Filme, die in der Zeit des Nationalsozialismus spielen haben immer das Problem der Kenntnis aller Grausamkeiten, die das Regime unter der NSDAP begangen hat. Diese Kenntnis schwingt oft unbewusst in Drehbuch, Inszenierung oder Schauspiel mit. Wenigen Filmen gelingt es, diese Zeit präzise wiederzugeben, wenn es sich nicht bereits beim Plot um erwähnte Grausamkeiten geht. Der Untergang war so ein Film, der so wenig Unterton wie möglich mitschwingen ließ. Schon eine Leistung, schließlich werden hier die letzten Tage von Adolf Hitler porträtiert. Und auch Inglorious Basterds sollte, als Gegen-Vertreter der satirisch-überspitzten Darstellung, hinzugezählt werden. Wie Hotel Lux mit dem Problem umgegangen ist, durfte ich jetzt selber im Kino begutachten.
Nazi-Deutschland ist ein heißes Pflaster in der Kunst. Hier nimmt man sich sogar noch eine zweite Bürde und bringt den Kommunismus unter Stalin mit hinein. Harter Tobak, den man einem Schauspieler wie Michael Herbig nicht zutraut, sind doch seine bisherigen Arbeiten eher klamaukiger Natur. Mit dem Image seines Zugpferds kämpft Hotel Lux dann schließlich auch. Der Trailer ist unfassbar schlecht, zumindest wenn es darum geht, dem Zuschauer ein Gefühl für den Film zu vermitteln. Hotel Lux wird als Komödie beworben. Wer das erwartet wird unglaublich enttäuscht, denn Regisseur Leander Haußmann schafft es, dem Film trotz seines lockeren Protagonisten ernste Töne unterzumischen, die nicht einmal deplatziert wirken.
Doch leider entpuppt sich Hotel Lux nicht sehr rund. Sowohl das Bild der Nazis, als auch das der Kommunisten, ist so überspitzt gezeichnet, dass es perfekt in eine Satire passen würde. Dann kommen wieder sehr ernste Szenen. Und schon macht Herbig einen lockeren Spruch. Dann ist hier ein wenig Romanze drin verwoben. Und sonst so… Hotel Lux weiß nicht wirklich, WAS er sein will. Das ist zwar nur ein Kritikpunkt, dafür ein ungemein schwerwiegender. Dadurch fehlt das Gefühl der Einheit, gerade in der ersten Hälfte hatte ich das Gefühl, einer Sammlung verschiedener Szenen beizuwohnen. Sehr schade und ich frage mich, ob das wirklich die Absicht von Haußmann war oder ob nicht das produzierende Studio ein Wörtchen mitreden wollte, um den Film massentauglicher zu machen. Fox macht es in Hollywood ständig, warum dann nicht auch Constantin Film?
Aber Hotel Lux setzt auch Glanzpunkte. Der Cast ist gut besetzt und macht seine Sache ordentlich. Von Jürgen Vogel hätte ich persönlich gerne mehr gesehen, seine Figur verkommt zu einer Randfigur und ist lediglich eine halbe Stunde im Film zu sehen. Doch ausgerechnet Michael Herbig zeigt hier, dass mehr als der Comedian in ihm steckt. Natürlich haben wir mit ‘Bully’ keinen Vollblutdramatiker vor uns – und ganz ehrlich, wer will das schon sehen? – dennoch schafft er es den lockeren Momenten die Schwerelosigkeit und den ernsten emotionales Echo zu verleihen. Das habe ich vorher wirklich nicht so erwartet und hat mich unglaublich überrascht und gefreut. Und Leander Haußmanns Inszenierung erinnert in Grundzügen an einen Film Noir. Kann man mögen, muss man auch.
Ich habe lange geschwankt, was ich dem Film für eine Wertung gebe. Werden es 2,5 oder 3 – hmm, das war diesmal wirklich schwer. Letztendlich habe ich mein Bauchgefühl entscheiden lassen. Ich war zufrieden, als ich aus dem Kino ging. Es war ernste Unterhaltung, aber es war Unterhaltung. Und darauf kommt es bei einigen Filmen einfach an. Hotel Lux ist so einer.