Kittel nach «Scheißjahr» zurück

Nach 328 Tagen gewinnt Marcel Kittel wieder eine Radrennen. Nach seiner verkorksten Saison 2018 will der deutsche Topsprinter in diesem Jahr wieder zu alter Form zurück finden. Dafür ging er selbstkritisch mit sich ins Gericht.

Kittel nach «Scheißjahr» zurück
Kittel nach «Scheißjahr» zurück

Palma/Mallorca (dpa) – Marcel Kittel war die Erleichterung anzumerken. Nach 328 Tagen hatte der 30 Jahre alte Radprofi am Sonntag zum Abschluss der Mallorca-Challenge wieder ein Rennen gewonnen.

«Ich bin sehr, sehr glücklich. Das ist mehr als einfach nur ein Etappensieg, es ist auch ein kleines Comeback nach letztem Jahr», sagte Kittel mit einem breiten Grinsen im anschließenden Siegerinterview. Der Sieg machte sogar den Weg frei für Selbstkritik. Fitness sei «die Grundvoraussetzung für Erfolg. Das ist die halbe Miete, wenn nicht sogar mehr», sagte Kittel der Deutschen Presse-Agentur.

Zuletzt hatte der Katusha-Alpecin-Profi bei der italienischen Fernfahrt Tirreno-Adriatico im März letzten Jahres über seine beiden einzigen Erfolge 2018 jubeln können. Danach begann eine lange Durststrecke ohne einen Sieg. Bei der Tour de France konnte der Blondschopf aus Arnstadt erstmals seit 2015 keinen Sieg einfahren. Von der Teamleitung gab es – öffentlich – deutliche Kritik am 14-maligen Tour-Etappensieger.
Unter all das hat Kittel einen Schlussstrich gezogen – und meldete sich auf der Baleareninsel nun eindrucksvoll zurück: «Meine Vorbereitung verlief nach Plan, ohne Stress und unspektakulär – was ein gutes Zeichen ist».

Um wieder zu alter Form zu finden, durchlief Kittel einen Reifeprozess – und ging dabei mit sich kritisch ins Gericht. «Nach so einem Scheißjahr überlegt man natürlich, was kann ich anders machen? Auch wenn man nicht drüber nachdenkt, macht man zwangsläufig etwas anders», bekannte er und ergänzte: «Eine Niederlage ist eine Form der Erfahrung, die einen auf ein neues Niveau katapultiert. Das ist definitiv bei mir passiert und ich sehe es als Motivation und möchte mich auf die wichtigen Dinge konzentrieren.»

Dafür drehte Kittel an ein paar Stellschrauben, die ihn im vergangenen Jahr offenbar blockierten. «Es sind kleine Dinge. Ich versuche selber für mich die Grenze zu ziehen und mir die Ruhe zu gönnen, um mein Training optimal durchzuziehen», erklärte Kittel und schob nach: «Ich lese seitdem keine Radsport-Nachrichten mehr und versuche mich so weit es geht, von Social-Media zurückzuhalten, weil es einfach unnötig Energie zieht.»
Druck im Hinblick auf die Tour im Juli macht sich Kittel nicht. «Das Einzige, wo ich mir Druck aufbaue ist, dass ich versuche, trainingstechnisch immer auf einem Top-Level zu sein, um zu gewährleisten, dass ich topfit zum Rennen komme und mir selber nichts vorwerfen kann», sagte er.

Unterstützung erhält er in diesem Jahr auch von Erik Zabel, der seit diesem Jahr als Performance Manager bei Katusha-Alpecin angestellt ist und den Kittel als deutschen Tour-Rekordetappensieger ablöste. «Wir schauen nur auf die neue Saison ohne zurückzublicken. Heute war ein schöner Moment, um die Ergebnisse der guten Arbeit aller zu sehen», bilanzierte der 48 Jahre alte Zabel nach Kittels Sieg in Palma.

Foto: Christian Wetzel

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