Kirschblütenlauf Kayh 2019

Von Wonseong

Der Kirschblütenlauf in Kayh bei Herrenberg: Ein Volkslauf in der Region, den ich schon immer mal laufen wollte. Erstens, weil er direkt um die Ecke auf der Südseite des Schönbuch liegt. Zweitens, weil dort immer einer der stärksten M50er läuft, Wolfgang Gauß. Und drittens, weil die Strecke legendär ist mit seinem zweiten Kilometer mit 100 Höhenmeter im Aufstieg und bis zu 14 Prozent Steigung sowie ständigem Auf und ab in einer absolut traumhaften Landschaft.

Nach dem Bärlauchlauf vor zwei Wochen merkte ich mal wieder, wie gut mir ein paar C-Rennen als schnelles Tempo-Training unter Wettkampf-Bedingungen tun. Also entschied ich mich spontan, diesen Lauf voll aus dem Training einzustreuen. Dass mich Sportfreund Kai (in Topform vor seinem ersten IRONMAN der Saison) am Vortag auf dem Weg nach Pforzheim dermaßen zerstören würde, war nicht ganz geplant, aber ich musste ja auch unbedingt noch am Freitag ein paar schnelle Intervalle Laufen – keine gute Voraussetzung, um mit Onkel Kai auf dem TT Bike zu ballern. 😦

Bei der Analyse des Bärlauchlauf fiel mir auf, wie schwach ich bergab unterwegs war und wie verhältnismäßig stark bergauf. Ergo machte ich es mir in den 2 Wochen zum Ziel, genau daran zu arbeiten. Denn früher war ich mal ein richtig schneller Bergabläufer. Letztlich ist vor allem eine Frage der Lauftechnik, gepaart mit den muskulären Voraussetzungen, das auch umsetzen zu können. Und was soll ich sagen – das lief schon viel besser! 🙂

Aber der Reihe nach… Start um 10:25 hieß, dass ich entspannt kurz nach Neun zuhause losfahren konnte. Angekommen gab es noch einen Parkplatz direkt an der Halle und Start/Ziel. Perfekt. Startunterlagen holen: Durch Voranmeldung direkt an der Schlange vorbei. Dann wieder ausgiebig warmlaufen. Ich sehe wieder meinen ehemaligen Team-Kameraden Bernd Weis, der sich aber für die „Mädchen-Runde“ (Jedermann-Lauf über 8 km) entschieden hat. Kann man machen.

Derweil sind schon wieder zwanzig verschiedene Kinder- und Jugendläufe am Laufen. Immer sehr schön anzusehen, dass es tatsächlich noch Kinder und Jugendliche gibt, die sich anstrengen und mit hoch-rotem Köpfchen Spaß an der Lauferei haben. Irgendwann versammeln sich die Cracks (Startnummer 2, 4, usw.) recht informell unter dem Startbanner ein und während ich noch gerade an meiner Startnummer rumoptimiere, zählt plötzlich eine Dame viel zu leise herunter.

Und dann geht’s aber sowas von los. Ich kann nicht glauben, wie die Spitzengruppe wegzieht, als gäbe es eine Sonderprämie oben nach Kilometer 2. Während der erste Kilometer auch schon im Ort ständig bergan geht, hat es der zweite wirklich in sich. 100 Höhenmeter und eine maximale Steigung von 14 Prozent sind mal kein Kindergeburtstag. Und als Sahnehäubchen gilt es, sofort umzuschalten denn über die Kuppe geht es hinten sofort wieder steil bergab. „Super Training!“, denke ich mir. Während die 5 Mann starke Spitzengruppe recht schnell am Horizont enteilt ist, überholen mich im steilsten Stück weitere 5 Mann. Die hole ich mir aber alle wieder im Downhill. Als ich mich im Flachstück am Fischbach leicht absetze, passiert das Unvorstellbare.

Der Schönbuch hat ja orientierungstechnisch ohnehin seine Tücken. Aber nun stand einmal mehr eines dieser viel zu kleinen roten Schilder in sehr spitzem Winkel (sodass ich nicht erkennen konnte, wo die Spitze hinzeigt). Rechts stand eine Dame mit Fotoapparat. Vor mir waren keine Läufer mehr zu sehen. Es musste irgendwann wieder rechts den Berg hoch gehen. Da bog ich rechts ab. Nach einer Weile kam „meine Gruppe“ vorbei und netterweise riefen sie mich zurück (natürlich im allerletzten Moment, als sie schon an der Abzweigung vorbei kamen 😉 ). Also zurück und hinterher…

„Perfektes Training!“, dachte ich mir. Erstens kann ich mental mit der Widrigkeit umgehen, nicht nur den wertvollen Vorsprung verloren zu haben, sondern nun auch wieder das 30 Meter-Loch zulaufen zu dürfen. Das habe ich ganz entspannt hingekriegt – ich bin stolz auf mich! Mein Ziel war es, vor dem langen, relativ flachen Anstieg (80 Hm) wieder an der Gruppe dran zu sein. Das gelang mir mit ein wenig beissen auch. Der blanke Luxus: Auf so einem verhältnismäßig kurzen Lauf gibt es sage und schreibe 2 Verpflegungsstellen (in Worten: zwei). Genial! Genau mein Ding! Also einen Becher über den Kopf und ein Schluck in dem Mund. Schon sind nur noch drei Jungs vor mir. Der Erste reisst eine kleine Lücke und ich entscheide mich, and den anderen beiden vorbei zu gehen. So laufen wir den ganzen, langen Berg hoch und ich gehe erst oben vorbei und drehe etwas an der Tempo-Schraube. Nur einer der Buben bleibt dran und beißt sich fest. So gehen wir nach dem hügeligen Teil in den steilen Downhill und er sucht seine Chance durch eine gezielte Attacke. Ich will meine Beine nicht total zerstören auf dem steilen Asphaltstück und die Lücke wird nie größer als zehn Meter, welche ich bei der nächsten kurzen Welle wieder zulaufe und sogleich eine Gegen-Attacke setze.

Ich committe mich voll und bin damit dann auch erfolgreich. Leider sind wieder mal die Startzeiten suboptimal gewählt, denn gerade jetzt – im entscheidenden Finale – ist der ansonsten wunderschöne Panoramaweg oberhalb von Kayh voll mit unbeholfen dahinstochernden Nordic Walkern. Naja, irgendwie bahnen wir uns den Weg und dann geht’s nur noch steil die letzten Meter durch’s Dorf hinab ins Ziel.

Als Gesamt-Siebter laufe ich ins Ziel und bin sehr zufrieden mit meiner Leistung. Die Beine ware nach dem Höllenritt am Vortag geradezu erstaunlich gut und auch sonst bin ich happy mit dem Rennen. Auch gut, dass ich es mir selbst etwas schwerer gemacht habe (sonst hätte ich alles allein im Niemandsland laufen müssen). 😛

Race Stats:

  • Wetter: Wieder perfekte Laufbedingungen bei ca. 10°C und Sonnenschein
  • Strecke: 14,2 km mit 270 Höhenmetern
  • Platzierung: 7. Platz overall (2. M50)
  • Zeit: 57:06
  • Equipment: Pearl Izumi Laufshirt und -shorts; Compressport Kompressionssocken, Adidas adizero adios Laufschuhe
  • Ergebnislisten gibt’s hier!
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