sicht ziemlich naiv.
Wenn man indes eine bewusste Terminkombination mit dem Wahltag in den Niederlanden annimmt, stellt sich die Frage, ob das Gericht von selbst darauf gekommen ist, oder ob es - und ggf. von wem - auf diese Idee gebracht wurde.
Auf jeden Fall steht fest, dass die Verzögerung keinerlei Folgen für die Eurettungsaktionen bzw. für den Kapitalmarkt hat: Der ESM wäre bis zum 12.09.12 wegen der fehlenden holländischen Mitwirkung ja ohnehin gelähmt.
Den bisher ausführlichsten Bericht über die Verhandlung vom 10.07.2012 in Karlsruhe über die Eilanträge der Kläger (mit denen es dem Bundespräsidenten Joachim Gauck untersagt werden sollte, den ESM-Vertrag bzw. die zugehörigen deutschen Gesetze zu unterschreiben und damit völkerrechtlich verbindlich zu ratifizieren) habe ich im "Verfassungsblog" von Maximilian Steinbeis gelesen:
  • "ESM/Fiskalpakt in Karlsruhe, Teil 1: Lieber später und verlässlicher entscheiden"
  • "ESM/Fiskalpakt in Karlsruhe, Teil 2: Parlamentarier und ihre Verantwortung" und
  • "ESM/Fiskalpakt in Karlsruhe, Teil 3: Von Kernschmelzen, bodenlosen Fässern und anderen Katastrophen".
Dort wird nicht berichtet, dass der Wahltermin in den Niederlanden, und die Tatsache, dass der ESM bis dahin ohnehin entscheidungsunfähig ist, bei der Gerichtsverhandlung zur Sprache gekommen wäre.
Man kann also nicht ausschließen, dass es noch hinterher eine (von wem auch immer initiierte) Kommunikation zwischen der Bundesregierung und den Bundesverfassungsgericht gegeben hat, bei der die Regierung dem Gericht signalisiert hat, dass dieser Termin genehm wäre - weil eben bis dahin der ESM ohnehin nicht funktionsfähig ist.
Wenn das Bundesverfassunsgericht dem zugestimmt haben sollte, dann wäre das ein Beweis dafür, dass es sich von der Regierung beeinflussen lässt. Und zwar auf einem Kommunikationsweg außerhalb der Schriftsätze und der Gerichtsverhandlung.
Wenn - was ich keineswegs ausschließe - das Gericht ohnehin entschlossen ist, die Eilanträge (und später dann natürlich auch die Klagen) abzubügeln, dann läge aus meiner Sicht sogar eine Art von kollusivem Zusammenwirken zwischen Regierung und Gericht zum Nachteil der deutschen Steuerzahler und Bürger vor.
Stellt die (für Eilentscheidungen sehr lange) Zeitdauer bis zur vorläufigen Entscheidung für das Bundesverfassungsgericht nur eine Fassade dar, um uns, dem Volke, eine intensive Prüfung vorzugaukeln - und dann wortreich zu begründen, dass der ESM doch verfassungsgemäß ist?
Jedenfalls müsste ich lügen wenn ich behaupten wollte, dass ich noch sehr viel Vertrauen in dieses Gericht habe.
Sollte es mein Misstrauen doch widerlegen: umso besser!
ceterum censeoLagerinsassen der Euro-Zone: Befreit euch aus dem EZ des Kapitalsozialismus! Verjagt die Berliner Politwärter des Euronen-EntZiehungslagers (und ihre medialen Schläferhunde)!
Textstand vom 22.07.2012. Gesamtübersicht der Blog-Einträge (Blotts) auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm. Eine vorzügliche, laufend aktualisierte Übersicht über die Internet-Debatte zur Eurozonenkrise bietet der Blog von Robert M. Wuner. Für diese Mühe herzlichen Dank!Hinweis für Paperblog-Leser: Die Original-Artikel in meinem Blog werden teilweise aktualisiert bzw. geändert.

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