Kirchliches „Haltet den Dieb!“ ist dennoch aufschlußreich

WEIMAR. (fgw) In Westdeutschland waren, so gesi­cherte Untersuchungen, rund 600.000 Kinder und Jugendliche in kirch­li­chen Kinderheimen (betrie­ben von Diakonie und Caritas) unter­ge­bracht. Und wie sich her­aus­ge­stellt hat, waren sie dort sys­te­ma­ti­schen Demütigungen, kör­per­li­chen Züchtigungen durch Prügelnonnen und -pries­ter aus­ge­setzt und nicht sel­ten auch Notzuchtverbrechen sei­tens zöli­ba­tär leben­der Kleriker. Hierüber ist in den Medien umfas­send berich­tet wor­den, nach­dem die Opfer sol­cher christ­li­cher Nächstenliebe und Barmherzigkeit in jüngs­ter Zeit dies öffent­lich ange­klagt haben. Bekannt sind auch die Beschwichtigungen sei­tens der Bischöfe… Aber die­ses reale kirch­li­che Massenunrecht ließ den Klerus und ihnen wohl­ge­son­nene Politiker, Journalisten und Hochschullehrer nicht ruhen. Nach der Methode „Haltet den Dieb!“ muß der Blick der Öffent­lich­keit auf den „Unrechtsstaat DDR“ fokus­siert wer­den, denn SED, Stasi und DDR sind ja an allem schuld…

Kirchliches „Haltet den Dieb!“ ist dennoch aufschlußreich

Ansichtskartenmotiv Spezialkinderheim “Berliner Bär” in Plau am See

Dieser Aufgabe wid­mete sich auch die wöchent­lich erschei­nende katho­li­sche Bistumszeitung „Tag des Herrn” in ihrer Ausgabe vom 10. Juni 2012. Hier behaup­ten „Wissenschaftler” der Evangelischen Fachhochschule Berlin, die Theologen Christian Sachse und Karsten Laudien, haar­sträu­ben­des. Allerdings ohne es auch nur mit einem ein­zi­gen Beispiel zu bele­gen! Zunächst wer­den da all­ge­meine Kinderheime und die so genann­ten Spezialkinderheime und Jugendwerkhöfe in einen Topf gewor­fen, wer­den man­gel­hafte Schulausbildung und häu­fige Prügelstrafen unter­stellt… Darauf soll hier nicht wei­ter ein­ge­gan­gen wer­den.

Und es wer­den bun­des­deut­sche Begrifflichkeiten auf DDR-Verhältnisse ange­wen­det. Zum Beispiel „Jugendhilfe”… In der DDR bezog sich der Begriff lt. deren Jugendhilfeverordnung § 1(1) ledig­lich hier­auf: „Die Jugendhilfe umfasst die recht­zei­tige kor­ri­gie­rende Einflussnahme bei Anzeichen der sozia­len Fehlentwicklung und die Verhütung und Beseitigung der Vernachlässigung und Aufsichtslosigkeit von Kindern und Jugendlichen. Die vor­beu­gende Bekämpfung der Jugendkriminalität, die Umerziehung von schwer­er­zieh­ba­ren und straf­fäl­li­gen Minderjährigen sowie die Sorge für eltern­lose und fami­li­en­ge­löste Kinder und Jugendliche.”

Es ging hier­bei allein um sozial und kri­mi­nell gefähr­dete Kinder und Jugendliche, auch um Lernunwillige, also um Prävention.

Alle ande­ren Aufgaben (lt. bun­des­deut­schem Verständnis von Jugendhilfe) lagen in der Verantwortung die­ser Ressorts „Jugendfragen, Körperkultur und Sport” (all­ge­meine Jugendarbeit/Jugendfreizeit/Jugendclubs), „Volksbildung” (Kindergärten und Kinderheime), „Gesundheits- und Sozialwesen” (Kinderkrippen, Familienberatung).

Obenstehendes Foto zeigt die Reproduktion einer Postkarte aus mei­ner Heimatstadt Plau am See. Hierauf abge­bil­det das inmit­ten des des attrak­tivs­ten Erholungsgebietes gele­gene Spezialkinderheim „Berliner Bär”. Dieses wurde nach 1945 im vor­ma­li­gen Kurhaus ein­ge­rich­tet und sein Gelände war von den Einwohnern der Stadt und Zehntausenden von Urlaubern jeder­zeit ein­seh­bar… Postkarten mit dem sel­ben Motiv erschie­nen bis zum Ende der DDR.

Kirchliche Trägerschaften gab es auch in der DDR!

Doch die­ser DDR-Legitimierungsversuch (als Ablenkungsversuch von rea­lem christ-kirchlichen Unrecht) ist wohl eher unge­wollt auch sehr auf­schluß­reich. Und wie man bei der Lektüre schluß­fol­gern kann, wur­den die Amtskirchen in der DDR kei­nes­falls unter­drückt und ver­folgt…

Es soll nun aus dem erwähn­ten Artikel unter der Über­schrift „Etwas Licht ins Dunkel” zitiert wer­den, und wie man sehen wird: unge­wollt bringt er tat­säch­lich etwas Licht ins Dunkel… Nur eben anders als wohl beab­sich­tigt:

“Die Kirchen haben in der DDR bis zu einem Viertel der Jugendhilfeeinrichtungen betrie­ben. Das ist das Ergebnis einer Expertise für das Bundesinnenministerium. (…) …seien sie aus dem Etat des Ministeriums für Volksbildung finan­ziert wor­den.” [Also auch in der DDR finan­zierte die öffent­li­che Hand zu 100 % wohl­tä­tige Einrichtungen der Amtskirchen!; SRK] Doch trotz die­ser ein­deu­ti­gen Aussage behaup­ten die evan­ge­li­schen „Wissenschaftler”: „Erziehungseinrichtungen in kon­fes­sio­nel­ler Trägerschaft seien von den DDR-Behörden mas­siv behin­dert wor­den.” Nun, daß es sol­che über­haupt gege­ben hat, dürfte doch das Gegenteil der nicht beleg­ten Behauptung sein…

Dem Artikel folgt ein Hintergrund-Beitrag „DDR: Kinder- und Jugendheime in kirch­li­cher Trägerschaft”. Darin heißt es u.a.:

„… Diakonie und Caritas haben in der DDR vor allem in den 50er und 60er Jahren noch viele Kinder- und Jugendheime betrie­ben. (…) Laut einer (…) für das Bundesinnenministerium erstell­ten Expertise gab es in den 50er Jahren min­des­tens noch 152 kirch­li­che Kinder- und Jugendheime mit knapp 9.000 Plätzen. (…) Offiziell waren sie keine Einrichtungen der Jugendhilfe… [s.o. zu den Begrifflichkeiten/Zuständigkeiten; SRK] (…) Allerdings sei anzu­neh­men, dass sich die kon­fes­sio­nelle Heimerziehung in der Sowjetischen Besatzungszone sowie in der DDR nicht von der in Westdeutschland unter­schie­den habe. (…) Mitunter gab es sogar staat­li­che Instanzen wie den Ost-Magistrat, die sich die ‘rück­stän­di­gen Erziehungsmethoden’ wie Ohrfeigen [aha!, SRK] in der ideo­lo­gi­schen Bekämpfung der kirch­li­chen Einrichtungen zunutze mach­ten. (…) Von daher redu­zierte sich ihre Bettenzahl bis 1987 um 81 Prozent. Eines der wahr­schein­lich zwei Dutzend Heime, die bis zum Ende der DDR exis­tier­ten, war das tra­di­ti­ons­rei­che Louisenstift in Königsbrück bei Dresden… (…) wur­den darin 1988 knapp 30 Kinder zwi­schen sie­ben und 16 Jahren aus ‘milieu­ge­schä­dig­ten Elternhäusern’ betreut…”

Weitere Kommentare erüb­ri­gen sich wohl.

Doch zurück zu Gewalt, Mißhandlungen und sexu­el­lem Mißbrauch in staat­li­chen Einrichtungen der DDR, die von DDR-Aufarbeitern immer wie­der behaup­tet wer­den, aber noch nie kon­kret nach­ge­wie­sen wer­den konn­ten.
Dazu kann ich nur dies sagen: Ja, es hat sie gege­ben. Aber eben nicht sei­tens des Erziehungs- und Lehrpersonals (wie für west­deut­sche kirch­li­che Einrichtungen nach­ge­wie­sen), son­dern so wie welt­weit in den meis­ten Haftanstalten, Kasernen, Internaten und Heimen sei­tens der älte­ren und kräf­ti­ge­ren „Insassen” gegen­über den jün­ge­ren und schwä­che­ren.

Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar


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