Politische Einzelmeinungen im Schlusswort des Protestantentreffens
Feierlich und wie immer in pompöser Stimmungen endete der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag in der Elbmetropole Dresden.
Der Abschlussgottesdienst stellte auch bei diesem Treffen von etwa 120 000 Christinnen und Christen einen der vielen Höhepunkte dar.
Gleichzeitig endete der Kirchentag aber auch mit einem Eklat: Die „Grünen“-Politikerin Göring-Eckardt, der bereits in der Vergangenheit aufgrund ihres Amtes als Präsidentin der EKD-Synode vorgeworfen wurde, ihre parteipolitischen Ansichten mit ihren Aufgaben in der Synode zu vermischen, missbrauchte ihre Funktion als Präsidentin des Kirchentags auch in ihrem Schlusswort am Ende der Veranstaltung.
Es ist gut, dass es nun, jetzt, in diesem Moment zu einer Energiewende in Deutschland komme, sagte Göring Eckardt. Gleichzeitig stimmte sich auch nochmals in die von der ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD, Käßmann, anklingenden Worte nach Frieden ein – wohl den Frieden, den Käßmann durch „das gemeinsame Gebet mit den Taliban“ beschrieb. Die Wahrung der Schöpfung geht uns alle an – doch Göring-Eckardt verkaufte stilistisch gut verpackt und nicht für jeden erkennbar eindeutig „grüne“ Haltungen in ihrer Zusammenfassung des Dresdner Kirchentages.
Auf dem Treffen der Protestanten und vieler anderer Christen war mehrfach die Frage aufgekommen und diskutiert worden, in wie weit sich Christen politisch einbringen dürften. Göring-Eckardt beantwortete diese Frage wortreich: Die Bürger müssten Teil der Entscheidungen werden, ob es um Bahnhöfe oder Flughäfen, Atomendlager oder Friedenseinsätze ginge. Hätte man während den Schlussworten der Präsidentin nicht ab und zu die Posaunen der Chöre gehört, hätte man die Ansprache als eine an das Elbufer verlagerte Bundestagsrede einschätzen können.
Nein, für solche Zwecke ist ein Kirchentag nicht gedacht. Es kann und darf nicht sein, dass eine Politikerin, die es offenbar nicht schafft, ihre Einzelmeinung als Parteimitglied und Funktionärin bei den „Grünen“ von ihrem Amt als Präsidentin des Kirchentages zu trennen, auf einem Treffen von Zehntausenden Christen als Wahlkampfveranstaltung missbraucht.
Wer von Christen fordert, sich auch in die Politik einzubringen, der muss dies mit einer Ermutigung tun, Meinungsvielfalt zu leben. In einem Abschlussgottesdienst des Kirchentages will ich geistlichen Impuls und keine Huldigung auf die Verdienste der Anti-Atomkraft-Bewegung.
Das Ereignis um Göring-Eckardt ist daher auch symptomatisch für einen Zustand insbesondere in der evangelischen Kirche. Die Protestanten war immer schon streitlustig und haben den Konflikt nicht gescheut. Eigentlich ging die Reformation aber von dem Grundanliegen aus, sich kritisch mit kirchlichen Schiefständen auseinander zu setzen – und nicht der Politik das Denken abzunehmen. Wenn Protestanten heute einer politischen Debatte den Vorzug lassen, statt sich der Seelsorge, der Verkündigung des Evangeliums, dem Gebet und dem wahren Bekenntnis zuzuwenden, ist weder die Zersplitterung in weitere Strömungen, noch die Abwendung von der Kirche verwunderlich.
Dennis Riehle